Pumpen-Instandhaltung Nicht nur auf die Pumpe, auch auf vor- und nachfolgende Anlagen kommt’s an

Von Sabine Mühlenkamp

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Man kann die Pumpe getrost als Herz der chemischen Produktion betrachten. Fällt sie aus, kommen die fein abgestimmten Abläufe ins Stocken. Regelmäßige Check-ups durch erfahrene Mitarbeiter sind daher sinnvoll. Worauf es ankommt? Ein Pumpenexperte erzählt …

„Früher war der Service-Bereich bei Habermann Aurum relativ klein, pro Jahr wurden lediglich zehn Pumpen im Haus repariert, heute durchlaufen 500 Pumpen pro Jahr unsere Werkstatt“, so Stefan Leuchtenberger (rechts außen), Geschäftsleiter Technik, Produktion und Services, hier mit „seiner“ Mannschaft.
„Früher war der Service-Bereich bei Habermann Aurum relativ klein, pro Jahr wurden lediglich zehn Pumpen im Haus repariert, heute durchlaufen 500 Pumpen pro Jahr unsere Werkstatt“, so Stefan Leuchtenberger (rechts außen), Geschäftsleiter Technik, Produktion und Services, hier mit „seiner“ Mannschaft.
(Bild: Leuchtenberger/Habermann Aurum Pumpen)

Vor 40 Jahren hätte Stefan Leuchtenberger wohl kaum gedacht, dass das Thema Pumpe zum großen Teil sein Leben bestimmen würde. Zum einen hat man als Jugendlicher meist andere Dinge im Kopf, zum anderen war es nicht abzusehen, dass die Ausbildung zum Betriebsschlosser bei der damaligen Sachtleben Chemie in Duisburg den Grundstein für seine heutige Pumpenexpertise legte. „Mein Glück war, dass ich schon als 17-Jähriger von den alten Hasen unter die Fittiche genommen wurde“, beschreibt er die Anfänge seiner Lehrzeit, die immer wieder in die dortige Pumpenwerkstatt führte.

Einer der dortigen alten Hasen, Fritz Volz, bestärkte ihn, den Meister anzuhängen. Nachdem Leuchtenberger mit 23 Jahren der jüngste Meister in Duisburg war, drängelte sein Chef schon wieder – die Techniker-Abendschule war das nächste Ziel. „Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon so viel praktische Erfahrungen rund um die Pumpe gesammelt, dass ich dort teilweise den Unterricht übernommen habe“, so Leuchtenberger, der bis heute junge Menschen für Pumpen begeistern will. Rund zehn Jahre nach dem Start als Lehrling übernahm er die Leitung der Pumpentechnik bei Sachtleben Chemie. Bis heute hat ihn das Thema Pumpe nicht losgelassen, allerdings hat sich seine Sichtweise immer wieder geändert, sei es als Betreiber, Dienstleister oder wie im Augenblick als Hersteller.

Fokus auf optimierte Lagerhaltung

Nachdem Leuchtenberger bei Sachtleben Leiter des Gesamtservices wurde, lag sein Fokus auf der Optimierung der Lagerhaltung und der Ersatzteilbeschaffung im Konzern. „Wir hatten 2010 etwa 2.500 Pumpen im Einsatz, aber wir beschränkten uns auf 130 Ersatzpumpen“, erklärt Leuchtenberger. Funktioniert hat diese „Minimalausstattung“, weil konsequent Wert auf die Standardisierung gelegt wurde und man sich bis ins Detail mit der Pumpe beschäftigte. „Wir waren vom ersten bis zum letzten Tag tief in der Pumpenthematik drin, setzten uns mit den Pumpenherstellern auseinander und legten jede Pumpe selbst aus“, erinnert sich Leuchtenberger. Besonders den letzten Aspekt hält er nach wie vor entscheidend, um eine unternehmensweite Standardisierung voran zu treiben und damit unabhängig vom Hersteller zu werden.

Dieses Detailwissen führte zu zahlreichen Neuentwicklungen: So erinnert sich Leuchtenberger an eine Anwendung, in der Dünnsäure verdampft wurde. Hierfür wurden zwölf spezielle Pumpen bestellt, die jedoch nur Ärger – sprich Korrosion, Abrasion, Probleme mit den metallischen Werkstoffen – bereiteten. Darauf erprobte man in der Pumpenwerkstatt unterschiedliche Werkstoffe und konstruierte die Pumpe für die Anwendung von Grund auf neu. Der Kniff bestand darin, die metallische Pumpe und keramische Werkstoffe miteinander zu kombinieren. Letztendlich wurde sogar mehrere Patente daraus. „Vor 30 Jahren hat keiner über Keramik in Verbindung mit Pumpen gesprochen. Selbst die Keramikhersteller waren skeptisch und wollten erst gar nicht mitziehen, das haben wir auf eigene Verantwortung umgesetzt“, erinnert sich Leuchtenberger. Aber die Zahlen gaben ihm recht, so wurden die Reparaturkosten um eine halbe Millionen Euro pro Jahr gesenkt. Viele der damals eingesetzten Pumpen laufen bis heute.

