Funktionale Labels bieten Mehrwert Polymer-Spritzen plus funktionale Labels: Was bringen die intelligenten Etiketten wirklich

Autor / Redakteur: Andreas Hofenauer, Stefan Krauss, Tom Van Ginneken* / Anke Geipel-Kern |

Immer mehr zugelassene Medikamente werden in Polymerspritzen aus COC-/COP-Materialien abgefüllt. Ihre Vorteile liegen auf der Hand, ihr Nachteil sind jedoch die im Vergleich zu Glas verminderten Barriereeigenschaften. Bei sauerstoffempfindlichen Medikamenten kann dies zu Wechselwirkungen mit dem Wirkstoff führen. Speziallabels mit Zusatzfunktionen können dazu beitragen, diese Nachteile ausgleichen.

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Ein zuverlässiger UV- und Lichtschutz für empfindliche Flüssigpräparate kann mit speziell angepassten Labels in drei Sicherheitsstufen (von links nach rechts) erreicht werden.
Ein zuverlässiger UV- und Lichtschutz für empfindliche Flüssigpräparate kann mit speziell angepassten Labels in drei Sicherheitsstufen (von links nach rechts) erreicht werden.
(Bild: Schreiner Medipharm)

Sie sind schnell einsetzbar, gebrauchsfertig dosiert und helfen dadurch, Fehler in der Medikamentvorbereitung zu vermeiden: Vorgefüllte Spritzen gewinnen zunehmend Marktanteile, denn sie ermöglichen eine komfortable Medikamentenverabreichung. Insbesondere vorgefüllte Spritzen aus hochwertigem Polymer, wie zum Beispiel Cycloolefin-Copolymere (COC), haben sich als Alternative zu Glasspritzen etabliert: Sie sind leichter, flexibler im Design, absorbieren weniger Protein und senken dank ihrer besseren Bruchsicherheit die Bruchschadensrate über die gesamte Wertschöpfungskette.

Darüber hinaus ist COC schwermetall- und wolframfrei und weist eine geringe bzw. keine Silikonisierung auf – das macht das Material für eine Vielzahl unterschiedlichster Anwendungen interessant.

Warum Polymerspritzen besondere Etiketten brauchen

Für Labels, die zur Kennzeichnung von vorgefüllten Kunststoffspritzen direkt auf die Primärverpackung appliziert werden, stellen Polymerspritzen jedoch eine Herausforderung dar: Polymer besitzt ein anderes E&L-Profil als Borosilikatglas sowie verminderte Sauerstoff- und Gasbarriereeigenschaften. Das kann möglicherweise zu Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Wirkstoffen führen und birgt ein potenzielles Risiko der Klebstoffmigration in das Polymer.

Funktionale, spezifisch auf die Primärbehälter abgestimmte Labels, können helfen, diese Eigenschaften von COC-Spritzen zu überwinden. Zudem ermöglichen sie dem Pharmahersteller, die Primärverpackung durch weitere Funktionen zu optimieren – etwa durch offene, verborgene und digitale Sicherheitsmerkmale, eine eindeutige Erstöffnungsanzeige oder speziellen Schutz durch UV-Blockierung bzw. verbesserte Gasbarriereeigenschaften inbesondere gegenüber Sauerstoff.

Ob und welche konkreten Labelvarianten die verminderten Barriereigenschaften von Polymerspritzen positiv beeinflussen können, untersuchten der globale Primärpackmittelspezialist Schott und Schreiner Medipharm, Spezialist für Pharma-Labels und selbstklebende Kennzeichnungslösungen. Getestet wurden vorgefüllte COC-Spritzen mit verschiedenen Labellösungen hinsichtlich ihres Verhaltens auf Migration, Sauerstoffdiffusion und Licht- bzw. UV-Einstrahlung. Darüber hinaus wurde die Integration einer Erstöffnungsanzeige eruiert.

Ein Label kann Migration verringern

Obwohl kein Direktkontakt besteht zwischen dem auf der Primärverpackung applizierten Label und dem Medikament, kann der Klebstoff durch die Verpackung hindurch migrieren und den Wirkstoff verunreinigen. In einer bei Nelson Labs – einem führenden Institut im Bereich von Laborprüfungen – veranlassten Studie über sogenannte Leachables (herauslösbare Bestandteile), wurden die Migrationseigenschaften zwei verschiedener Labelkonzepte an den vorgefüllten COC-Spritzen Schott Toppac untersucht.

