Sensorik für Wasserstoff Dem Wasserstoff auf der Spur: Den H2-Sensor für alle Fälle gibt es (noch) nicht
Wenn Wasserstoff helfen soll, Industrie, Verkehr und Energiewirtschaft zu defossilieren, muss das leichteste Element des Periodensystems messbar werden. Das trägt zur Planbarkeit der H2-Wirtschaft bei, garantiert aber auch die Erkennung von Leckagen an Speichern, Leitungen oder Anschlussstellen. Dabei sind die Anforderungen durchaus unterschiedlich - und am Markt verfügbare Sensortechnik kommt in Punkto Messgenauigkeit, Lebensdauer und Wirtschaftlichkeit an ihre Grenzen. Ginge es auch anders?
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Messtechnik ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Nutzung von Wasserstoff - meint das Fraunhofer IPM. Ob zur Suche nach Undichtigkeiten, zur Bestimmung des Brennwerts oder um überhaupt Wasserstoff sicher zu erkennen braucht es die geeignete Technik. Denn Industrie und Politik haben mit dem leichtesten aller Gase noch viel vor: H2 eignet sich besonders gut zur chemischen Speicherung von Energie oder als Rohstoff für die stoffliche Wertschöpfung vom Stahlwerk bis zur Grundstoffchemie.
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Dabei gilt besonders "grüner", also mittels Strom aus erneuerbaren Energiequellen per Elektrolyse gewonnener, Wasserstoff als wichtiger Baustein für die Energiewende: Das Gas ist ungiftig und "verbrennt" ohne CO2-Emissionen zu Wasserdampf. Doch selbst das vergleichsweise harmlose Molekül ist nicht ohne Risiken: Er ist bereits in sehr geringen Konzentrationen entzündlich, bei höheren Konzentrationen sogar explosiv. Entweicht er in die Stratosphäre kann er mit Sauerstoff zu Wasserdampf reagieren und stabile Höhenwolken bilden, die den Treibhauseffekt verstärken, die Stratosphäre abkühlen und Ozon abbauen.
Dicht ist also Pflicht, wenn es um Wasserstoff geht - Eine zukünftige H2-Infrastruktur müsste daher kontinuierlich messtechnisch überwacht werden, um auch kleinste Leckagen von H2 sowie des Transportgases Ammoniak (NH3) sofort aufzuspüren. Gar nicht so einfach, scheitern doch übliche verfügbare Wasserstoff-Sensoren häufig an den hohen Anforderungen an Messgenauigkeit, Lebensdauer und Wirtschaftlichkeit.
Deswegen machen Messtechnik-Experten mit Forscherinnen und Forschern gemeinsame Sache um innovative Ansätze zur Leckage-Detektion, zur Messung der H2-Gasqualität und zur Analyse von Fremdgasen in Wasserstoff-Gasgemischen zu entwickeln: Im Rahmen des Projekts Transhyde suchen rund 85 Projektpartner Lösungen für den Transport von Wasserstoff konzipiert - darunter auch das Fraunhofer IPM in enger Kooperation mit den Messtechnik-Spezialisten von Endress+Hauser sowie RMA Rheinau, die sich der Herausforderung Sensorik verschrieben haben.
Wasserstoff sicher messen: Was muss ein H2-Sensor können?
So soll ein selbsttestfähiger und wartungsarmer Sensor künftig große Anlagen dauerhaft überwachen: Das kompakte Gerät kann Wasserstoff auf Basis der spezifischen Schallgeschwindigkeit und der im Vergleich zu anderen Gasen hohen Wärmeleitfähigkeit detektieren, erklären die Entwickler. Durch die Kombination zweier Messprinzipien ist der Sensor von Anfang an konsequent auf die Anforderungen an die funktionale Sicherheit hin ausgelegt. Ein kompaktes, kostengünstigen optisches Messsystem soll Wasserstoff auf Basis der Raman-Streuung kontinuierlich detektieren, wodurch auf ein teures Spektrometer verzichtet werden kann.
Da Ammoniak als ein potenzieller Speicher für Wasserstoff für Transport und Lagerung in der Diskussion ist, könnten Laserspektroskopie und Infrarotbildaufnahmen es ermöglichen, NH3-Leckagen aus einigen Metern Entfernungen zu detektieren. Für die berührungslose, bildgebende Ferndetektion wird ein Demonstrator aufgebaut und getestet.
Dank kolorimetrischer Sensoren soll es zudem zukünftig möglich werden, die naturgemäß unsichtbaren Gase mit dem bloßen Auge zu erkennen: Ein spezieller Anstrich, aufgebracht auf Leitungen oder Armaturen, ändert die Farbe beim Kontakt mit dem Gas. Ein solcher Farbumschlagssensor wäre insbesondere bei Bau- und Installationsarbeiten am Wassertoffanlagen, Brennern oder Pipelines hilfreich.
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Wasserstoff-Elektrolyse
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Das Reinheitsgebot: Brennstoffzellen benötigen H2 ohne Fremdgase
Doch auch die Reinheit des Gases spielt eine zentrale Rolle, wenn es etwa um den den Betrieb von Brennstoffzellen geht: Schon geringe Konzentrationen von Fremdgasen die Betriebsdauer können reduzieren oder einen Totalausfall verursachen. Im Rahmen des Projekts entsteht in enger Kooperation mit Endress+Hauser ein kompaktes und robustes photoakustisches Sensorsystem zur kontinuierlichen Bestimmung der Spurengase in Wasserstoff.
Elektrolyse, Power-to-X und Brennstoffzelle: Das sind die Top-Themen beim Wasserstoff
Soll das bestehende Erdgasnetz für den Transport von Wasserstoff genutzt werden, muss es möglich sein, die Zusammensetzung von Erdgasgemischen mit hohem H2-Gehalt genau zu bestimmen. Schließlich entscheidet der Anteil von "grün" erzeugtem Wasserstoff im Erdgas über den Brennwert und damit über die tatsächlichen Energiekosten für die Verbraucher. Zur Bestimmung der Erdgaszusammensetzung und des H2-Anteils rüstet Fraunhofer IPM in enger Kooperation mit den Partnern RMA Rheinau, Thüga und Energie Südbayern einen Erdgasanalysator mit einem H2- Wärmeleitfähigkeitssensor aus, um eine möglichst genaue und driftfreie Bestimmung der Gaszusammensetzung zu erreichen.
Zudem beschäftigt sich das Konsortium mit der Konzeptionierung und Bewertung von Werkstoffen und Bauteilen für den direkten Kontakt mit H2-Gas. Untersucht wird die Eignung der Materialien und Komponenten für einen unfallsicheren und dauerhaften Einsatz unter praxisnahen Bedingungen in einer realen H2-Infrastruktur. n
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