Talkumproduktion Worauf kommt es bei der Anlagenplanung komplexer Mahlprozesse an?

Von Christian Eisenbarth*

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Feinste Pulver nach strikten Spezifikationen herzustellen, ist ein sehr komplexer Prozess. Damit neue sowie modernisierte Anlagen später den hohen Anforderungen entsprechen, muss der Mahlprozess ganzheitlich betrachtet und vorab geplant werden. Doch was tun, wenn Betreiber über keine eigene Engineering-Abteilung verfügen? Ein Beispiel aus der Talkumproduktion zeigt, worauf es ankommt.

Talkumpulver findet in sehr vielen Indus­trien Anwendung, z.B. in der Automobil­industrie bei Compound-Kunststoffen, der Farben- und Lackindustrie oder kosmetischen Produkten wie Cremes oder Zahnpasta.
Talkumpulver findet in sehr vielen Indus­trien Anwendung, z.B. in der Automobil­industrie bei Compound-Kunststoffen, der Farben- und Lackindustrie oder kosmetischen Produkten wie Cremes oder Zahnpasta.
(Bild: Copyright (C) Andrey Popov)

Wie integriert man einen Sichter und einen Kompaktor in eine bereits bestehende Anlage? Das Gebäude soll dabei möglichst unverändert bleiben. Weitere Anforderung: Die Anlage hinsichtlich Energieeffizienz und Produktionskosten optimieren. Vor dieser Aufgabe stand der Spezialist für weiße Talkumprodukte Nobelmin, nachdem er 2012 eine Mahlanlage im bayerisch-schwäbischen Westendorf übernommen hatte. Hier entsteht ein ultrafein vermahlenes Talkumpulver, das in der Automotive-, Kunststoff-, Farben- und Lackindustrie Anwendung findet. Es wird Kunststoffen wie Polypropylen zur Verstärkung und Versteifung des Endmaterials zugeführt. Dafür muss das Pulver nach der Vermahlung gesichtet und kompaktiert werden, bevor es verpackt wird. „Die Aufgabe war sehr anspruchsvoll, da Nobelmin über keine eigene Engineering-Abteilung verfügt. Aufgrund der guten Branchenreputation haben wir uns dafür entschieden, die Expertise des Process Consulting von Hosokawa Alpine für die technische Prozessentwicklung und Anlagenvorplanung heranzuziehen“, erinnert sich Michael Österreicher, CFO von Nobelmin.

Externes Know-how für fundierte Entscheidungsgrundlagen

Ein Fall für das Experten-Team der Process Consultant Technical Division bei Hosokawa Alpine. Seit Mai 2018 bearbeitet es mit hohem Fachwissen genau solche Herausforderungen. Wichtig dabei ist, dass die Kunden die Anlagenentwicklung und die Vorplanung möglichst früh gemeinsam mit den Beratern aus Augsburg angehen. Gerade wenn die Herausforderungen groß erscheinen, lohnt sich eine Zusammenarbeit. Oftmals wird unterschätzt, welche Schritte für eine umfassende Anlagenplanung benötigt werden. Die Erfahrung zeigt, dass es für viele Projekte ratsam ist, eine Anlage bis zu einem bestimmten Grad vorab zu planen.

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Die Ausgangslage ist herausfordernd: Prozess- und Anlagenentwicklung kostet Zeit und Ressourcen, häufig müssen schwierige Voraussetzungen wie vorhandener Bauraum, notwendige Maschinengröße oder geforderte Feinheit und Mahltechnologie miteinander kombiniert werden. Damit der Kunde am Ende beste Ergebnisse erzielen kann, ist das sogenannte Engineering unverzichtbar, also die ganzheitliche technische Planung einer Anlage.

