Löst „Made in China“ bald das deutsche Qualitätssiegel „Made in Germany“ ab? Chinas rasanter Aufstieg von der Werkbank zum Forschungsstandort und Exporteur von Spitzentechnologie beeindruckt und ängstigt zugleich. Doch das Land der Superlative bietet deutschen Konzernen riesige Chancen. Das zeigt eine PROCESS-Recherche in Shanghai beim deutschen Werkstoffproduzenten Covestro, für den China längst zur zweiten Heimat geworden ist.
Blick auf die Chlorelektrolyse-Anlage in der Shanghaier Covestro-Produktion.
(Bild: Covestro)
Auch wenn die chinesische Konjunktur-Lokomotive langsamer wird, China ist für Kunststoffkonzerne immer noch ein Markt der Superlative. Das unterstreicht der 2016 präsentierte Fünf-Jahresplan, der die Hochtechnologie im Land vorantreiben und China zum Vorzeigeland für Elektromobilität und erneuerbare Energien machen soll.
Für Björn Skogum, Covestros schwedischen China-Chef bleibt das Land deshalb trotz vergleichsweise moderatem Wachstums von derzeit 6,6 % ein Wachstumstreiber für die Weltkonjunktur. Gute Aussichten für den Kunststoff- und Werkstoffkonzern Covestro, der mehr denn je gegen Osten blickt und hohe Zuwachsraten erwartet. Die ehemalige Bayer-Sparte punktet im Land der Superlativen seit Jahren mit viel Technologie- und Produktionskompetenz aber auch mit großer Markt- und Kundennähe. Das bescherte den Leverkusenern in den vergangenen zwölf Jahren ein Wachstum von rund 10 %. Inzwischen sieht man das Reich der Mitte mit einem Anteil von 21 % am Konzernumsatz gar als zweiten Heimatmarkt.
China ist in den letzten Jahren erwachsen geworden: Die Entwicklung von der Werkbank zum Forschungsstandort sei in vollem Gang, betont Dr. Christian Hessler, der als Head of Innovation für Asia/Pacific auch für Covestros F&E-Standort in Shanghai verantwortlich ist. Seit dem Jahr 2001 investiert das Unternehmen, damals noch unter der Bayer-Flagge, in China und hat seitdem eine beeindruckende Entwicklung hingelegt. Die Entscheidung, neben den Forschungsstandorten in Deutschland und USA auch China zum F&E-Hub zu machen, hat sich bezahlt gemacht, ebenso wie der Bau eines World-Scale-Werkes im Shanghaier Chemiepark.
Heute arbeiten im Polymer-Forschungszentrum Shanghai bereits 250 Mitarbeiter – und damit acht mal mehr als seit der Gründung vor 17 Jahren, während im drei Milliarden Euro teuren Covestro-Werk inzwischen knapp 2000 Mitarbeiter und ständige Auftragnehmer für eine reibungslose Produktion und Weiterentwicklung der technischen Produktionsinfrastruktur sorgen.
Während Hessler und sein Team erfolgreich gemeinsam mit chinesischen Kunden Anwendungen für die Covestro-Materialien antizipieren, liefert das Werk Caojing unter Leitung von Dr. Yun Chen jährlich mehr als 1,3 Millionen Jahrestonnen als Vorprodukte für die unterschiedlichsten Materialien aus, darunter 400.000 Tonnen Polycarbonate, 500.000 Tonnen MDI und 250.000 Tonnen TDI. Keine Frage, die Geschäfte des Werkstoffkonzerns in China brummen, und Covestro sieht sich als Teil der Innovations- und Wachstumskette, die den schnellen Aufstieg Chinas antreibt.
Forschung auf Weltniveau
Auf diese Weise ist das bevölkerungsreiche Land in nur 15 Jahren zum gelobten Land für die Solar- und Windenergiebranche geworden. Mit umfangreichen Reformen will die chinesische Regierung das Land nun fit für die Zukunft machen und neues Wachstum generieren. Der 13. Fünf-Jahresplan und die Strategie „Made in China 2025“ forcieren Innovationen als Wachstumstreiber und den Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft: damit soll die Umwelt deutlich entlastet werden. Covestro sieht sich hier als idealen Partner, quasi als Enabler für chinesische Produzenten und punktet mit seinen Polyurethan- sowie Polycarbonat-Lösungen oder auch Coatings in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen.