Pharmamarkt Einmal mischen bitte: Neue Spielregeln für die Pharmaindustrie

Von Anke Geipel-Kern

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Personalisierte Medizin, Automatisierung und Nachhaltigkeit: Wie die Pharmabranche mit dem Umbruch umgeht und was das für die Zulieferindustrie bedeutet.

In der Pharmabranche ändern sich gerade viele Rahmenbedingungen.
In der Pharmabranche ändern sich gerade viele Rahmenbedingungen.
(Bild: ©sumire8; ©industrieblick; ©Gorodenkoff; ©catalin; ©unlimit3d - stock.adobe.com)

In der Pharmaindustrie werden gerade die Karten neu gemischt. Individualisierte Medizin, Automatisierung und Digitalisierung sind die Asse, die am Besten jedes Unternehmen im Ärmel hat und der Trend zur Nachhaltigkeit könnte sich bald als echter Joker erweisen.

Der Pharmamarkt wächst ungebrochen mit Raten von drei bis sechs Prozent jährlich und ein Ende sei nicht abzusehen. Das sagen zumindest die Experten von IMS Health in ihrer aktuellen Studie. Gute Karten haben auch Unternehmen, die auf dem Generikamarkt und den „Pharmerging Markets“ unterwegs sind – für letztere sagen die Experten ein Wachstum von zehn Prozent voraus, vergleicht man mit den etablierten Märkten in Europa, Nordamerika und Japan.

Pharma wird wieder innovativer

Auch die Zahl der echten Innovationen lässt sich laut der Analysten von IMS Health in 2021 sehen. 84 neuartige Arzneistoffe haben Novartis, Pfizer und Co. auf den Markt gebracht, doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren. Von den 72 neuen Pharmaka, die 2021 in den USA auf den Markt kamen, wurden 44 von der FDA als First-in-Class-Präparate eingestuft. Mehr als die Hälfte hatte bei der Zulassung einen Orphan-Drug-Status.

Alles Bio oder was?

Besonders spannend ist der Blick auf das Feld der Biotherapeutika und hier die der nächsten Generation. Die Zulassungen des Gentherapeutikums Zolgensma von Novartis und der CAR-T-Zelltherapien Kymriah (Novartis) oder Yescarta von Kitepharma waren hier nur die Spitze des Eisbergs. Hinter den Kulissen arbeiten die Unternehmen fieberhaft. Momentan sind 800 Therapien in der Pipeline, 2019 waren es „nur“ 600. Schwerpunkte sind neben den CAR-T- und NK-Zell-Therapien, Gen-Editierung und RNA-Therapeutika.

Solche Therapien haben nicht nur disruptive Kraft. Sie wecken auch den Ehrgeiz von Unternehmen, die bisher in anderen Märkten unterwegs waren: Beispiele sind Optima, Harro Höfliger und Bausch+Ströbel – die alle neue Produktionsmethoden für Gentherapien entwickeln.

Alle Zulieferunternehmen beobachten diese Entwicklungen sehr genau, denn wer hier auf das falsche Blatt setzt oder zu spät kommt, den bestraft der Markt. Die Erwartungen sind hoch. Der Bedarf an „Ready-to-use“-Equipment und solchem, das schnelle Rüstzeiten ermöglicht, werde steigen, erwartet Johannes Rauschnabel, Chief Pharma Expert bei Syntegon.

Jeder wolle nur Geld für zukunftsfähiges Equipment ausgeben und das heißt für ihn vor allem: Digitalisierung. Auch bei der Automatisierung hat die Branche Nachholbedarf, was in Zukunft steigende Investitionen erwarten lässt und die Automatisierungsunternehmen freuen dürfte: „Alles was automatisiert werden kann, wird automatisiert“, betont Rauschnabel.

Der neue Annex 1 setzt voll auf Automatisierung

Hinzu kommt, dass auch die regulatorischen Anforderungen in Richtung Automatisierung zeigen und das meint hier vor allem Robotertechnik. Der Annex 1, so etwas wie die Bibel der aseptischen Herstellung, ist gerade in der Revision und wird nach seiner Finalisierung, die am Ende des Sommers erwartet wird, keinen Stein auf dem anderen lassen. In 15 Ländern gelte die Richtlinie, die endlich das nationale Wirrwarr der Vorschriften harmonisieren soll, sagt Rauschnabel.

Einen riesigen Einfluss erwarten Pharmaexperten und entsprechend groß sind die Erwartungen. Greift der Annex nach einer Übergangsfrist, wird das unweigerlich einen Modernisierungsschub für bestehende Sterilfertigungen auslösen.

Kern der Guideline ist die strikte Trennung zwischen Mensch und Wirkstoff durch Barrieresysteme. „Der Mensch soll aus der sterilen Zone raus“, betont der Syntegon-Experte. Und das geht nur durch den konsequenten Einsatz von Robotertechnik und Cobots. Fernziel sei die handschuhlose Sterilproduktion – die Königsklasse der Automatisierung.

Auf die Maschinenbauer kommt also einiges zu: multifunktionale Roboter- und elektromagnetische Transportsysteme sind nur einige der Technologien, die momentan noch im Entwicklungsstadium sind.

Auch die Pharmabranche wird jetzt umweltbewusst

Getrieben wird die Branche aber nicht nur von den Regulierungsbehörden, sondern ebenso von Politik und Gesellschaft. Auch die Pharmaindustrie soll nun ihren Beitrag zur Umwelt- und Ressourcenschonung leisten und die Unternehmen fangen langsam an, ihre Hausaufgaben zu machen. Kaum ein Pharmaplayer, der es sich nehmen lässt, das Thema Nachhaltigkeit auf seiner Webseite zu propagieren: GSK etwa.

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Der Pharmariese plant „bis 2030 eine ausgeglichene Klimabilanz und einen positiven Nettoeffekt auf die Natur zu erreichen“ und verweist auf Einsparungen bei Kohlenstoffemissionen um 34 Prozent bei den Deponieabfällen um 78 Prozent und beim Gesamtwasserverbrauch um 31 Prozent in 2019.

Druck übt das auch auf die Zulieferunternehmen aus, die den Unternehmen gemäß Scope 2 ihren CO2-Abdruck nachweisen müssen. Investiert wird mittlerweile auch in energiesparende Technologien, weiß Dr. Harald Stahl, Leiter für Innovation & Strategie bei Gea Pharma & Healthcare. Deshalb hat Gea schonende Alternativen für die Gefriertrocknung entwickelt, die mit einem Luftkreislaufsystem arbeiten, das auch eine CO2-Kühlung beinhaltet.

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