Pilotprojekte für die Wasserstoffwirtschaft Gasterminals, Pipelines, Kraftwerke: In Ost- und Mitteldeutschland nimmt die Wasserstoffwirtschaft Gestalt an

Ein Gastbeitrag von Konstantin von Oldenburg, Geschäftsführer
, VNG Handel & Vertrieb GmbH

Die Wasserstoff-Wirtschaft hat ein Henne-Ei-Problem. Wer den gordischen Knoten der Dekarbonisierung durchtrennen will, muss gleichzeitig Erzeugung, Infrastruktur, Verteilung und Nutzung angehen. Wie das aussehen kann, erproben Gasexperten in Ostdeutschland. Entsteht hier der Nukleus der H2-Revolution?

Zu den Herausforderungen der Wasserstoffwirtschaft gehört die notwendige Verteilinfrastruktur in Form von Pipelines.
Zu den Herausforderungen der Wasserstoffwirtschaft gehört die notwendige Verteilinfrastruktur in Form von Pipelines.
(Bild: Dirk Brzoska)

Die derzeitige politische Situation und Energiekrise stellen die Industrie vor große Herausforderungen. Seit Beginn der Energiepreiskrise Ende 2021 als Folge des sprunghaften Anstiegs der Großhandelspreise nach dem Corona-Tief, unternimmt die Energiewirtschaft beachtliche Anstrengungen für die Versorgungssicherheit. Dabei rücken zunehmend Alternativen für fossile Energieträger in den Fokus, um neben der Gewährleistung der Versorgung die Ziele der Bundesregierung für eine erfolgreiche Energiewende zu unterstützen.

Gashandelsgesellschaften sind dabei besonders gefordert: So hat die VNG AG im Jahr 2017 den konzernübergreifenden Strategieprozess VNG 2030+ angestoßen, der die Rolle des Unternehmens in der Energiewende definieren und Aufgaben und Portfolio der Gruppe diversifizieren soll. Dazu gehört auch eine Reihe konkreter Projekte, an denen die VNG beteiligt ist und von denen einige die erste Umsetzungsphase erreicht haben.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 5 Bildern

Rostock wird H2-Hafen

Auch in Zukunft wird Deutschland mit Blick auf die Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung auf Importe zurückgreifen müssen - auch die VNG und ihre Handels- & Vetriebsgesellschaft, die VNG Handel & Vertrieb (VNG H&V), will sich daher bei Import und Produktion grüner Energieträger beteiligen.

So wurde gemeinsam mit Equinor das deutsch-norwegische Wasserstoff-Projekt H2GE Rostock auf den Weg gebracht, das auf den Erdgastransport aus Norwegen nach Rostock und der Wasserstoffversorgung Ostdeutschlands abzielt. Dabei wird blauer Wasserstoff aus Erdgas gewonnen, indem Methan in Wasserstoff und Kohlendioxid gespalten wird.

DAS WASSERSTOFF-FORUM 2023

Das Wasserstoff-Forum vom 20. bis 21. November 2023 ist die Plattform für Wasserstofftechnologien und -lösungen aus der Perspektive der Industrie: Erzeugen, Transportieren, Speichern und Nutzen stehen im Mittelpunkt der praxisorientierten Vorträge und Workshops. Mit dabei: Best-Practices, konkrete Lösungen und technologische Entwicklungen, mit denen Sie sich schon heute für die Wasserstoff-Infrastruktur der Zukunft fit machen!

Jetzt Ticket sichern!

Das Ziel ist jetzt, Technologien zur Abscheidung und Nutzung von CO2 bzw. zum Transport und zur sicheren On- und Offshore-Speicherung des Gases im industriellen Maßstab zu nutzen. In Rostock soll eine Anlage mit einer Zielleistung von 1,3 Gigawatt und einer jährlichen Wasserstoff-Produktionskapazität von bis zu 230. 000 Tonnen errichtet werden. Das entspricht fast 20 Prozent des derzeitigen deutschen Wasserstoffmarktes.

Mit Wasserstoff und Carbon Capture

Die Abtrennung und Verflüssigung von jährlich fast zwei Millionen Tonnen Kohlendioxid aus der Wasserstoffproduktion sowie die Verschiffung des verflüssigten CO2 nach Norwegen stellen wichtige Projektelemente dar. Aktuell sprechen die Projektpartner mit der Politik vor Ort zur Standortfrage und entwickeln eine Roadmap, um die Hansestadt künftig zum Hub für dekarbonisierte Gase zu machen.