Vorher wissen, was später herauskommt

Nach einer Bedarfsanalyse und der Klärung der genauen Aufgabenstellung erarbeiteten die Engineering-Experten aus Augsburg eine konzeptionelle Designstudie, um die nötigen Daten für den neuen Standort zu erhalten: Sie hatten anfangs keinerlei Referenzprozesse oder Spezifikationen vorliegen, da Nobelmin noch nicht in Westendorf produziert hatte. In einer Designstudie eruierte das Team die verfahrenstechnischen Anforderungen an die zukünftige Anlage und das Endprodukt. Nachdem es die Endproduktspezifikation festgelegt hatte, wurden Versuche zur Validierung durchgeführt. Anschließend definierten die Augsburger das entsprechende Hauptequipment und vermaßten die bestehende Halle und die vorhandene Ausstattung. Der Prozess und die Parameter wurden in einem Verfahrensfließbild festgehalten. Auch die wirtschaftlichen Gesichtspunkte haben sie in enger Abstimmung mit dem Kunden in einer Massenbilanz zur ROI-Kalkulation abgeprüft und den Businessplan validiert. In einer 3D-Grobaufstellung haben die Engineering-Experten die Anlage zudem virtuell ins bestehende Gebäude eingepasst und die Schnittstellen zu den vorhandenen Maschinen definiert. Dies war notwendig, um zu überprüfen, ob der Platz für die neue Anlage ausreicht. Das Ergebnis der Designstudie: ein passgenau auf Nobelmin zugeschnittenes Produktionsverfahren mit Sichtung in zwei Stufen und anschließender Kompaktierung.

Auf die Design-Studie folgte dann das Pre-Engineering. Dabei wurde das Equipment für Sekundärprozesse wie mechanische/pneumatische Förderer, Silos, Austragshilfen, Dosier- und Absperrorgane und die Absackanlage definiert und spezifiziert. Im Rahmen des Pre-Engineering wird also die Anlage so weit vorab geplant, dass im Anschluss entweder eine Ausschreibung der Anlage anhand des Lastenhefts erfolgen kann oder der Auftraggeber die Komponenten selbst bestellt und die weitere Realisierung eigenständig übernehmen kann.

Im Anschluss an das Process Consulting konnte Nobelmin von einer ganzheitlichen Lösung profitieren: Für die Lieferung, Umsetzung, Installation und Inbetriebnahme vor Ort konnte direkt die Sparte Minerals & Metals aus dem Hause Hosokawa Alpine beauftragt werden. Diese verantwortete dann das Detail-Engineering, Montage und Anbindung der neuen Anlage in die Gesamtautomatisierung. Hinzu kam ein Architekturbüro, das die Umrüstung des Gebäudes auf die neuen Anforderungen inklusive neuem Hallendach und neuer Fundamente durchführte. Entscheidend für den Erfolg des Projekts war die sehr produktive Zusammenarbeit mit dem Kunden. Zudem war das Engineering-Team von Hosokawa von Beginn an für alle Parameter verantwortlich und konnte jeden Produktionsschritt in ihrer Planung berücksichtigen. Dadurch wurde der Gesamtprozess stimmig und der Kunde konnte die moderne und exakt abgestimmte Anlage nach eineinhalbjähriger Planung in Betrieb nehmen.

Individuell geplante Prozesse

Auf der Anlage wird das Talkum mittels einer Hammermühle vorgebrochen, gesiebt und anschließend feinvermahlen. Clou der Anlage: Sie verzichtet auf die direkte Vermahlung des Talkums auf die Zielfeinheit. Dies geschieht herkömmlicherweise sehr energieaufwendig auf Strahlmühlen. In Westendorf wird das Mahlgut hingegen erst mechanisch vermahlen und anschließend doppelt gesichtet. Dabei wird beim ersten Sichtschritt ein ultrafeines (mikronisiertes) Produkt mit enger Partikelgrößenverteilung gewonnen, das so in der Automobilindustrie weiterverwendet wird. Der anfallende Grobmaterialstrom wird bei einer zweiten Sichtung nachgesichtet. Beide Fraktionen werden per Filter abgeschieden und mechanisch in Silos transportiert. Im weiteren Schritt kann entweder der Kompaktor bestückt oder das Endprodukt direkt in 25-Liter-Papiersäcke oder Big Bags abgefüllt werden.

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Nobelmin gelingt es somit, flexibler auf die jeweiligen Kundenanfragen zu reagieren: „Durch die Erweiterung der Anlage haben wir nun die Möglichkeit, bedarfsgerechtes Talkum in verschiedenen Feinheitsklassen für unsere Zielmärkte herzustellen. Zusätzlich sichern wir uns durch den optimierten Energieverbrauch einen Wettbewerbsvorteil“, lobt Michael Österreicher und resümiert: „Die Zusammenarbeit mit dem Process Consulting-Team der Hosokawa Alpine war von Anfang an konstruktiv und lösungsorientiert. Die technische Kompetenz und langjährige Erfahrung waren spürbar und haben uns darin bestärkt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben“.

* Der Autor ist Process Consultant bei Hosokawa Alpine, Augsburg.

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