China Market Insider Sinopec will Wasserstofftankstellen-Weltmeister werden

Von Henrik Bork

Anbieter zum Thema

Chinas größter petrochemischer Konzern Sinopec will seine Position als Marktführer in der Wasserstoff-Industrie des Landes weiter ausbauen. Dazu will das Unternehmen in den kommenden fünf Jahre 1000 Wasserstofftankstellen in China bauen. Das sind mehr als doppelt so viele wie es momentan weltweit gibt.

Mit dem Format „China Market Insider“ berichtet PROCESS regelmäßig über den chinesischen Chemie- und Pharmamarkt.
Mit dem Format „China Market Insider“ berichtet PROCESS regelmäßig über den chinesischen Chemie- und Pharmamarkt.
(Bild: ©sezerozger - stock.adobe.com)

Peking/China – Sinopec folge damit einer ähnlichen Ankündigung mit ambitionierten Wasserstoffplänen seines Konkurrenten Petrochina, berichtete PROCESS (China). Insgesamt will der Konzern 1000 Tankstellen aufbauen – entweder reine Wasserstoff-Tankstellen oder kombinierte für Wasserstoff und Benzin zusammen.

Dieser Plan des chinesischen Petro-Giganten, der als Unterstützung des neuen chinesischen Fünf-Jahres-Planes für die Jahre 2021 bis 2025 zu werten ist, wird voraussichtlich der Wasserstoffproduktion in der petrochemischen Industrie und auch der Entwicklung der Brennstoffzelle im Transportwesen weltweit neuen Auftrieb geben.

Momentan gibt es weltweit etwa 458 Wasserstoff-Tankstellen (die Zahl stammt vom November 2020, wobei ständig neue Stationen in Betrieb genommen werden). Japan hat 146 Wasserstoff-Tankstellen und ist damit weltweit führend. China hatte bis zu diesem Zeitpunkt 88 Tankstellen, und hatte damit bereits Deutschland vom zweiten Platz verdrängt (87). In den USA gibt es 45 Wasserstoff-Tankstellen, 44 davon in Kalifornien.

Jüngste Zahlen weisen daraufhin, dass der Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur in China noch weiter beschleunigt worden ist. Bis Ende 2020 habe es in der Volksrepublik schon 127 Wasserstoff-Tankstellen gegeben, berichtet das Wirtschaftsmagazin Caixin. Dies sei ein landesweiter Anstieg von 92 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Trotzdem sind 1000 weitere solcher Anlagen eine deutliche Ansage, dass Chinas Staatsbetriebe und die hinter ihnen stehende Kommunistische Partei den Wasserstoff als wichtige Alternative zu fossilen Brennstoffen und auch zur E-Mobilität betrachtet.

Sinopec sehe die Wasserstoffindustrie klar als Zukunftschance und wolle sich nun entsprechend positionieren, sagen Industriebeobachter in Peking. Schon jetzt produziert der Konzern 3,5 Millionen Jahrestonnen Wasserstoff und ist damit Marktführer in China. Auch diese Produktion von Wasserstoff will das Unternehmen in den kommenden Jahren noch einmal deutlich ausbauen.

Chinas ambitionierte Klimaschutzpläne bedeuten gleichzeitig, dass der Anteil von „grünem Wasserstoff“ künftig deutlich gesteigert werden muss. Momentan werden nur rund fünf Prozent des Wasserstoffs in China auf wirklich nachhaltige Weise produziert – durch Elektrolyse von Wasser mit Hilfe von erneuerbaren Energien. 60 Prozent des Wasserstoffs in China wird derzeit noch mit Hilfe von Kohle erzeugt. Im Konzern gebe es auch Bestrebungen, die Produktion von wirklich klimafreundlichem Wasserstoff voranzutreiben. „Sinopec will sich zum Champion einer Bewegung hin zu grünem Wasserstoff machen”, schreiben Industriebeobachter von Argus Media.

Der sogenannte graue Wasserstoff, der aus Naturgas gewonnen wird, soll nun schrittweise durch „grünen Wasserstoff“ ersetzt werden. Dazu hat Sinopec unter anderem im Januar eine neue Kooperation mit der GCL Group und vier anderen Unternehmen für den Ausbau der photovoltaischen Wasserstoffproduktion begonnen. Auch neue Großanlagen zur photovoltaischen Stromerzeugung, Forschung & Entwicklung von Batteriematerialien sind neben der Erzeugung und Distribution von Wasserstoff Gegenstand dieser Zusammenarbeit.

Es geht dem Chemiekonzern also um deutlich mehr als um den Umbau seines existierenden Tankstellennetzes für den Wasserstoff. Vielmehr plant das Unternehmen, in mehreren Bereichen der neuen Wasserstoff-Wertschöpfungskette tätig zu werden. „Sinopec, ein Veteran unter den Staatsbetrieben, baut an einem neuen Energienetzwerk, das den angestrebten Höhepunkt der Kohlendioxidemissionen zum Anlass nimmt, die Integration von Wind, Sonnenenergie und Wasserstoff auf die Landkarte zu setzen”, schreibt das Fachportal Weike Wang.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte vergangenes Jahr überraschend das Ziel verkündet, China schon bis 2060 klimaneutral zu machen, also noch schneller als im Pariser Klimaschutzabkommen ursprünglich zugesagt. Die Förderung neuer Energien läuft seither in ganz China auf Hochtouren.

Das Wirtschaftsmagazin Caixin mutmaßte nach der Ankündigung, dass sie einer stärkeren Förderung von Autos mit Brennstoffzellen in China den Weg ebnen könnte. Erst wenn die Infrastruktur von Tankstellen da sei, können man mit dem Verkauf von mehr Brennstoffzellen-Fahrzeugen rechnen, schrieb das Blatt.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Im vergangenen Jahr sind in China nur 1177 Autos mit Brennstoffzellen verkauft werden - also eine völlig insignifikante Zahl im größten Automobilmarkt der Erde. Das waren sogar 57 Prozent weniger als im Vorjahr, berichtet der chinesische Verband der Automobilhersteller. Viele Verbraucher sorgten sich aufgrund des unvollständigen Tankstellen-Netzes noch um die Reichweite dieser Fahrzeuge. Auch war die politische Förderung bislang eher mau.

Genau das hat sich nun geändert. In einem neuen Gesetz vom April vergangenen Jahres ist Wasserstoff erstmals als Energiequelle auf eine Stufe mit fossilen Treibstoffen und Strom gestellt worden, was Experten zufolge auf einen Gesinnungswandel in Peking in Sachen Wasserstoff schließen lässt. Fahrzeuge mit Brennstoffzellen werden seit letztem Jahr in China wieder stärker gefördert. Auch den Einsatz von Wasserstoff als sauberer Energieträger in Haushalten und in der Industrie will die Zentrale in Peking weiter ausbauen.

* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.

(ID:47259641)