Pumpen Pumpen-Forum 2018 – zwischen digitalen Tools und analogem Pumpen-Alltag

Autor / Redakteur: Hans-Jürgen Bittermann / Jörg Kempf |

Pumpen sind in der industriellen Produktion das oft zitierte „Herz“, ohne das buchstäblich nichts läuft. Warum geht das Management in vielen Unternehmen aber so herzlos mit diesem wichtigen Asset um? Geschulte Pumpen-Kardiologen sind eine zunehmend rare Spezies. Löst die Pumpe 4.0 dieses Dilemma? Nicht immer, wie auf dem Pumpen-Forum 2018 zu erfahren war.

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Ohne Pumpe läuft gar nichts! Eine der Kernbotschaften des Pumpen-Forums lautet: Dabei gilt es immer das Gesamtsystem zu betrachten, egal ob es um die Auslegung, den sicheren Betrieb oder die Energieeffizienz geht.
Ohne Pumpe läuft gar nichts! Eine der Kernbotschaften des Pumpen-Forums lautet: Dabei gilt es immer das Gesamtsystem zu betrachten, egal ob es um die Auslegung, den sicheren Betrieb oder die Energieeffizienz geht.
(Bild: Kempf/PROCESS)

Das von PROCESS zusammen mit einem hochkarätigen Experten-Beirat konzipierte Pumpen-Forum balanciert regelmäßig zwischen zwei großen Themen-Blöcken: Auf der einen Seite tragen Referenten Neuentwicklungen vor oder referieren über glänzende Best Practices. Einen ähnlich breiten Raum nehmen Berichte aus dem Schattenreich ein: über den falschen Einsatz bestimmter Pumpentypen oder die Ursache von Pumpenschäden. Wenn – wie in diesem Jahr mehrfach vorgestellt – digitale Innovationen Pumpenschäden mindern oder sogar verhindern, ist den Referenten besondere Aufmerksamkeit gewiss.

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Die Pumpenwelt wird digitaler

Das galt ganz gewiss für den Beitrag von Oliver Jung (Grundfos), der sich den Entwicklungsschwerpunkten der Branche widmete. Nachdem in den vergangenen Jahren die Anforderungen an die Effizienz von Pumpen seitens der EU immer weiter verschärft wurden, entwickelte die Pumpenindustrie parallel dazu teilweise komplett neue, effizienzsteigernde Funktionalitäten, die nicht zuletzt neuartige Geschäftsmodelle ermöglichten. Und die Digitalisierung treibt auch die Pumpentechnik voran: Adaptive Algorithmen, Vernetzung, Cloud-Anbindung und Predictive Maintenance sind die aktuell verfügbaren und genutzten Ergebnisse der digitalen Transformation. Jung: „Die Herausforderung ist es nicht, Daten zu sammeln, sondern diese zu analysieren und zu nutzen.“ Dabei plädiert er eher für Qualität denn Quantität: Immer nur so viele Daten und in einer Qualität (Feinheit) generieren, wie erforderlich und nutzbar ist.

Jung beantwortet auch die Frage, welchen konkreten Nutzen der Betriebsingenieur von der digitalen Transformation bzw. von darauf basierenden neuen Geschäftsmodellen habe: Es ist in aller Regel die vertiefte Transparenz und damit die höhere Verfügbarkeit der Anlage, verbunden mit einer verbesserten Produktivität. Auch Sicherheits- und Umweltschutzaspekte spielen eine Rolle – wer die relevanten Prozessparameter stets im Blick hat, vermeidet bzw. reduziert Fehler. „Mit Energieeffizienz allein können Sie heute niemand mehr locken; interessanter ist die Prozessoptimierung.“

Effizienter dank Simulation

Trotz dieser relativierenden Einschätzung ist die Energieeffizienz natürlich nach wie vor eine große Herausforderung. Der systematische Einsatz numerischer Simulation könne entscheidend zur Entwicklung effizienterer Pumpen beitragen, zeigte sich Dr. Barbara Neuhierl (Cadfem) überzeugt. Als gelungenen Einsatz von numerischer Simulation präsentierte sie die weltweit größte Chemiepumpe aus Kunststoff, die Munsch für eine Kupfermine in Sambia zu liefern hatte. „Diese Sonderentwicklung in nur acht Monaten verfügbar zu machen war nur durch Einsatz von gekoppelter numerischer Simulation realisierbar“, so die Referentin.

