Sensoren und Automatisierung Mehr als Sensoren: Jumo wird 75 und wächst über sich hinaus

Von Dominik Stephan

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75 wird man nicht alle Tage : Doch während Deutschland über die Rente mit 67 streitet, knackt Jubilar Jumo dank Branchenfokus und Systemlösungen ausgerechnet 2022 einen Rekordumsatz. Als Geschenk an sich selbst haben die Fuldaer Mess- und Sensorspezialisten das größte Investmentprojekt der Firmengeschichte im Gepäck. Und mit dem ersten Messumformer mit Zweidraht-Ethernet SPE liegt eine echte Weltneuheit auf dem Gabentisch.

Seit 2022 am Ruder: Jumo-Geschäftsführung als Doppelspitze aus Dimitrios Charisiadis (li.) und Steffen Hoßfeld.
Seit 2022 am Ruder: Jumo-Geschäftsführung als Doppelspitze aus Dimitrios Charisiadis (li.) und Steffen Hoßfeld.
(Bild: Jumo)

Gleich zwei mal Grund zu feiern: Messtechnik und Automatisierungsspezialist Jumo feiert das 75. Firmenjubiläum und knackt erstmals die 300 Millionen Euro Umsatz. Seit den bescheidenen Anfängen als Hersteller von Glas- und Schaltthermometern haben sich die Fuldaer zum Rund-Um-Anbieter in Sachen Messtechnik entwickelt. Jetzt wollen die MSR-Experten zum Anbieter komplexerer Systemlösungen werden und kommen so im Jahr 2022 erstmals auf den Rekordumsatz von 307 Millionen Euro.

Das Multi-Krisen-Jahr beschert der Unternehmensgruppe aus Osthessen sieben Prozent Umsatzzuwachs, wobei der Exportumsatz stärker (plus neun Prozent) als der Inlandsumsatz (sechs Prozent) stieg. 54 Prozent der Jumo-Erlöse stammen damit aus internationalen Projekten. Im Zehnjahres-Vergleich erlöst Jumo damit satte 50 Prozent mehr als noch 2012, erklärt CEO Dimitrios Charisiadis: „Wir sind mit dem letzten Geschäftsjahr sehr zufrieden. Trotz zahlreicher globaler Krisen hat sich der Wachstumstrend aus dem Vorjahr weiter fortgesetzt und wir konnten unseren Umsatz von 281 Millionen Euro im Jahr 2021 auf über 300 Millionen Euro steigern,” so Charisiadis in Fulda.

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Damit das so weitergeht, stehen für 2023 15 Millionen Euro geplante Investments in den Büchern – etwas weniger als noch 2022, allerdings ohne den geplanten Standortneubau in Fulda. Eine enorme Leistung für ein Unternehmen, dass seine Wurzeln im Glasbläserhandwerk und der Thermometer-Fertigung hat. 76 Jahre nach der Firmen-Gründung in Fulda im Jahr 1947 (die Marke Jumo folgte ein Jahr später) hat sich das Unternehmen zu einem Global Player mit rund zweieinhalb Tausend Mitarbeitern entwickelt – noch 1948 erfolgte der Marken-Launch mit bescheidenen sechs.

Branchen-Fokus oder Systemfrage: Die Jumo-Strategie

Heute beliefert Jumo Betreiber und Anlagenbauer in sechs Fokusbranchen von der Heizungs- und Klimatechnik bis zur Wasseraufbereitung. Dieser Fokus auf branchenspezifische Lösung ist aus Sicht der Geschäftsführung einer der zentralen Bausteine im Zukunftsplan der Gruppe. Der zweite ist der Systemgedanke, nach dem das Unternehmen zunehmend nicht nur Sensoren und Sensortechnik bietet, sondern diese auch gleich um die passende Automatisierung zu einem Gesamtsystem ergänzt.

„Nicht nur Produkte“, erklärt dementsprechend Sebastian Dänner, Leiter des globalen Produktmanagements, den Blick über Sensor-Tellerrand hinaus. „Es geht um mehr.“ Der „Herr der Produkte“ sieht sich damit in guter Tradition – schließlich lieferte Jumo schon in den Fünfzigern erste Thermoschaltapparate zu seinen Thermometern gleich mit. Ganze Teilanlagen oder Skids will die Firma auch in Zukunft nicht liefern, aber die Rolle als „Partner des Anlagenbaus“ ausbauen. Dazu bieten die Fuldaer den Kunden Electronic Manufacturing Services (EMS) sowie Metalltechnik-Dienstleistungen an: „Das Zusammenspiel von Sensor und Steuerungseinheit bei Jumo ist für den Kunden perfekt, da es Vorteile in Projektierung und Wartung bietet“, unterstreicht Dänner.