Dabei konzentriert sich der Gaskonzern aus Leipzig nicht alleine auf blauen Wasserstoff, sondern arbeitet an verschiedenen Quellen emissionsfreien Gases: So wird ebenfalls über Rostock gleichzeitig der Import großer Mengen "grünen" Elektrolyse-Wasserstoffs mittels Ammoniakschiffen vorbereitet: Dabei kooperiert die VNG mit dem Projektentwickler Total Eren, welcher in Chile eine durch 10 GW Onshore-Wind gespeiste 8 GW Elektrolyse-Anlage und die entsprechende Ammoniaktransportinfrastruktur errichtet. Die VNG H&V beschäftigt sich dabei mit der Übernahme des Ammoniaks in Deutschland sowie den Vertriebsaussichten im Osten Deutschlands.

So soll die Chemie mit Wasserstoff grün(er) werden

Ebenfalls auf dem Weg in die Umsetzung weit fortgeschritten ist das Reallabor Energiepark Bad Lauchstädt, bei dem VNG mit Partnern (Terrawatt, Uniper, VNG Gasspeicher, Ontras, DBI) daran arbeitet, ein Joint Venture für die Wasserstoff-Erzeugung und -Vermarktung auf den Weg zu bringen. Im Energiepark Bad Lauchstädt soll mithilfe des Elektrolyseurs und grünem Strom aus einem nahegelegenen Windpark grüner Wasserstoff produziert werden.

Das Gas soll anschließend über eine umzuwidmende ca. 20 Kilometer lange Gasleitung der Ontras Gastransport an die chemische Industrie im benachbarten Leuna geliefert werden. In einer zweiten Phase des Projektes soll der hergestellte grüne Wasserstoff in einer eigens dafür ausgestatteten 180 Meter hohen Salzkaverne der VNG Gasspeicher zwischengespeichert werden. In Anbetracht dieser hervorragenden infrastrukturellen Voraussetzungen ist Bad Lauchstädt ein idealer Nukleus, um die komplette Wasserstoff-Wertschöpfungskette im industriellen „Reallabor-Status“ umzusetzen und den inländischen Markthochlauf aktiv mitzugestalten.

Elektrolyse, Power-to-X und Brennstoffzelle: Das sind die Top-Themen beim Wasserstoff
Bildergalerie mit 14 Bildern

Warm dank Wasserstoff: Kommt jetzt das H2-Heizkraftwerk

Wie diese grüne Wasserstoffinfrastruktur aussehen kann, untersucht auch das Projekt Green Root zwischen der VNG AG und HyCC, einem Joint Venture aus Nobian und der Macquarie Asset Management’s Green Investment Group, bei dem eine Studie über die technische Machbarkeit und das Potenzial der Erzeugung von grünem Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Industrie mit dem Bau einer oder mehrerer Elektrolyse anlagen im dreistelligen MW-Bereich kombiniert wird. Projektstandort soll Mitteldeutschland mit seiner Chemieindustrie werden.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Allerdings ist es nicht mit der Erzeugung von "grünem" Wasserstoff getan: Das Gas muss verteilt und natürlich auch in geeigneten Prozessen genutzt werden. Zu diesem Zweck will das Verbundprojekt LHyVE („Leipzig Hydrogen Value Chain for Europe“) exemplarisch die gesamte Wasserstoffwertschöpfungskette in und um Leipzig abbilden. Zu den Partnern im Projekt gehören die L-Gruppe, der Anlagenbauer EDL Anlagengenbau und die VNG-Tochter Ontras Gastransport, die gemeinsam das Heizkraftwerk Süd auf die Wasserstoffnutzung umstellen wollen. Tatsächlich ist das Gasturbinenkraftwerk bereits weitgehend H2ready, erklären die Partnerunternehmen. VNG wird in Zukunft die Wertschöpfungskette komplementieren und mit dem Teilvorhaben LHyVE Flexibilisierungen für Speicherung, Handel und Import von grünem Wasserstoff sorgen.

VNG bündelt also die H2-Kompetenzen unter einem Dach und kann damit den Weg entlang der gesamten Wertschöpfungskette in eine dekarbonisierte Welt tatkräftig mitgestalten. (dst)

(ID:49209776)