VCI-Prognos-Studie "Chemie 2030" „Chemie 2030“: Wohin führt die Reise? – Das meinen die Chefs...
Die VCI-Prognos-Studie „Chemie 2030“ lässt Raum zur Interpretation. PROCESS befragte Verantwortliche zu den Ergebnissen und Folgen der Studie für die deutsche Chemieindustrie.
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Der Chemieindustrie in Deutschland geht es gut und das könnte auch in knapp 20 Jahren noch der Fall sein, vorausgesetzt der Branche werden keine Steine in den Weg gelegt – wie Energiepreiserhöhungen oder mangelnde staatliche Forschungsförderung. Um den Sorgen der Branche Ausdruck zu verleihen und verschiedene Szenarien zu prognostizieren, hat der VCI die Studie „Chemie 2030“ in Auftrag geben – wir berichteten bereits in der letzten Print-Ausgabe PROCESS 11-2012, S. 14, sowie Online mit den Artikeln Zukunftsszenarien für die Deutsche Chemieindustrie – Chemie 2030 und Vierteilige Strategie für die Zukunft – Quo vadis Chemie 2030?. Im Nachgang haben wir uns bei Entscheidungsträgern dreier Big Player zur aktuellen Situation sowie zu den Ergebnissen und Konsequenzen der Studie umgehört. Dr. Klaus Engel, Vorsitzender des Vorstands bei Evonik und ehemaliger VCI-Präsident, Ralf Brinkmann, Präsident von Dow Deutschland und Vorstandsvorsitzender Dow Deutschland Inc., und Dr. Wilhelm Sittenthaler, Arbeitsdirektor und Mitglied des Vorstands der Wacker Chemie, antworteten auf die Fragen.
Einer der Wettbewerbsvorteile der Chemieindustrie sind die stark vernetzten Wertschöpfungsketten der deutschen Industrie. Andere Nationen wie China, Saudi Arabien und Indien ziehen nach. Wie lange wird Deutschland seinen Vorsprung noch halten können?
Dr. Klaus Engel: „Aufgrund seiner starken industriellen Kerne verfügt Deutschland über langfristige positive Wachstumsperspektiven. Bremsend auf die wirtschaftliche Dynamik kann sich jedoch der demografische Wandel auswirken - wenn wir nicht gezielt gegensteuern. Entscheidend sind daher die wirtschafts- und industriepolitischen Rahmenbedingungen. Mit einer besseren Qualifizierung von Arbeitnehmern, einer Verbesserung des Bildungssystems und einer angebotsorientierten Zuwanderungspolitik wird Deutschland seinen Vorsprung im globalen Wettbewerb noch lange halten können.“
Ralf Brinkmann: „Vernetzung allein genügt nicht. Zwei weitere Faktoren sind wichtig: Wir müssen ein innovationsförderndes Klima erhalten, in dem neue Entwicklungen entstehen und erfolgreich zur Marktreife gebracht werden können. Ebenso wichtig ist es, dass wir international wettbewerbsfähige Energie- und Rohstoffpreise halten können.“
Dr. Wilhelm Sittenthaler: „Die Zusammenarbeit zwischen der chemischen Industrie und führenden Industriebranchen ist in der Tat eine große Stärke der Deutschen. Aber eines ist auch klar: Die Konkurrenz schläft nicht. Bis zum Jahr 2030 wird die chemische Industrie durch die steigende Nachfrage in Asien vor allem dort wachsen. Hinzu kommt, dass die Chemie hierzulande durch viele Standortfaktoren wie etwa hohe Lohn- und Energiekosten oder eine hohe Regulierungsdichte im internationalen Vergleich benachteiligt ist. Wir werden deshalb nur dann unsere Spitzenstellung erfolgreich verteidigen können, wenn wir uns darauf besinnen, was wir am besten können, nämlich die Innovationen für die Märkte von morgen zu entwickeln. Das war und ist die große Stärke der deutschen Chemie, und das macht uns auch so schnell keiner nach. Angesichts der Komplexität vieler Wertschöpfungsketten wird es aber auch immer wichtiger, solche Herausforderungen gemeinsam anzugehen, beispielsweise in branchenübergreifenden Industriekooperationen oder mittels öffentlich geförderter Plattformprojekte.“
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