Mit dieser Strategie konnte Jumo 2022 insbesondere im Stammbereich Thermische Messtechnik stark zulegen (plus 25 Prozent), doch auch die Lösungen für die Heizungs-, Klima und Lüftungstechnik (plus 17 Prozent) oder Angebote für das Feld der Erneuerbaren Energien (plus 12 Prozent) konnten stark zulegen. Um diese Zielbranchen optimal bedienen zu können, gehören Branchenverantwortliche bei Jumo seit rund 20 Jahren zum Alltag, beginnend mit Branchenmanagern für Pharma und Food bzw. Wasser und Abwasser in den frühen 2000ern. Um das geforderte Applikationswissen zu bündeln und im Haus zu halten, wird 2015 die Abteilung „Globales Branchenmanagement“ eingeführt und neun Branchenmanager und -Managerinnen benannt.

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Weltneuheit: Der erste Messumformer mit Single-Pair-Ethernet SPE

Doch auch bei Einzelkomponenten hat das Unternehmen 2023 ein echtes Highlight im Gepäck: Mit dem Hydrotrans bringt Jumo 2023 den ersten Messumfomer mit SPE-Funktionalität. Der Sensor mit dem Zweidraht-Ethernet SPE ist eine echte Weltpremiere und soll es Anlagenbetreibern möglich machen, komplexe Systeme mit einer durchgängigen Ethernet-Übertragung zu nutzen und so von einer einfachen Inbetriebnahme und Parametrierung zu profitieren.

Der Sensor ist aber aus Jumo-Sicht nur ein erster Aufschlag in Sachen SPE: Die Fuldaer setzen stark auf den SPE-Standard 10BASE-T1L mit Kabellängen bis 100 Meter und der Möglichkeit, die Feldgeräte direkt über das Ethernet-Kabel mit Strom zu versorgen (Power-over-Dataline PoDL). Im „Steckerkrieg“ setzen die Fuldaer auf M12-Stecker (Phoenix Contact). Der Transfer der Daten und der Austausch mit der Herstellercloud oder dem Leitsystem erfolgt über Ethernet typischerweise per Modbus-TCP.

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Ebenfalls neu im Jubiläumsjahr: Der magnetisch induktive Flowtrans-Mag-H20-Durchflussmesser, der mit Cloud-Konnektivität für das Internet der Dinge bereit ist, der Druckmessumformer Delos S02 sowie die neue Varitron 500 Touch, die – der Name lässt es vermuten – eine SPS mit einem Touchpanel in einem Gerät verbindet.

Mega-Invest in Fulda: Neues Werk mit Perspektive

Für diesen Zweck planen die Sensor-Experten auf zehn Hektar im Fuldaer Westen einen komplett neuen Standort aus dem Boden zu stampfen: Auf 13.000 Quadratmeter sollen in Zukunft rund 120 Mitarbeiter Temperatursensoren und Druckmesstechnik fertigen – die Sektoren gehören zu den Wachstumsstärksten im Jumo Portfolio und profitieren von der Nachfrage aus der Elektromobilität bzw. Wasserstoffwirtschaft. Mit 48 Millionen Euro ist der neue Standort die größte Einzelinvestition der Firmen-Geschichte, betont Geschäftsführer Charisiadis.

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Übrigens hat das neue Werk gleich Andockpunkte für zukünftige Erweiterungen eingeplant – schließlich will Jumo auch 2023 überdurchschnittlich wachsen. Schneller als der Markt, klar, und deutlich schneller als das Deutsche BIP: Während Analysten für die Bundesrepublik mit einer Stagnation auf 0,2 Prozent rechnen, visieren die Fuldaer elf Prozent zusätzliche Umsätze (auf insgesamt 340 Millionen Euro) an. Die Auftragsbücher seien jedenfalls gut gefüllt und die Weichen für die nächsten 75 Jahre gestellt – wie viel Hardware dann noch in der Messtechnik stecken wird oder ob in Zukunft die Software auch in der Sensorik die klassische Automatisierung verdrängt, wird zu zeigen sein. Jumo jedenfalls sieht sich gerüstet.

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