Das Institut verglich die Profile der etikettierten Spritzen mit den Profilen von unetikettierten Referenzspritzen auf herauslösbare chemische Verbindungen. Dazu wurden mit Wasser für Injektionszwecke (WFI) befüllte Probespritzen versiegelt, etikettiert und für 36 Monate unter kontrollierten, anspruchsvollen Raumtemperaturbedingungen gelagert.

Nach Ablauf der Alterungszeit wurden die Spritzen entleert und ihr Inhalt auf flüchtige organische, schwerflüchtige organische und nichtflüchtige organische Verbindungen analysiert. Das Ergebnis: In beiden etikettierten Spritzen konnten keine zusätzlichen chemischen Verbindungen im Vergleich zur Referenzprobe gefunden werden. Dies belegt, dass mit auf COC-Spritzen abgestimmten, speziellen Labels keine chemischen Stoffe aus dem Label migrieren („Low Migration“).

...und Sauerstoffdiffusion

Bei sauerstoffempfindlichen Medikamenten basierend auf großen und komplexen Molekülen, wie Biologika und Biosimilars, kann sich eine Oxidation erheblich auf die Haltbarkeit auswirken. Ihre Verpackungen müssen einen ausreichenden Schutz vor oxidierenden Faktoren bieten; eine Sauerstoffbarriere ist für diese Primärbehälter essentiell. Am Markt gibt es bereits unterschiedliche Lösungen, um die Sauerstoffbarriere von Polymer-Primärbehältern zu verbessern, wie zum Beispiel das Aufbringen einer anorganischen Schicht.

Dreilagige Konstruktionen, bei denen eine Barriereschicht aus Polyamid zwischen zwei COP-Schichten eingebracht wird, sind eine weitere Lösung für Primärbehälter basierend auf COP. Diese Ansätze bieten eine ausgezeichnete Barriere gegen Sauerstoffdiffusion.

Sie sind jedoch komplex, kostenintensiv und erfordern wesentliche Änderungen bestehender Prozesse. Eine neue Lösung für eine zusätzliche Sauerstoffbarriere können funktionale Labels aus Gasbarrierefolie sein.

Welche Etikettenmaterial schützt am Besten?

Als mögliches Etikettenmaterial zum Schutz vor Sauerstoffdiffusion wurden verschiedene, mehrlagige Barrierefolien getestet, bestehend aus einer mittleren Lage aus PVOH und SiO2 zwischen zwei thermoplastischen Polymerfolien wie PP, PE oder PET. Für den vom Fraunhofer IVV durchgeführten Test wurden vorgefüllte COC-Spritzen mit unterschiedlichen Barrierelabels versehen, mit Stickstoff gespült, verschlossen und einer Normatmosphäre von 23° C und 50 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit ausgesetzt. Der Sauerstoffgehalt innerhalb der Spritzen wurde mit einem herkömmlichen Sauerstoffsensor gemessen.

Das Ergebnis: Die speziellen Barrierelabel konnten die Sauerstoffdiffusion wesentlich vermindern. Sie sind damit ideal für Pharmazeutika, die zwar sauerstoffsensibel sind, aber keinen 100-prozentigen Schutz vor Gasdiffusion erfordern. Für Pharmahersteller ist diese Lösung ohne Prozessänderungen, hohe Investitionen oder Änderungen der Primärverpackung umsetzbar, da die zusätzliche Barrierefunktion mit funktionalen Labels erzielt werden kann.

Etiketten schaffen zusätzlichen UV- und Lichtschutz

Schädigend auf lichtempfindliche Präparate, wie zum Beispiel Biopharmazeutika, Blutprodukte, Impfstoffe und Vitaminpräparate, kann auch ultraviolettes oder sichtbares Licht wirken. Primärverpackungen aus farbigem Glas, meist Braunglas, sind eine gängige Lösung, um die Arzneimittel zu schützen. Der Nachteil ist jedoch, dass es die Sichtprüfung der Wirkstoffe erschwert oder sogar unmöglich macht.

