Dekarbonisierung VIK-Jahrestagung: Branche setzt auf Energieeffizienz und Innovationen bei Treibhausgasneutralität und Klimaschutz
Bei der 70. VIK-Jahrestagung diskutierten Mitte November in Berlin rund 200 Experten, Wirtschaftsvertreter und Politiker zum Thema „Dekarbonisierung: Nur mit der Industrie zum Klimakonsens“. Auf besonderes Interesse stießen konkrete Innovationsprojekte für klima- und energieschonendes Wirtschaften. Wenn die Veranstaltung eines verdeutlichte, dann dies: Alle Beteiligte zeigten ein ernsthaftes Ringen um Lösungen.
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Berlin - Die Industrie müsse Antworten auf drängende Zukunftsfragen wie Klimaschutz und Energiewende geben – erst recht in politisch bewegten Zeiten wie diesen. Mit dieser Botschaft eröffnete Dr. Roland Mohr, Vorsitzender des VIK-Vorstands, die diesjährige VIK-Jahrestagung im Berliner Melia-Hotel. Mohr verwies auf das aktuelle Diskussionspapier des Verbandes zur Dekarbonisierung und erläuterte dessen Zukunftsperspektive. Im Interesse der rund 300 VIK-Mitglieder, die für 80 Prozent des Industriestromverbrauchs in Deutschland stehen, forderte der VIK-Vorsitzende Planbarkeit und Pragmatismus.
Dass die Industrie nicht nur auf Energie-Effizienz, sondern vor allem auf Innovationen für Treibhausgasneutralität und Klimaschutz setzt, belegten Vorträge zu konkreten Projekten bei der Tagung in Berlin.
Christian Schweitzer, Geschäftsführer von bse engineering kündigte an, dass bis 2020 eine Pilotanlage für E-Methanol als Energiespeicher von einem Konsortium mit Beteiligung der BASF in Betrieb gehen wird. Dr. Christoph Sievering, Leiter Energiestrategie und Energiepolitik bei Covestro, erläuterte das Projekt Carbon2Chem in Kooperation mit Thyssen-Krupp. Dabei wird durch die Sektorenkopplung Energie – Stahl – Chemie ein klimaschonender Wertstoffkreislauf etabliert. Von Salzgitter Flachstahl berichtete Dr. Volker Hille als Leiter Projektmanagement Hochofenwerk, wie durch die Stahlherstellung mit Wasserstoff (Projekt „Salcos“) eine erhebliche CO2-Reduktion bei integrierten Hüttenwerken erreicht werden kann.
Zeit zum Umsteuern drängt
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion mit den Experten zum Thema "Die deutsche Industrie als wesentlicher Teil der Lösung" lobte Dr. Karsten Sach, Abteilungsleiter Klimaschutz vom Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), die Innovationen der Industrie. Allerdings müssten Pilotprojekte auch bald zur Marktreife gebracht werden – nicht nur in Deutschland. Auch Dr. Brigitte Knopf, Generalsekretärin des Mercator Research Institute, mahnte, dass angesichts der Klimaentwicklung nicht mehr viel Zeit zum Umsteuern bleibe. Deshalb schmiede die Stiftung ein Bündnis von Wissenschaft, Industrie, Politik und Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs).
Zuvor hatten Experten bei der VIK-Jahrestagung in drei Impulsvorträgen Szenarien für eine sinnvolle Energie- und Klimastrategie vorgestellt. So plädierte Ass. iur. Thorsten Müller, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Umweltenergierecht für eine Balance von Markt und Recht in einem ganzheitlichen Zukunftskonzept. Dies müsse von einer direkten und kleinteiligen Energiesteuerung zu einer Rahmengesetzgebung mit Flexibilität für komplexe Transformationsprozesse verändert werden, wie auch eine neue Studie seiner Stiftung zeige. Bei jeder EEG-Novelle hielten die energieintensiven Unternehmen den Atem an, so Müller. Es brauche daher einen grundsätzlichen Systemwechsel.
Müller sieht zudem Wissenslücken beim Gesetzgeber. Dieser wisse verschwindend wenig, was er eigentlich regelt. Auf einen Masterplan vom Gesetzgeber zu warten, sei unrealistisch, so Müller. Immer wenn sich technologische Alternativen auftun, tue sich der Gesetzgeber schwer zu entscheiden. "Es gibt kein Technologie-neutrales Recht". Lernprozesse würden nur funktionieren, wenn wir uns anders verhalten als andere. Für Müller ist klar: "Wir brauchen eine Übergang von der Mikro- zur Makrosteuerung. Dabei spielt die CO2-Bepreisung eine wesentliche Rolle". Vor wenigen Wochen seien dazu Gutachten vorgelegt worden, die belegten, dass ausreichend Handlungsspielräume dazu vorliegen.
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