Smarte Fluidik und Pumpen Was hält das Labor der Zukunft im Fluss?

Von Dominik Stephan Lesedauer: 5 min |

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Wer an den Produkten von morgen forscht, will sich nicht mit Methoden und Technologien von Gestern beschäftigen. Kein Wunder, dass die Anforderungen an die Ausstattung des Lean Labs der BASF immens waren. Im Kern des Ganzen: Smarte Dosierfluidik mit der passenden Pumpentechnologie…

Der Labordosierautomat ist einzigartig in der Lackindustrie und sorgt für gleichbleibende Qualität und Reproduzierbarkeit von Standard-Formulierungen.
Der Labordosierautomat ist einzigartig in der Lackindustrie und sorgt für gleichbleibende Qualität und Reproduzierbarkeit von Standard-Formulierungen.
(Bild: BASF Coatings)

Chemiker und Prozessingenieure kennen es noch aus dem Studium: Das Pipettieren mittels großer Glaspipetten, Peleusball und ruhiger Hand. Die Zeiten sind – zumindest im Lean Lab der BASF – vorbei. Auch hier hat Kollege Roboter in Form einer vollautomatisierten Dosieranlage Einzug gehalten, die wie ein erfahrener Barkeeper aus einer Vielzahl eingespeicherter Rezepturen die passenden Lackcocktails mixen. Die zwölf Meter lange und acht Tonnen schwere Maschine, die der Chemieriese gemeinsam mit dem Anlagenhersteller Fricken Dosing + Filling Systems aus Minden entwickelt hat, kann aus über 300 flüssigen Rohstoffen Standard-Rezepturen herstellen.

Der Mitarbeiter wählt nur noch ein eingespeichertes Produkt an, das System ruft die Rezeptur ab und mischt die Rohstoffe automatisch und präzise im entsprechenden Verhältnis, um eine entsprechend gleichbleibende Qualität sicherzustellen. Und dass, obwohl ganz unterschiedliche Rohstoffe, darunter zähe und solche, die zum Kristallisieren neigen, dosiert und verrührt werden.

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Der Mix aus der Maschine: Dosiertechnik ist Herz des smarten Labors

Dieses Modell-Labor der Zukunft am BASF-Standort-Münster – dem weltweit größten zusammenhängenden Lackproduktions-Werk und Hauptsitz des Unternehmensbereichs Coatings der Ludwigshafener – soll optimierte, digitalisierte und transparente Prozesse im Laborbereich entwickeln und natürlich auch gleich anwenden.

Dazu wurde ein bestehendes Laborgebäude für 24 Millionen Euro komplett saniert und um eine Etage aufgestockt. „Für uns ist das ein wesentlicher Schritt in die vernetzte Laborwelt“, erklärt Projektleiterin Susanne Richert. „Das modulare Konzept setzt sich zusammen aus segmentierten Arbeitsprozessen, einem neuen Logistik- und einem neuen IT-Konzept sowie dem neuen Labordosierautomaten“.

Mit einem Klick zum Lackmix – damit das so einfach funktioniert braucht es die entsprechenden Technologien. Es braucht eine geeignete Steuerung und Automatisierung, über 300 individuelle Dosierstationen und nicht zuletzt die passende Fluidik – wobei ein besonderes Augenmerk auf die notwendige Pumpentechnologie gelegt werden muss: „Die zu dosierenden Rohstoffe unterschieden sich stark in ihrem Fließverhalten und der hohen Spannbreite an Viskositäten. Ohne konstante Pumpenleistungen ist eine auf das Gramm genaue Dosierung nicht realisierbar“, erklärt Alexander Blaser, verantwortlich für Automatisierung und Digitalisierung im Lean Lab.

Die Pumpen-Veranstaltungen 2023

Haben sie es gewusst? 2023 wird ein Pumpen-Jahr! Los geht es mit der Pumps & Valves in Dortmund (29. Bis 30. März 2023) mit rund 450 Ausstellern in vier Hallen auf dem Gelände der Messe Dortmund. Im April folgt der Pump Plaza auf der Hannover Messe (17. Bis 21. April 2023), bevor im Herbst mit der Pumps & Valves Rotterdam (04. Bis 05. Oktober 2021) und der Nürnberger Brau-Beviale (28. Bis 30. November) das Fluidik-Jahr abschließt.
Ein besonderes Highlight für Pumpenexperten ist dabei die zwanzigste Auflage des Pumpenforums im Rahmen der Förderprozessforen der PROCESS: Vom 20. Bis 21. November treffen sich wieder Fachleute aus Planung, Instandhaltung und Betrieb zu zwei Tagen intensiven Austausch, Workshops und Ausstellung in Würzburg. Mit dabei: Praxisnahe Vorträge rund um Schüttgut-Handling, Pumpentechnik, Förderprozesse und -systeme sowie konkrete Lösungen und technische Entwicklungen zum Megathema Wasserstoff.

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Wenn die Fluidik gefragt ist: Auf die Pumpe kommt es an

Den schlank, sicher und connected sollte nicht nur das „leane“ Labor sein: Dieselben Anforderungen wurden natürlich auch an die verwendeten Pumpen gestellt. Kompakte Alleskönner waren gefragt, die auch mit viskosen Medien keine Probleme bekommen würden. Eben Geräte wie Doppelmembranpumpen. Bei dieser Bauweise kommt zur membranpumpentypischen Flexibilität noch der ruhige, pulsationsarme Lauf durch die zwei Membranen, die sich immer gleichlaufend miteinander bewegen. Saugt eine Membran neues Material in die Pumpenkammer, wird auf der anderen Seite gerade das Medium ausgedrückt. Das verringert die Pulsation, indem sich die Stöße gegenseitig ausgleichen.