Mit dem „inversen Design“ stellte sie einen neuartigen Prozess zur Auslegung von Radialrädern für Kreiselpumpen vor. Der besondere Vorteil dieser ganzheitlichen Produktsimulation ist, dass mehrere physikalische Disziplinen simultan optimiert werden können: „Damit sind insgesamt weniger Design-Iterationen erforderlich.“

Lösungen für das hier und jetzt

Der 3D-Druck (besser: die additive Fertigung) fasziniert schon seit Jahren die Fachwelt. Was anfangs nur mit Kunststoffen möglich war, erobert mittlerweile auch die Welt der Metalle und selbst der Keramiken, wie Sebastian Liebisch von Schunk Ingenieurkeramik berichtete: Das Unternehmen hat ein 3D-Druck-Verfahren für SiSiC entwickelt und ist damit bislang Pionier auf diesem Gebiet. „Das neue Verfahren erweitert die Einsatzmöglichkeiten von SiSiC im Pumpenbau. Es ist jetzt möglich, sehr komplexe und komplizierte Formen zu realisieren, die mit den bisherigen Formgebungsverfahren nicht möglich gewesen sind!“

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Ein längeres Pumpenleben verspricht eine Oberflächenbeschichtung durch thermisches Spritzen, so Jens Putzier vom gleichnamigen Unternehmen. Bei diesem Verfahren wird der Beschichtungswerkstoff in einem Gasstrahl erschmolzen und mit hoher Geschwindigkeit auf die Oberfläche des Substrats aufgetragen. Die wiedererstarrten Partikel bilden eine mikroporöse Schicht auf dem Substrat. Putzier stellte eine Vielzahl von Möglichkeiten vor, wie eine Beschichtung den Grundwerkstoff veredeln könne – Erhöhung der Wärmedämmung (z.B. Zirkonoxid), Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit und der elektrischen Leitfähigkeit (z.B. Kupfer oder Aluminium), Verschleißschutz (z.B. Wolframkarbid, Chromoxid), Korrosionsschutz (z.B. Silber, Niob, Tantal, Nickel). Hinzu kommt die Möglichkeit der Reparatur von verschlissenen oder fehlbearbeiteten Bauteilen.

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Keynote: Innovationsfähigkeit = Zukunftssicherung

In seiner Keynote befasste sich Prof. Eberhard Schlücker (Lehrstuhl für Prozessmaschinen und Anlagentechnik (IPAT) der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg), mit einem etwas beunruhigenden Thema: „Ist der Technologie-Standort Deutschland in Gefahr?“, so seine Frage. Auch wenn das abwegig erscheint – Deutschland ist weiter Exportweltmeister, was nicht nur beim US-Präsidenten Donald Trump auf Missfallen stößt – es ist keineswegs unmöglich, wie Schlücker und sein Team in einer Studie beschreiben.

Gefahren sieht er einerseits durch den zunehmenden Preiskampf, der Investitionen in Innovationen stark behindere, und andererseits durch das Gefühl scheinbarer Überlegenheit – eben getrieben durch die hohen Exportraten. Verstärkt werde dieser Effekt, so Schlücker, durch sinkende technische Exzellenz aller Protagonisten in der Branche.

„Wir leben derzeit von der Substanz“, stellt Schlücker fest. Er plädiert für neue Denkansätze („Aus weniger mach mehr“) und für Kooperationen. Die Problemlösungskompetenz durch Verständnis ist aus seiner Sicht sehr wichtig – sie gehe aber in Deutschland zusehends verloren.

Schlücker: „Die Situation ist ernst, aber nicht alternativlos.“

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