Maschinenbau Darum geht im Maschinenbau ohne Industrie 4.0 bald nichts mehr

Autor / Redakteur: Dr. Ulla Reutner* / Anke Geipel-Kern

Von wegen Mittelständler verschlafen Industrie 4.0. Maschinenbauer beispielsweise, die als Ausrüster von Chemie-, Pharma- und Lebensmittel-Prozessen weltweit aktiv sind, haben ihre ganz spezielle Herangehensweise. Am wirkungsvollsten agierten die, die sich nicht verzettelten. Fünf Beispiele für eine teils kritische, teils begeisterte, aber immer konsequente Digitalisierungsstrategie.

Anbieter zum Thema

Bei Uhlmann laufen derzeit mehrere Pilotprojekte mit Augmented-Reality-Anwendungen.
Bei Uhlmann laufen derzeit mehrere Pilotprojekte mit Augmented-Reality-Anwendungen.
(Bild: Uhlmann)

Es scheint ausgemacht: Industrie 4.0 ist Pflichtprogramm für jedes Unternehmen, das morgen noch wettbewerbsfähig sein will. Kaum ein Firmenchef erlaubt sich, das infrage zu stellen. Und natürlich haben es alle schon immer gewusst. Ralf Schubert gehört zu den wenigen Ausnahmen. Der Geschäftsführende Gesellschafter (Technik) des Verpackungsmaschinen-Herstellers Schubert gibt offen zu: „2011, als der Begriff Industrie 4.0 von der Bundesregierung lanciert wurde, hat mich das überhaupt nicht interessiert.“ Schubert-Maschinen waren schon damals „sehr digital“, so die Begründung des Informatikers, und sie „konnten schon Losgröße 1 – mit Robotern, die auf jede Verpackung individuell reagieren“.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 15 Bildern

Doch Ralf Schubert vollzog inzwischen eine 180-Grad-Wende. Heute sagt er: „Das Thema Industrie 4.0, insbesondere die Digitalisierung, ist für Maschinenbauer außerordentlich wichtig.“ Seit zwei Jahren hat er in seinem Unternehmen die Weichen für eine Digitalisierungsstrategie gestellt, die Großes zum Ziel hat: nicht weniger, als den Googles dieser Welt die Stirn zu bieten.

Mit eigener Plattform Google & Co. die Stirn bieten

Diesen Sinneswandel löste eine Veranstaltung des Handelsblatts im Herbst 2016 in Berlin aus. „Nicht mehr die Maschine stand im Vordergrund, sondern das Internet. Die Bundesregierung hatte die Marketingstrategie verändert“, erlebte Ralf Schubert. Vor allem aber nahm er dort wahr, dass neben der Großindustrie wie Siemens, Bosch, Telekom, Mercedes und dem Mittelstand, auch Start-ups aus dem Silicon Valley mitredeten.

Ihm wurde klar: Software-Firmen sind habgierig. „Wenn wir nichts tun bei der Software, werden die uns irgendwann die Kunden wegnehmen.“ Das Mittel dagegen: Eine Plattform schaffen, die besser ist, als die, die reine Software-Anbieter entwickeln können. „Und genau das tun wir jetzt“, sagt Ralf Schubert und verrät den ersten Schritt: „Bereits nächstes Jahr werden alle unsere Maschinen mit einer Datenbox ausgeliefert, die der Kunde nutzen kann, um die Leistungsdaten in die Cloud zu schicken.“ Er will diese Einstiegshürde für die Kunden so klein wie möglich halten: Jeder kann, keiner muss – und wenn er übermorgen doch will, dann kann er seine Datenbox sofort aktivieren.

Weg vom reinen Maschinenlieferanten, diesen Weg geht nicht nur Schubert Verpackungsmaschinen. Auch Optima, Anbieter von Abfüll- und Verpackungslösungen für Pharmazeutika, Kosmetik und Lebensmittel hat sich vor dem Hintergrund von Industrie 4.0 neu positioniert. Martin Sauter, der seit Herbst 2016 bei Optima eine Stabstelle zur Unterstützung der Digitalisierungsstrategie besetzt, sagt: „Um im Sinne von Industrie 4.0 voranzukommen, benötigen unsere Kunden uns mehr denn je als Lösungslieferanten.“

Kleine Losgrößen, schnelle Umrüstzeiten, Losgröße 1 – diese Stichworte treibe die Anwender um. Großproduzenten von „Fast Moving Consumer Goods“ sowie auch die Pharma- und Chemie-Industrie strebten Synergieeffekte durch die, dank Digitalisierung mögliche, Vernetzung an. „Sie möchten im günstigsten Fall automatisch ohne Zutun auf alle Anforderungen von außen reagieren, um möglichst schnell und kosteneffizient Produkte bereitzustellen.“

Tipp der Redaktion In unserer Spezialausgabe Prozessindustrie 4.0 lernen Sie mehr über Strategien, Erfolgsfaktoren und Chancen für die Prozessindustrie auf ihrem Weg durch die Digitale Transformation. In der Ausgabe lesen Sie Best Practices, Meinungen und Strategien zum Thema Prozessindustrie 4.0.

Optima fokussiert zudem zwei große Themen im Zusammenhang mit der Digitalisierung: zum einen OEE-Verbesserungen auf Basis eines optimierten Produktionsdatenmanagements, zum anderen Digital Asset Management unter Einbeziehung der Möglichkeiten des Condition Monitoring. Der Schwäbisch Haller Maschinenhersteller prägte dafür den Begriff Total Care Asset Management (TCAM).

(ID:44865980)