Die Pumpen sind nicht nur selbstansaugend und trockenlauffähig, sondern bauen auch sehr kompakt. Da als Antriebsmedium Druckluft eingesetzt wird, müssen keine aufwändigen Verkabelungen des Antriebs erfolgen. Die verwendeten Aggregate des Herstellers Timmer haben außerdem noch ein Ass im Ärmel: Da die Pumpen schon bei einem vergleichsweise geringen Überdruck von etwa einem halben bar anlaufen (und bereits bei einem bar prozesssicher arbeiten) sparen die Laborbetreiber wertvolle Druckluft ein: „Ein hoher Anlaufdruck ist im Grunde wie Autofahren mit angezogener Handbremse – die Folgen sind ein hoher Energieverbrauch und Verschleiß. Deshalb sollte er so niedrig wie möglich sein“, erklärt Stefan Anstöter, Produktmanagement Timmer.

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Sicher, sauber, sparsam: Warum Doppelmembranpumpen die richtige Wahl sind

Und das hat noch einen positiven Nebeneffekt, erklärt der Pumpenspezialist: Auch die notwendige Rückspülung, bei der Rückstände und Pigmentreste aus den Rohren ausgespült werden, erfordert wenig Druck und Energieeinsatz – und die kompakten Pumpen selber bieten wenig Räume, in dem die teuren und begehrten Lackzutaten sich absetzen könnten. Denn Doppelmebranpumpen bauen schmal – ein großer Vorteil für einen Standort wie das Lean Lab mit mehreren hundert Strömungsmaschinen. Und ein unschätzbarer Mehrwert, sollte ein Aggregat gewartet oder getauscht werden müssen.

Dabei hat Timmer schon eine der häufigste Fehlerquellen adressiert: Ein spezielles Keramik-Sprungventil soll den Verschleiß an der Schwachstelle aller Membranpumpen – eben der Membran – reduzieren. Sämtliche Teile, die sich im Herzstück der Pumpe bewegen, bestehen aus Keramik in Verbindung mit feingeschliffenen Hochleistungskunststoffen. Dazu kommt ein kurzer Membranhub, der die Hardware schont und weniger Pulsation ins Medium abgibt – gerade bei der geforderten Präzision im Milligramm-Bereich ein echtes Plus.

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Smartes Labor? Clevere Fluidik! Lean-Lab mit Vorbildfunktion

Die Digitalisierung ist im Labor angekommen: So werden Arbeitsaufträge und die dazugehörigen Versuche selbstverständlich digital erfasst, um Transparenz, Reproduzierbarkeit und Wissenstransfer zwischen den einzelnen BASF-Standorten zu fördern, meint Wolfgang Reckordt, Product Development Europe der Geschäftseinheit Fahrzeugserienlacke des Unternehmensbereichs Coating der BASF. „Das Lean Lab in Münster ist unser Pilotprojekt. Seit Ende 2017 sammeln wir Erfahrungen, die wir für die Einführung des Lean Labs an weiteren Standorten in Europa – in Würzburg, Guadalajara in Spanien und Clermont in Frankreich – anwenden können. Lean Lab ist unser neuer europäischer Standard und wird uns viele Möglichkeiten eröffnen, die Produktentwicklung zu intensivieren und flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren.“

So klappt es mit der Digitalisierung

Der Smart Process Manufacturing Kongress vermittelt einen ganzheitlichen und hochaktuellen Überblick über die Digitale Transformation in Chemie- und Prozessindustrie . Führende Experten berichten über Digitalisierungsprojekte sowie praxiserprobte Lösungen entlang des Asset Life-Cycle!

Infos und Anmeldung

Seit Ende 2017 sammeln wir Erfahrungen, die wir für die Einführung des Lean Labs an weiteren Standorten in Europa – in Würzburg, Guadalajara in Spanien und Clermont in Frankreich – anwenden können. Lean Lab ist unser neuer europäischer Standard und wird uns viele Möglichkeiten eröffnen, die Produktentwicklung zu intensivieren und flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren.“

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„Mithilfe des Lean Lab konnten wir mehrere innovative Konzepte realisieren. Dazu gehören unter anderem arbeitsteilige Prozessstrukturen innerhalb von Lacklaboren sowie die digitale Erfassung und Steuerung sämtlicher Herstellungsprozesse“, betont Projektmanagerin Susanne Richert. So wurden mittels Software alle eingebundenen Arbeitsbereiche des Labors, an denen die praktische Probenherstellung erfolgt, miteinander vernetzt und damit die Rohstoffversorgung zentralisiert.

Dass alle Rohstoffe immer zeitlich passend an ihren vorgegebenen Plätzen zur Verfügung stehen, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das smarte Labor – und nicht zuletzt ein Verdienst der eingesetzten Pumpen, glaubt auch Richter. In Münster werden eben nicht nur die Lack-Optionen der Zukunft kreiert, sondern ganz nebenbei noch die Laborfluidik von Morgen.

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