Logistik im Chemiepark Logistik im Chemiepark: Intelligente Zusatzleistungen sind gefragt

Redakteur: Sabine Mühlenkamp

Noch setzt das Gros der chemischen Industrie Logistikdienstleister lediglich für den reinen Transport ein. Damit bleibt das Potenzial jedoch unausgeschöpft. Interessant wird es, wenn sie auch andere Aufgaben – angefangen von der Planung, der Abrechnung oder Lagerhaltung bis zur gesamten Koordination, Organisation und Optimierung der logistischen Geschäftsprozesse entlang der Wertschöpfungskette – übernehmen.

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„Es ist unerlässlich, sich mit SHEQ (Safety, Health, Environment, Quality)-Anforderungen detailliert auseinander zu setzen.“ Ulrich Grätz, Hoyer (Bild: Hoyer)
„Es ist unerlässlich, sich mit SHEQ (Safety, Health, Environment, Quality)-Anforderungen detailliert auseinander zu setzen.“ Ulrich Grätz, Hoyer (Bild: Hoyer)

Zugegeben, erst in jüngster Zeit rückt das Potenzial einer optimierten Logistik in der chemischen Industrie in den Vordergrund. Immerhin gehen Experten von einem Anteil der Logistikkosten am Umsatz von zehn Prozent aus, diese unterteilen sich noch einmal in Fracht-, Lager-, Rüst-, Management- und Abwicklungskosten. In Chemieparks arbeitet man schon länger mit externen Dienstleistern zusammen. Aber auch außerhalb lässt sich mittlerweile ein Trend zum Outsourcing von Logistik-Dienstleistungen feststellen.

„Nicht nur die großen Produzenten aus dem angelsächsischen Raum fragen diese Dienstleistungen nach, auch die traditionell eher zurückhaltende deutsche chemische Industrie folgt diesem Trend mehr und mehr“, so die Erfahrung von Ulrich Grätz, Director Supply Chain Solutions bei Hoyer.

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Steigende Rohstoff- und Energiepreise, Umweltbelastungen und ein drohender Verkehrskollaps im Transportwesen sowie die unerbittliche Verlagerung von Produktionsstätten nach Osten üben weiteren Druck auf die Lieferkette aus. Die Kosten für Transport und Bestände steigen und die Logistik wird damit auch für die Chemie zu einem wettbewerbsentscheidenden Faktor, der jedoch meist unterschätzt wird. „Gerade beim Outsourcing komplexer Logistikprozesse zeigt sich immer mehr, dass Kunde und Dienstleister strategische Partnerschaften eingehen.“ Diese Erfahrung von Ralf Thiesen, Leiter Marketing Vertrieb bei Chemion Logistik, ist typisch für die Entwicklung in den Chemieparks. Als Grund nennt Thiesen, dass Unternehmen heute stärker als früher Wert darauf legen, die Strukturen und Kostentreiber zu verstehen. „Damit können sie auch ihre Einflussmöglichkeiten beim Outsourcing im Sinne einer Optimierung nutzen“, sagt Thiesen.

Hand in Hand arbeiten

Bereits seit mehreren Jahren arbeitet beispielsweise der Spezialchemie-Konzern Lanxess mit Chemion Logistik zusammen und lässt den Dienstleister die werksinternen Transporte der Kunststoffe am Standort Krefeld inklusive der Ein- und Auslagerung des Stoffes in Stückgutläger vornehmen. Mehr als 100 000 Paletten transportiert Chemion jährlich zwischen den Produktionsgebäuden und den Lagern und koordiniert rund um die Uhr die Ein- und Auslagerungsprozesse für Lanxess.

„Der Logistik-Dienstleister ist gefordert, nicht nur die Qualität seiner Leistungen durch KPI sichtbar zu machen, sondern zudem selbst kontinuierlich nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen“, nennt Thiesen die Herausforderungen, die er aber zugleich als Vorteil sieht: „Arbeiten Logistiker und Kunde bei den Optimierungen Hand in Hand und ziehen an einem Strang, lassen sich durchgängig effiziente Prozesse aufsetzen und gute Gesamtergebnisse in der Logistik erzielen.“ Ohne Zusatzleistungen sind moderne Logistikkonzepte nicht möglich. Im Fall der Partnerschaft mit Lanxess bedeutet dies etwa, neu zu investieren. So wird zusätzlich zu den bisherigen Leistungen Chemion für Lanxess eine neu entstandene Lagerhalle sowie eine Freilagerfläche betreiben. Dort werden neben dem Ein- und Auslagern Produktproben genommen, Ware umpalettiert und für den Weitertransport zum Kunden in Folie gewickelt. Auch die administrative Abwicklung der Versandaufträge und die Verladung der Ware auf Lkw inklusive Ladungssicherung werden in die Hände von Chemion gelegt. Der bisherige Einsatz von Hängerzügen erwies sich für die größeren Produktmengen als nicht ideal. Daher wurde in eine automatisierte Be- und Entladung mithilfe der Shuttletechnik investiert. Nun werden die Produkte mit einem Spezialfahrzeug von der Produktion in die Lager überführt. Das Fahrzeug besteht aus einer Zugmaschine und einem Kastenauflieger und kann heckseitig automatisch beladen werden.

Detaillierte Prozesskenntnis

Voraussetzung für eine erfolgreiche Verzahnung zwischen Logistikdienstleister und Chemiepark-Betreiber ist ein tiefes Verständnis für die Prozesse. „Sofern der Werklogistik-Dienstleister auch in der In- und Outbound-Logistik an der Schnittstelle des Werkes (der Kunden) zu deren Logistikdienstleistern tätig ist, ist eine der wichtigsten Anforderungen das Agieren als neutraler Service-Provider“, beschreibt Grätz die Rolle als Dienstleister. Darüber hinaus muss der Dienstleister sehr detailliert über SHEQ (Safety, Health, Environment, Quality)-Anforderungen des Kunden innerhalb des Werkes Bescheid wissen. „Durch die enge Verzahnung mit den Anlagen des Kunden ist es unerlässlich, sich mit diesen Anforderungen detailliert auseinander zu setzen. Weiter ist eine tiefe Kenntnis der logistischen Prozesse und der Anforderungen des Kunden erforderlich“, so die Schlussfolgerung von Grätz. Dies bedingt seiner Meinung nach eine enge Kooperation mit den Logistik-Verantwortlichen im Tagesgeschäft auf allen Ebenen. Für ihn ist darüber hinaus die Suche und das Training von qualifiziertem Personal eine der größten Herausforderungen beim Aufbau und Betrieb einer Werklogistik.

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