Chemieindustrie: Jahresbilanz 2016 Chemie in schwierigem Fahrwasser: Umsatzrückgang trotz gestiegener Produktion
Schwierige Zeiten für Deutschlands drittgrößten Industriesektor: 2016 bleibt die Entwicklung der Chemie hinter der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zurück – und das trotz anziehender Produktion. Nach der US-Wahl und den andauernden wirtschaftlichen Unsicherheiten in Europa und Asien bleiben die Aussichten der Branche auch für 2017 getrübt.
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Frankfurt – „Ich will nicht lange drum herum reden: 2016 war ein durchwachsenes Jahr für unsere Branche“ – bei seiner ersten Jahrespressekonferenz als VCI-Präsident hatte der BASF-Vorstandsvorsitzende Dr. Kurt Bock wenig Grund zum Jubeln. Zwar konnte die Chemie ihre Produktion leicht um 0,5% steigern, doch ging der Umsatz um 3 % auf etwa 183 Milliarden Euro. zurück. Schuld daran ist in den Augen des Verbands neben der anhaltenden Schwäche wichtiger Absatzmärkte in Europa und Asien ausgerechnet der niedrige Ölpreis.
Hatte die Grundstoffchemie jahrelang über steigende Preise für Rohöl und Energie geklagt, drücken jetzt die niedrigen Rohstoffkosten auf die Erzeugerpreise, erläuterte Bock in Frankfurt. Die Folge: Billigere Chemikalien und weniger Umsatz, geringere Auslastung der Produktionsanlagen (mit etwa 83,7 % am unteren Ende des Vierjahresschnitts) und zurückgehende Investitionen (-0,3 % im Ausland auf 7,1 Milliarden Euro bzw. -2,8% bei den Inlandsinvestitionen auf insgesamt 8,4 Milliarden Euro). Immerhin: Der anhaltend schwache Euro wirkt für die gebeutelte Branche wie eine Konjunkturspritze – so sank der Auslandsumsatz um lediglich 2,5% (gegenüber 4% im Inland).
„Diese Bilanz mag in Anbetracht der politischen Turbulenzen in Europa und der Verunsicherung vieler Marktteilnehmer nicht überraschen – für uns ist sie gleichwohl unbefriedigend“, stellte Bock in Frankfurt fest.
Pharmazeutika werden zur Medizin gegen den Abschwung
Besonders die Fein- und Spezialchemie (-0,5%) aber auch Grundstoffe (-1,5%) und Konsumchemikalien (-2,5%) spüren die Nachfrageschwäche auf Schlüsselmärkten Europas und Asien sowie – in Deutschland – den Preisdruck durch günstige Importe.
Dahingegen wirkt der Pharmasektor wie ein Stabilitätsanker: Um satte 4% legte das Geschäft mit Arzneimitteln, Pillen und Medikamenten 2016 zu. Eine „mehr als robuste“ Entwicklung, die sich auch 2017 so fortsetzen soll. Nicht zuletzt, um im Kampf um diese High-End-Produkte nicht ins Hintertreffen zu geraten, gibt die Deutsche Chemie weiterhin mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus: Auf satte 10,7 Milliarden Euro steigen die F&E-Budgets der Branche (+2%).
Immerhin: Die Beschäftigungszahlen blieben trotz des schwachen konjunkturellen Umfelds 2016 stabil. Insgesamt beschäftigt die Chemieindustrie in Deutschland 446.300 Mitarbeiter – ein unveränderter Wert gegenüber dem Vorjahr.
Brexit, Flüchtlingskrise, politische Instabilität und die Wahl des wohl umstrittensten Präsidenten der US-Geschichte – auch 2017 kommt die Chemie nicht zur Ruhe. „Zum Jahresende hin ist der Umsatz zwar wieder gestiegen, aber eine Trendwende können wir darin noch nicht erkennen“, erklärte Bock.
Was bringt 2017? Und welche Rolle spielt die Digitalisierung für die Chemieindustrie? Lesen Sie mehr auf Seite 2!
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