Fluidik-Trends und Pumpen 2023 Pumpen, Armaturen, Kompressoren: Wer hält die Welt im Fluss?

Von Dominik Stephan Lesedauer: 6 min

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LNG, Wasserstoff, Trinkwasser oder CO2: Ohne Pumpen, Armaturen und Verdichter geht es nicht. Zugleich stehen Strömungsmaschinen im Ruf, energiehungrige Kostenfallen zu sein. Wie kann die Fluidik zwischen Energiekrise und Defossilierung zukunftsfähig bleiben?

Fast so begehrt wie Pumpen und Armaturen: Fluidik-Fachkräfte und Instandhaltungs-Experten. Hier eine Fachkraft von Tectrion an einer Pfeiffer-Armatur.
Fast so begehrt wie Pumpen und Armaturen: Fluidik-Fachkräfte und Instandhaltungs-Experten. Hier eine Fachkraft von Tectrion an einer Pfeiffer-Armatur.
(Bild: Juergen Bindrim; ©ssstocker - stock.adobe.com)

Zwischen stockenden Lieferketten, Krieg in Europa, Energiepreis-Schock und den Corona-Nachbeben läuft es nicht rund für die deutsche Industrie. Um so erstaunlicher, dass der VDMA von einem Jahr spricht, dass für die Hersteller von Pumpen, Armaturen und Strömungstechnik „besser als erwartet“ lief. Die Zahlen zeigen ein anderes Bild: Trotz des zur Schau getragenen Optimismus gehen Aufträge (Minus drei Prozent) und Umsätze (minus zwei Prozent) gegenüber dem Vorjahr zurück. Und auch der zuvor aufgebaute Auftragsstau leert sich langsam: Übertrafen in den Vorjahren die Auftragseingänge die Umsätze (was auf Lieferschwierigkeiten hindeutet), gleichen sich diese langsam an.

DAS PUMPEN-FORUM 2023

Das Pumpen-Forum im Rahmen der Förderprozess-Foren vom 20. bis 21. November 2023 ist die Expertenplattform für Pumpen, Kompressoren und Systeme. Sammeln Sie als Betreiber wertvolle Erfahrungen bei der Veranstaltung, um teure Reparaturen und Produktionsausfälle zu vermeiden. Im Vordergrund stehen dabei auch konkrete Anwendungsfälle aus dem Berufsalltag der Teilnehmenden.

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Dazu kommen die extrem gestiegenen Energiepreise, die den Herstellern auf die Stimmung schlagen. So geht das Fertigen von Gussteilen oder Testläufe großer Pumpen angesichts der Energiebedarfe massiv ins Geld. Kein Wunder, dass Effizienz das Gebot der Stunde ist. Pumpen und Verdichter sind energiehungrig: Schätzungen gehen davon aus, dass ca. ein Viertel des Industriestroms für das Fördern von Fluiden eingesetzt wird.

Das ist nicht immer effizient: Falsch dimensionierte, verschlissene oder ungeregelte Pumpen, ineffiziente Verdichter und Leckagen gelten als enorme Energiefresser. Dabei könnte die konsequente Nutzung moderner Drehzahlregelungen helfen, in Deutschland siebeneinhalb Terawattstunden Energie sowie vier Millionen Tonnen CO2-Emissionen einzusparen.

Intelligente Pumpen und vernetzte Sensorik: Kommt jetzt die vernetzte Fluidik?

Beim Thema Effizienz sieht der VDMA das größte Potenzial digitaler Tools – Und die bekommen mit der Verwaltungsschale Anschub: Mit diesem Digital Twin können Pumpen, Kompressoren oder vernetzte Armaturen so beschrieben werden, dass diese Informationen für alle am Prozess Beteiligten les- und nutzbar sind. Dazu kommen OPC UA Companion Specifications, die Interoperabilität zwischen verschiedenen Herstellern sicherstellen sollen. So nutzen Firmen wie Samson die Ethernet-Erweiterung Advanced Physical Layer, um Stellungsregler mit Ethernet-gestützter Profibus-Kommunikation und integrierter Diagnose auszurüsten.

