China Market Insider Paradigmenwechsel in China: Klimaschutz erstmals über den Bau neuer Chemiefabriken gestellt
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Die größte, in Bau befindliche Kohle-Chemie-Anlage der Erde ist gerade in der Provinz Shaanxi suspendiert worden, berichtet das Wirtschaftsmagazin Caixin. Auch in der Inneren Mongolei, einer weiteren Provinz mit vielen Projekten der Kohle-Chemie, seien Neuzulassungen seit kurzem schwerer geworden, berichtet das Magazin. Landesweit fallen nicht nur Großprojekte der Kohlechemie, sondern auch solche der Petrochemie der Axt der neu erstarkten Klimaschützer zum Opfer.

Peking/China – Ein Hauptziel der Emissions-Kommissare ist derzeit aber eindeutig die Produktion von Ethylen und ähnlichen Grundstoffen aus Kohle „Projekt der Kohlechemie wegen seines unersättlichen Energie-Appetits suspendiert,“ titelte Caixin über das Einfrieren des Mega-Projektes in Shaanxi. Im Zuge der Anstrengungen Chinas, seinen Energieverbrauch zu reduzieren und ehrgeizige Klimaschutz-Ziele zu erreichen, sei das von der staatlichen „Shaanxi Coal“ und der “Chemical Industry Group“ im Ort Yulin in der Nordwest-Provinz Shaanxi bereits am 2. Juli suspendiert worden, berichtet das angesehene Wirtschaftsmagazin.
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Chinas Kohlechemie unter Druck
Das Projekt, das bis 2025 mit einer Investition von 126 Milliarden Yuan (rund 16,4 Milliarden Euro) fertig gebaut werden sollte, habe es vor seiner Suspendierung verfehlt, eine offizielle „Energiespar-Evaluierung“ zu bestehen, schreibt Caixin.
Die Pekinger Zentrale setze gerade die Lokalregierungen in den Provinzen unter Druck, die zuvor gesetzten Obergrenzen für den Verbrauch von Energie zu respektieren, heisst es in dem Bericht. Dies geschehe „in der Folge ambitionierter, nationaler Kohlendioxid-Versprechen”, schreibt Caixin. „Grossprojekte der Kohlechemie werden damit zum Gegenstand zunehmend strengerer Energie-Kontrollen.“
Vom Saulus zum Paulus: China will ab 2030 CO2 sparen
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte im Herbst vergangenen Jahres versprochen, dass Chinas Kohlendioxid-Emissionen bis 2030 ihren Höhepunkt erreichen und die gesamte Wirtschaft des Landes bis 2060 klimaneutral werden sollen.
Die Entwicklungs- und Reformkommission der Stadt Yulin, also die oberste Planungsbehörde vor Ort, hatte schon Anfang Juni auf die Absichten der Pekinger Zentrale mit der Ankündigung reagiert, die „blinde Entwicklung” von Projekten mit hohem Engergieverbrauch und hohen Emissionen ab jetzt zu unterbinden, schreibt das Magazin.
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Die Kohlechemie, die vor nicht allzu langer Zeit in China noch eine Art Renaissance erlebt hatte, ist nun vor allem wegen der Intensität der CO2-Emissionen bei den Prozessen der Umwandlung von Kohle in Chemikalien ins Visier der chinesischen Klimaschützer geraten. Diese CO2-Emissions-Intensität der Kohle-Chemie habe im Jahr 2019 „zehn bis 20 mal höher als der nationale Durchschnitt pro Einheit des Bruttoinlandsproduktes“ gelegen, heißt es in chinesischen Medienberichten.
Neue Kohlechemieprojekte in China haben es plötzlich schwer
Auch die chinesische Provinz Innere Mongolei, bekannt für ihre großen Kohlevorkommen, rücke während des gerade begonnenen 14. Fünf-Jahresplanes von der Kohlechemie ab, schreibt Caixin. „Im Prinzip werden keine neuen, modernen Kohlechemie-Projekte mehr genehmigt.”
Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission NDRC, Chinas oberste Planungsbehörde, hatte ebenfalls schon im Mai damit begonnen, die 2011 beschlossenen „dualen Kontrollen“ von Energieverbrauch und Energie-Intensität (also CO2-Emissionen pro Einheit des BIP) strikter einzufordern.
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Der Urknall einer neuen Industrie: China positioniert sich als Marktführer bei abbaubarem Plastik
Liu Dechun, ein bei der NDRC für Umweltschutz zuständiger Spitzenbeamter, habe damals mehrere chinesische Provinzen gerügt, deren Werte für diese zwei Schlüssel-Indikatoren gestiegen waren, statt zu sinken, hatten chinesische Medien im Mai berichtet. In verschiedenen Industriesparten, darunter Energieerzeugung, Stahlindustrie und „petrochemische Industrie und chemische Verfahrenstechnik“, müsse der Energiekonsum reduziert werden, sagte der Planungsbürokrat aus Peking.
Anlagebauprojekte mit großem Energiehunger kommen auf den Prüfstand
Neben solchen der Kohlechemie sind auch schon erste Großprojekte der petrochemischen Industrie suspendiert worden. Chinas führende Raffiniere Sinopec habe die geplante Erweiterung seines Standortes Maoming in der Südprovinz Guangdong abgesagt, berichtete die Beratungsagentur JLC Ende Juni.
Auch ein Kohle-zu-Ethylen-Glykol-Projekt mit einer geplanten Neukapazität von 1,2 Millionen Jahrestonnen der „Tongkun Group“ in der Küstenprovinz Zhejiang sei kürzlich ersatzlos gestrichen worden, berichtet ein Fachmedium der chemischen Industrie in China, die Zhongguo Huagong Xinxi Zhoukan.
Besonders chemische Großprojekte - sowohl auf Kohle-, wie auf Ölbasis - werden es ab jetzt in China offensichtlich viel schwerer haben als bisher, die nötigen Genehmigungen zu bekommen. Oder die Unternehmen müssen sich darauf vorbereiten, zumindest das Volumen ihrer geplanten Chemiefabriken zu reduzieren. So eine Reduzierung sei momentan die beste Hoffnung für die grösste Kohlechemie-Fabrik der Erde von „Shaanxi Coal“, hieß es in Chinas Fachmedien.
* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.
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