VCI-Forschungspressekonferenz Über Digitalisierung, China und einen Rekordetat
Deutschland bricht den Vorjahresrekord beim Etat für Forschung und Entwicklung in der chemisch-pharmazeutischen Branche. Doch es gibt auch noch einiges zu tun am Innovationsstandort Deutschland, wie der Vorstand des Verbandes der chemischen Industrie (VCI) auf einer Pressekonferenz in Frankfurt erklärte. Wo noch Nachbesserungsbedarf besteht, erfahren Sie hier.
Anbieter zum Thema

Frankfurt a.M. – Zuerst die guten Nachrichten: Die deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen werden in diesem Jahr voraussichtlich zum achten Mal in Folge einen höheren Etat für Forschung und Entwicklung (FuE) aufwenden können. Dies teilte der VCI-Vorsitzende Thomas Wessel am 21. August bei einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main mit. So sollen bis Ende 2018 voraussichtlich insgesamt 11 Milliarden Euro investiert werden (s. Abb. 1 in der Bildergalerie). Die Chemie- und Pharmabranche bleibe somit ein starker Innovationstreiber, wie Wessel betont. Gut 60% der Unternehmen arbeiten an neuen Verfahren und Produkten - ein Anteil, der mehr als doppelt so groß ist wie im verarbeitenden Gewerbe (Stand 2016, s. Abb. 2 in der Bildergalerie).
Innovationsaufsteiger aus dem Fernen Osten
Dass man sich aber auf diesem Trend nicht ausruhen sollte, verdeutlicht der VCI-Vorstand mit einem Blick auf den internationalen Wettbewerb. Gemessen an den anteilmäßigen FuE-Aufwendungen – bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt – liegt Deutschland hier lediglich auf Platz sieben, hinter Spitzenreiter Israel, sowie Korea, der Schweiz, Schweden, Japan und Österreich (s. Abb. 4 in der Bildergalerie). Zwei weitere große Aufsteiger im chemisch-pharmazeutischen Forschungsbereich sind zudem, wie schon seit einigen Jahren, China und die USA.
Die USA profitieren Wessel zufolge von stärkerer staatlicher Förderung und Steuervorteilen, während China mit jährlich enorm steigenden Forschungsausgaben nach vorne dränge und schon seit einigen Jahren die Nation mit der höchsten Anzahl an wissenschaftlichen Publikationen weltweit sei. Doch auch in China gibt es besonders lukrative Zuschüsse: Beispielsweise einen erhöhten Abzug von Betriebsausgaben von zusätzlichen 50% für Aufwendungen zur Entwicklung neuer Technologien und Produkte.
Ausbildung im digitalen Wandel
Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, müsse Deutschland daher aktiv werden. „Das Fundament ist gegossen, aber an einigen Stellen stockt der Rohbau“, kommentiert Wessel die politischen Rahmenbedingungen für Innovationen in Deutschland. Konkret sehe er zum Beispiel Verbesserungsbedarf bei der Unterstützung von Start-Ups und in der Ausbildung des fachlichen Nachwuchses. Insbesondere im Zuge der Digitalisierung müsse schließlich auch die Ausbildung in den Naturwissenschaften die nötigen technologischen Kenntnisse vermitteln.
Der Fonds der Chemischen Industrie fördert daher in diesem Jahr Hochschulen und Lehrer mit 200.000 Euro, die sich für digitale und informationstechnische Lehrinhalte einsetzen. Dies sei aber nur ein kleiner Anreiz. Für eine nachhaltig erfolgreiche Förderung sieht Wessel die Bundesregierung in der Pflicht und hofft auf angemessene Reformen der Lehrpläne und staatliche Zuschüsse für junge innovative Unternehmen.
Zwar enthalte der Koalitionsvertrag durchaus richtige Ansätze für einen Modernisierungskurs, aber das genüge nach Wessels Meinung noch nicht: „Zukunftsorientiertes Denken und Handeln sind für einen erfolgreichen Forschungsstandort Deutschland unumgänglich, denn mit einem Status quo dürfen wir uns nicht zufriedengeben. Ich bin überzeugt: Das wird sich für Deutschland auszahlen.“
Öffnen für Neues
Für notwendig hält Wessel auch einen Innovations-Check. Damit sollen bestehende und künftige Gesetze überprüft werden, wie sie sich auf die Innovationskraft auswirken. Das gelte vor allem bei der Regulierung neuer Technologien wie jüngst dem Gene-Editing. In diesem Zusammenhang bedauert er auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, welches durch Mutagenese gewonnene Organismen als genetisch veränderte Organismen einstuft: „Es basiert nicht auf heutigen wissenschaftlichen Fakten, sondern blockiert das Potenzial von Crispr/Cas und Co.“ Damit Innovationen in Deutschland besser gedeihen können, wirbt Wessel daher für mehr Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem. Dazu sei es wichtig, faktenbasierte Erkenntnisse stärker als bisher zu berücksichtigen.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1431800/1431877/original.jpg)
Genome Editing
Was halten Verbände vom Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Genome Editing?
(ID:45458876)