Bei der Leckage-Detektion kombinieren akustische Kameras Ultraschallsensorik mit optischer Bildgebung: Hersteller wie FLIR integrieren die Analytik in Gaskameras, so dass sich Leckagen nicht nur aufspüren lassen, sondern das entsprechende Gas gleich identifiziert wird.

Neben effizienten Antrieben und Regelungen nutzen die Hersteller Methoden der softwareunterstützten Anomalie-Erkennung, um aus aktuellen Betriebszuständen Prognosen zu künftigen Fehlern oder Anomalien abzuleiten. Mit dieser vorausschauenden Instandhaltung ließen sich rund 70 Prozent der ungeplanten Anlagenstillstände verhindern, erklärt der VDMA.

Pumpen für Wasserstoff und andere Wertschöpfungsketten der Zukunft

Denn beim Umgang mit explosiven oder umweltgefährdeten Stoffen sind Betreiber nicht bereit, Risiken hinzunehmen. Daher sind magnetgekuppelte Pumpen begehrt. Nicht zuletzt, da Hersteller wie Richter Chemie-Technik diese mit medienberührenden Teilen oder Auskleidungen aus PFA oder PTFE liefern. Da Magnetkraft jedoch nur ein gewisses Drehmoment übertragen kann, ist manchmal eine durchgehende Welle unerlässlich – und die geht noch dichter, wie leckagefreie Gleitringdichtungen von EagleBurgmann zeigen. Diese kommen bei Kompressoren für Erdgaspipelines zum Einsatz, wo sie den Austritt klimaschädlichen Methans verhindern.

Präzision ist auch gefragt, wenn es um die Wertschöpfungsketten von morgen geht: So stellt Wasserstoff als kleinstes Molekül des Periodensystems besondere Anforderungen an Pumpen und Verdichter. Entsprechend genau gilt es, bei den Komponenten hinzusehen: Immerhin sind häufig Detailanforderungen wie etwa Werkstoffe und Oberflächengüten nicht im Detail festgelegt.

Also müssen Hersteller wie KSB auf ihre Expertise mit Wasserstoffprojekten aus der Chemieindustrie zurückgreifen, auch wenn macher Diskussionspunkt bleibt: So bemängeln die Entwickler, dass Fragen um den hydraulischen Abgleich oder die Fahrweise bei Pumpen in unterschiedlichen Wasserstoffprozessen nicht geklärt sind.

Neue Medien für die Energiewende brauchen eine neue Fluidik

So etwa die Größe: Während Container-Anlagen rund zehn m³ pro Stunde produzieren, steigt dieser Wert bei World-Scale-Plants auf 800 m³ und mehr. Hier kommen dichtungslose Chemienormpumpen, Membranventile oder Absperrklappen aus korrosionsbeständigem Material bzw. mit passenden Beschichtungen zum Einsatz.

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Ebenfalls auf der Agenda der Pumpen-Experten: Verfahren zur CO2-Abscheidung und Nutzung bzw. Einlagerung (CCS bzw. CCSU). Hier müssen Pumpen ein breites Anwendungsspektrum beherrschen, schnell einsatzbereit sowie für hohe Drücke und Temperaturen geeignet sein. Dazu kommt die Flüchtigkeit des Mediums, die eine geeignete Abdichtung erforderlich macht.

Doch diese Herausforderungen sind lösbar, zeigen die Kolonneneinbauten für die Aminwäsche, die Fluidikspezialisten wie Sulzer für große Demonstrationsprojekte liefern genauso wie die Hochdruckpumpen und Armaturen – etwa doppelt exzentrische Absperrklappen, käfiggeführte Einsitz-Regelventile und Membranventile – die unter anderem KSB für die Förderung von flüssigem CO2 anbietet.

Geht es um das Einpressen von Kohlendioxid oder Schwefelwasserstoff, setzt etwa Lewa auf Membranpumpen, da insbesondere das giftige H2S angesichts seines hohen Dampfdrucks bei schlechten Schmiereigenschaften schwierig zu fördern ist.

Pumpen, Armaturen und Verdichter für LNG und Co.