Diese ist jedoch unabdingbar, um Verfärbungen, Eintrübungen oder Partikel zu erkennen. Daher werden für biologische Formulierungen vorzugsweise Behälter aus durchsichtigen Materialien verwendet. Eine neuer Lösungsansatz zum Schutz vor UV- und Lichteinstrahlung sind transparente Behälter, die mit spezifischen Labels aus UV- und Lichtbarrierefolien versehen werden.

Im Test standen hierzu Labels aus verschiedenen Barrierefolien, die auf Materialeignung, Bedruckbarkeit und Kombinierbarkeit mit Haftklebern untersucht wurden – eine durchsichtige UV-Schutzfolie, eine gelbe, bedruckte, halbtransparente Folie sowie eine undurchsichtige Folie. Das Ergebnis:

  • Die durchsichtige UV-Schutzfolie zeigte mit < 1 Prozent Transmission eine sehr geringe Durchlässigkeit im UV-Bereich (< 380 nm).
  • Die gelbe, bedruckte, halbtransparente Folie bot deutlichen Schutz gegen UV- und Blaulicht (< 480 nm).
  • Die undurchsichtige Folie blockierte das gesamte getestete Lichtspektrum.

Alle drei Folientypen bieten je nach Bedarf ein relevantes Schutzniveau gegen ultraviolettes und sichtbares Licht. Daraus ergeben sich verschiedene Labelkonzepte in drei Sicherheitsstufen, die auf die spezifischen Anforderungen des Wirkstoffs angepasst werden können. Um eine vollständige Sichtprüfung der Originalfarbe zu ermöglichen, können die Labels mit einem wiederverschließbaren Sichtfenster ausgestattet werden. Damit ist eine einfache Prüfung der im Primärbehälter enthaltenen Substanzen gewährleistet.

Sicherer Manipulationsnachweis

Spätestens seit dem Inkrafttreten der EU-Direktive zum Fälschungsschutz, die die Umverpackung verschreibungspflichtiger Arzneimittel adressiert, gerät auch der Schutz von Primärcontainern in den Fokus. Um die Unversehrtheit einer Primärverpackung bis zum Zeitpunkt ihrer Nutzung nachzuweisen, eine eventuelle Manipulation erkennbar zu machen oder die illegale Wiederverwendung eines Primärbehälters zu verhindern, gibt es verschiedene Sicherheitskonzepte.

Auch hier bieten sich funktionale Labels mit speziellen Manipulationsschutzmerkmalen an, mit denen Spritzen ausgestattet und versiegelt werden können. Am Beispiel einer 5 ml Schott Toppac Spritze wurde ein Label konzipiert, das den Spritzenkörper sowie den unteren Teil des Primärverschlusses umschließt.

Dazu wurde vorab ein speziell konstruierter Kappenadapter aus Kunststoff passgenau auf den Primärverschluss der Spritze aufgesetzt, sodass die unterschiedlichen Durchmesser von Spritzenkörper und -verschluss ausgeglichen werden. Öffnet ein Anwender die Spritzenkappe, wird das Label an der integrierten Perforation teilweise zerstört und zeigt deutlich und irreversibel die Erstöffnung an.

Funktionale Labels und Polymerspritzen - eine gute Kombination

Die Ergebnisse aus den von Schreiner Medipharm und Schott durchgeführten Tests zeigen, dass funktionale Labels die Barriereeigenschaften von COC zusätzlich verbessern können. Wichtig ist dabei jedoch, dass Label und Primärbehalter aufeinander abgestimmt und individuell auf die spezifische Anwendung angepasst sind.

Interessant ist die Kombination von funktionalen Labels und Polymerspritzen vor allem für Therapien zum Beispiel mit monoklonalen Antikörpern und Immunglobulinen, bei onkologischen Anwendungen, OP-Medikamenten und Impfstoffen. Über Funktionen wie Low Migration, Sauerstoffbarriere und UV-Schutz hinaus können die COC-Spritzen mit einer Erstöffnungsanzeige optimiert werden – und bieten Pharmaherstellern damit eine Lösung, die über die reine Kennzeichnung von Primärbehältern zur Informationsbereitstellung hinausgeht.

* * A. Hofenauer ist Manager Innovation and Strategic Partnerships und S. Krauss, Team Leader Product and Process Development bei Schreiner MediPharm, ein Geschäftsbereich der Schreiner Group GmbH & Co. KG;

* T. Van Ginneken ist Global Product Manager der Schott AG,

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