CO2 als Rohstoff Chemie aus dem Schornstein: Kommt jetzt die stoffliche Nutzung von CO2?
CO2 hat ein schlechtes Image. Aber lässt sich das unerwünschte Abgas auch als Rohstoff nutzen? Keine leichte Aufgabe, doch Forscher aus aller Welt arbeiten emsig an der stofflichen Nutzung des Klimakillers. Wer jetzt glaubt, dass es dabei bei Gedankenspielen im Elfenbeinturm oder Kleinstversuchen im Kellerlabor bleibt, irrt sich gewaltig. Schon jetzt läuft die erste Anlage im Industriemaßstab an…
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Man sieht es dem Material nicht an: Ein ganz normaler Schaumstoff, flexibel und leicht und vielseitig, wie er zur Herstellung von Polstern und Matratzen verwendet wird. Aber das ist auch nicht der Grund, weshalb Covestro, ehemals Bayer Material Science, so eine Sensation aus dem Polymer macht. Geht es nach den Leverkusenern, soll der Kunststoff eine neue Epoche der Chemie einläuten.
Immerhin tritt hier ein Stoff ins Rampenlicht, der sonst eher Negativschlagzeilen macht: CO2. Tatsächlich haben es die Entwickler geschafft, etwa 20 % der erdölbasierten Rohstoffe die üblicherweise zur Herstellung von Polyol, dem wichtigsten Vorprodukt für Polyurethanschaum (PUR), verwendet werden durch das Klimakiller-Gas zu ersetzen. Keine einfache Aufgabe, ist CO2 doch extrem reaktionsträge.
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CO2 basiertes Polyol
Vom Abgas zum Kunststoff: Der Heilige Gral der Chemie
Eine Nutzung ist aus thermodynamischer Sicht kaum möglich, sieht man von der Harnstoff- und Carbonat-Herstellung ab. Aber CO2 als Rohstoff für Polymere? An dieser Vision beißt sich die Branche seit Jahrzehnten die Zähne aus, seit das Konzept 1969 von Wissenschaftlern der Universität Kyoto beschrieben wurde.
Lange Zeit blieb das Verfahren Science Fiction – Schlagworte wie „Dream Reaction“ oder der „Heilige Gral der Chemie“ zeigen, welchen Stellenwert die „Chemie aus dem Schornstein“ hatte.
Jetzt scheint der Gral gefunden: Schon zu Bayer-Zeiten hatte Covestro mit der Erforschung der Nutzung von CO2 begonnen. Nach erfolgreichen Tests fiel 2014 die Entscheidung, am Standort Dormagen 15 Millionen Euro in eine erste Produktionsanlage mit einer Kapazität von 5000 t/a zu investieren. Weitere 7,5 Millionen Euro stammen aus Bundesfördermitteln.
Der nächste Schritt für CO2
Mit dem neuen Vorzeigeprojekt starteten die Leverkusener im Juni 2016 die Polyolsynthese im industriellen Maßstab. Das Molekül auf CO2-Basis ist zunächst zur Herstellung von PUR-Schaum für Matratzen und Polstermöbel vorgesehen.
Von der Qualität sei der Schaumstoff ebenso gut wie Material aus petrochemischen Rohstoffen, ist man in Dormagen überzeugt. „Man muss und wird CO2 mit anderen Augen wahrnehmen: Seine Verwendung als alternative Kohlenstoffquelle ist die Antwort auf große Herausforderungen unserer Zeit – Ersatz zu finden für die begrenzten fossilen Ressourcen wie Öl und Gas und Stoffkreisläufe zu schließen“, erklärte Covestro-Vorstandsvorsitzender Patrick Thomas bei der Eröffnung.
Der Schlüssel zur Traum-Reaktion ist ein revolutionärer Katalysator, der es ermöglicht, das CO2-Molekül zusammen mit Propylenoxid (PO) direkt in die Kohlenwasserstoffkette einzubauen - wie das gelingt, steht auf Seite 2!
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