Und dann wäre da noch LNG: Das Flüssiggas braucht die entsprechende Fluidik, insbesondere, da die extremen Bedingungen des tiefkalten Mediums leistungsfähige Komponenten erfordern. So werden für Gasterminals und -Tankstellen Kryo-Pumpen und -Armaturen benötigt. Dabei müssen die Bauteile Temperaturen von unter -160 °C standhalten sowie die beim Verdampfen entstehenden explosiven Dämpfe sicher absperren.

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Hier werden ein oder mehrstufige Kreiselpumpen eingesetzt, wobei aufgrund der extremen Bedingungen dichtungslose Konstruktionen wie Spaltrohrmotorpumpen die Nase vorn haben. Bei fluktuierenden Förderleistungen könnten auf niedrigviskose Medien abgestimmte Seitenkanalpumpen z. B. von Sero Pump Systems mit großen Drehzahlbereichen punkten.

Mit den passenden Komponenten – und mit einer zunehmend vernetzten Produktion – ließen sich Betrieb und Instandhaltung auf Effizienz trimmen und mit weniger Personal fahren, sind sich die Fluidik-Spezialisten sicher. Denn die Sorge, ob in Zukunft genügend Fachkräfte zu Verfügung stehen (und Unternehmen diese auch bezahlen möchten), hat inzwischen die Prozessindustrie erreicht.

Insbesondere im personalintensiven Service-Geschäft, aber auch in Fertigung sowie zunehmend der Entwicklung beklagen immer mehr Unternehmen die Schwierigkeit, Stellen zu besetzen. Zwar stieg zuletzt die Anzahl der Beschäftigten im Maschinenbau leicht (um 1,7 Prozent auf insgesamt 1,023 Millionen) an, trotzdem geht der VDMA von 1. 400 unbesetzten Stellen bei seinen Mitgliedsunternehmen aus.

PFAS-Verbot: Das Damoklesschwert für Dichtungen?

Niemand bezweifelt, dass wir auch in Zukunft auf Pumpen, Armaturen, Stellantriebe und Druckluftkomponenten weder verzichten können noch wollen. Ob aber diese auch in Zukunft so zuverlässig sind wie heute, ist – zumindest in Europa – keineswegs ausgemacht: Das geplante Verbot der so genannten Ewigkeitschemikalien bzw. PFA der EU umfasst nämlich viel mehr als Outdoorkleidung, Kosmetika, Teflon-Pfannen oder Pestizide. Der Verbotsvorschlag nimmt alle Substanzen ins Visier, die mindestens eine CF2- oder CF3-Gruppe enthalten. Auch FKM und andere fluorierten Elastomerkunststoffe (wie PTFE, FFKM, FEPM, PFA oder FEP) sind per Definition PFAS und damit schlimmstenfalls ab 2026 vom Bannstrahl der Union getroffen.

Drei Foren – eine Veranstaltung: Förderprozess Foren

Die Förderprozess-Foren, bestehend aus Pumpen- und Wasserstoff-Forum, sind DIE Austausch-Plattform für Instandhaltungs- und Betriebsingenieure, die mit ihrem Know-how den reibungslosen Betrieb verfahrenstechnischer Anlagen sicherstellen. Am 20.-21. November 2023 erwarten Sie zwei Tage lang praxisnahe Vorträge rund um Pumpentechnik, Förderprozesse und -systeme sowie konkrete Lösungen und technische Entwicklungen zum Megathema Wasserstoff. Profitieren Sie von der fachlichen Tiefe dieser im deutschsprachigen Raum einzigartigen Veranstaltung!

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Käme dieses Verbot wie angedacht, wären die Folgen dramatisch: Derzeit gibt es keine alternativen Materialien, die anstelle der PFAS-Dichtungen treten könnten. Die Folgen für Industrie und Gesellschaft wären erheblich: Schätzungen erwarten, dass rund 80 Prozent der industriellen Produktion betroffen wäre. Auch die Wasser- und Energieversorgung sowie der Gesundheitssektor bekämen massive Probleme.

Deswegen erwarten einige Insider, dass das Gesetz, wenn überhaupt nur in abgeschwächter Form in Kraft treten könnte – dass die ECHA einen kompletten Rückzieher macht, gilt allerdings auch als quasi ausgeschlossen. Egal wie es in der PFAS-Frage weiter geht, ignorieren kann die Fluidik das Thema auf keinen Fall.

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