Masterplan Binnenschifffahrt Masterplan soll es richten: Rettet Maßnahmenkatalog die Binnenschifffahrt?
Verkehrsminister Andreas Scheuer hat den Masterplan Binnenschifffahrt vorgestellt. Mithilfe des Plans soll die Binnenschifffahrt zukunftsfähig und attraktiver aufgestellt werden. Verbände wie der VCI fordern schnelles Handeln, um zukünftig keine Engpässe durch Niedrigwasser und marode Infrastruktur hinnehmen zu müssen.
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Würzburg – Nicht nur aufgrund der Temperaturen wird der Hitzesommer 2018 in Erinnerung bleiben: Besonders einprägsam für die Chemieindustrie war die eingeschränkte Schiffbarkeit des Rheins durch Niedrigwasser. Der südlich der Rhein-Engstelle Kaub gelegene Ludwigshafener BASF-Verbundstandort litt besonders unter dem Niedrigwasser. Das Unternehmen musste sogar seine TDI-Produktion einstellen.
So wie der Chemieriese ging es vielen Unternehmen entlang des Rheins und weiterer Wasserstraßen, die von Niedrigwasser betroffen waren. Nur eingeschränkte Binnenschifffahrt war möglich und Güter mussten auf alternative Verkehrswege verlagert werden, was aufgrund der großen Menge nur bedingt möglich gewesen ist.
Bereits seit mehreren Jahren und letztmalig nach der Verkehrsministerkonferenz Anfang April 2019 appellieren Industrieverbände wie der VCI an die Politik, endlich zu handeln.
In Deutschland werden laut Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) über die Bundeswasserstraßen jährlich Gütermengen von bis zu 240 Millionen Tonnen transportiert, mit einer Transportleistung von 65 Milliarden Tonnen-Kilometer. Dies entspräche fast 75 % der Güterverkehrsleistung der Eisenbahnen beziehungsweise circa 14 Millionen Lkw-Fahrten.
Weiterhin werden im Binnenschiffsverkehr etwa 1,5 Millionen Container (TEU - Twenty Foot Equivalent Unit) befördert, was zusätzlich 700.000 Lkw-Fahrten entspricht. Damit leiste die Binnenschifffahrt einen bedeutenden Beitrag zur Bewältigung der Transportnachfrage und dies kostengünstig, termingetreu und umweltverträglich.
Masterplan soll Schifffahrt attraktiver machen
Die Binnenschifffahrt sei auch ein wichtiger Hebel weniger CO2, NOx und Feinstaub auszustoßen und Logistik von der Straße auf die Wasserwege umzuleiten, so das Verkehrsministerium. Dadurch fördere eine gut ausgebaute Infrastruktur der Wasserstraßen die Energiewende. Die Binnenschifffahrt sei damit eine effiziente und leistungsstarke Alternative zum Lkw und das System Hafen-Schiff-Wasserstraße könne entscheidend dazu beitragen, mehr Güter zu transportieren und gleichzeitig die Straßen zu entlasten. Dafür brauche Deutschland ein modernes, effizientes und sauberes Hafen-Schiff-Wasserstraßen-System.
Die Pläne der Regierung sind ambitioniert: Der Anteil der Binnenschifffahrt am gesamten Güterverkehr in Deutschland solle von derzeit neun auf zwölf Prozent gesteigert werden. „Wir wollen und müssen besser werden“, sagte Verkehrsminister Andreas Scheuer nun auf der Vorstellung des Masterplans Binnenschifffahrt im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in Berlin. Am 32 Seiten starken Maßnahmenkatalog haben alle relevanten Akteure der Branche mitgewirkt, so das Ministerium. Vor knapp einem Jahr begonnen die Arbeiten von Vertretern verschiedener Verbände, Unternehmen aus dem Binnenschifffahrtsgewerbe, der Häfen, der Bauindustrie, der Verlader, der Werftindustrie, der Motorenhersteller sowie von Forschungseinrichtungen.
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Verkehrsinfrastruktur
VCI fordert Maßnahmen für leistungsfähige Binnenwasserwege von Verkehrsministerkonferenz
Der Masterplan Binnenschifffahrt umfasst fünf Schwerpunkte:
- Infrastruktur: Investitionen in Milliardenhöhe sollen für ausreichend finanzielle, strukturelle und personelle Kapazitäten im Bereich der Wasserstraßen sorgen.
- Umweltfreundlichkeit und Flottenstruktur: Die Branche soll bei der Umstellung auf effizientere und emissionsärmere Schiffe unterstützt werden.
- Digitalisierung: Binnenschifffahrt 4.0 - Vernetzung der Häfen, Digitalisierung der Schleusen und Schiffe, Automatisierung der Umschlagplätze.
- Stärkung multimodaler Transportkette: Das Ziel ist es, den Anteil der Verkehrsleistung der Binnenschifffahrt am Modal Split auf 12 % zu erhöhen.
- Mehr Fachkräfte: Die Verbände sollen bei der Nachwuchsgewinnung und bei der bundesweiten Offensive auf Jobmessen unterstützt werden.
Sehr gut! Neben Schleusen und Kanälen auch den Rhein mitdenken. Hier müssen Konzepte her, damit die Wirtschaft im Rheinland bei #Niedrigwasser nicht kollabiert! @vcinrw @Ulrich_Soenius
— Daniel Wauben (@ChemCologne) 14. Mai 2019
Schlechter Zustand der Wasserwege nicht länger hinnehmbar
Neben Politikerinnen und Politikern äußern sich Industrievertreter zum Maßnahmenkatalog des Ministeriums. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Binnenschifffahrt, Martin Staats, forderte, Engpässe am Mittelrhein, an der Donau und im westdeutschen Kanalgebiet zuerst zu beseitigen. Auch BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch fordert eine sofortige Umsetzung des Maßnahmenkatalogs.
Von Seiten des Chemieverbands VCI kommentiert Andrea Heid, Bereichsleiterin Umweltschutz, Anlagensicherheit und Verkehr, den Masterplan: Es dürfe jetzt nicht bei Ankündigungen bleiben, so Heid, denn der schlechte Zustand der Wasserwege sei nicht länger hinnehmbar. Um die Vorteile der Binnenschifffahrt voll nutzen zu können, sei die chemische Industrie auf eine insgesamt dauerhaft zuverlässige und moderne Infrastruktur angewiesen. Dazu müsse u.a. die Schiffbarkeit des Rheins zügig optimiert, die Sanierung von Schleusen und Kanälen dringend vorangetrieben sowie das für die Planung und Umsetzung notwendige Personal unverzüglich eingestellt werden.
Die chemische Industrie verantworte bereits heute mehr als zehn Prozent der gesamten Beförderungsmenge im deutschen Binnenschiffsverkehr. Das entspricht 222,7 Millionen Tonnen. Um noch mehr Transporte auf diesen für die Branche so wichtigen Verkehrsträger verlagern zu können, müssen die Voraussetzungen dafür schnellstmöglich geschaffen werden, so der VCI.
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Niedrigwasser im Rhein
Enorme Verluste – BASF muss TDI-Produktion stoppen
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