Kaum zu glauben, aber die Pumpenauslegung war bis in die 1990er Jahre Schwerstarbeit, alles musste mit der Hand gerechnet werden. Einer der wichtigsten Aufgaben für Leuchtenberger in der Zeit: Die Erstellung einer Datenbank, in der neben der Auslegung unter anderem die Schadenshistorie gepflegt wurde. Von diesem geordneten Wissen profitierte sein Nachfolger Andre Losemann, damals ein junger Mitarbeiter in der Sachtleben Chemie. Heute ist Losemann nicht nur Leiter Pumpentechnik Central Maintenance bei Lanxess Deutschland, sondern auch Programmbeirat und gefragter Referent auf dem jährlichen Pumpen-Forum in Würzburg.

Denn die Technik allein führt nicht zur Pumpenevolution, sondern vor allem der regelmäßige Austausch zwischen Betreibern und Herstellern. Das Teambuilding (obwohl das damals noch nicht unter dem Begriff lief) funktionierte, selbst nach Jahrzehnten treffen sich die Pumpenverrückten von der damaligen Sachtleben Chemie immer noch regelmäßig, etwa um über die Qualifizierung von Nachwuchskräften zu diskutieren.

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Im Dienst der Pumpe

Nach 27 Jahren in der Großchemie war es Zeit für Leuchtenberger, die andere Seite zu erkunden, und so wechselte er zu einem Service-Dienstleister für Rotating Equipment in Nordrhein-Westfalen. Dort gab es neue Aufgaben und Probleme aus Pumpensicht. Sein Credo: Pumpen, die vorzeitig ausfallen, sind nicht richtig ausgelegt oder falsch repariert bzw. werden nicht bestimmungsgemäß betrieben. Typisch sei etwa, dass sich das Fördermedium oder die Verfahrensweise ändert, die Pumpe aber nicht darauf abgestimmt wurde. „Mein Fokus lag längst nicht mehr nur auf der einzelnen Pumpe, sondern auf dem Gesamtbetrieb. Inzwischen geht man noch weiter und der Blick richtet sich auch auf die vor- und nachfolgenden Anlagen,“, beschreibt der Pumpenexperte den Blickwechsel. So wurden Konzepte für die zustandsorientierte Instandhaltung erarbeitet, um die MTBF (mean time between failure) zu steigern und die Betriebsausfälle zu reduzieren. Auch die Auslegungsparameter gehören regelmäßig überprüft.

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Hin und wieder waren es allerdings ganz banale Dinge, die Probleme bereiteten. So hatte Manfred Thamm, Bayer, der ein Kunde des Pumpendienstleisters war, einmal Probleme mit einer Dosierpumpe für ein Neutralisierungsmittel, um die Abluft zu desodorieren. Der Wert der Pumpe lag bei 500 Euro, daher fand man keinen, der die Pumpe verbessern wollte, obwohl die Abluft nach „Bärenscheiße“ stank. Das Team um Leuchtenberger war sich jedoch nicht zu schade, die Pumpe übers Wochenende zu optimieren und das Problem nachhaltig zu lösen. „Mein Vorteil war, dass ich immer den Fokus eines Anwenders hatte und mich gut in die Lage hinein versetzen konnte.“

Pumpe als Frühwarnsystem

„Nach wie vor halte ich eine transparente, lückenlose Dokumentation für die beste Grundlage in der Instandhaltung“ Stefan Leuchtenberger, Habermann Aurum Pumpen
„Nach wie vor halte ich eine transparente, lückenlose Dokumentation für die beste Grundlage in der Instandhaltung“ Stefan Leuchtenberger, Habermann Aurum Pumpen
(Bild: Leuchtenberger)

In den 1990er Jahren passierte einiges in der Pumpenwelt. So wurde die Chemienormpumpe neu konstruiert und auf dem Markt platziert. Zusätzlich stellten Atex, also der mechanische Explosionsschutz, und die CE-Kennzeichnung neue Anforderungen. In dieser Zeit kamen die ersten Sensorsysteme für die intelligente Zustandserfassung von Kreiselpumpen auf den Markt. Neben der Trockenlauferkennung und der Lagertemperaturmessung rückte etwa die Schwingungserfassung in den Fokus. Inzwischen haben sich die Schwingungsmessungen bewährt und finden großen Anklang und Akzeptanz. Leuchtenbergers Erfahrung ist aber auch, dass die filigrane Technik oft teuer und nicht robust genug für den Einsatz in der Chemiebranche ist. Zudem ist der technische Benefit oft nicht ausreichend. „Nach wie vor halte ich eine transparente, lückenlose Dokumentation, wie wir sie damals schon in der Pumpenwerkstatt betrieben haben, für die beste Grundlage in der Instandhaltung“, so die Erfahrung von Leuchtenberger. Dies gelte umso mehr, da heute die Life Cycle Costs außer Acht gelassen und die spätere Anlagenverfügbarkeit der Betreiber nicht berücksichtigt würden. Diese Erfahrungen sorgten immer wieder für lebhafte Diskussionen auf dem jährlichen Pumpen-Forum, in dem Leuchtenberger seit 2017 im Beirat ist.

Wechsel auf die andere Seite

Nun fehlte Leuchtenberger nur noch die Sichtweise eines Herstellers. Daher wechselte er 2019 zu Habermann-Aurum als Geschäftsleiter Technik, Produktion und Services. Sein Wissen als Instandhaltungsstratege nutzte er u. a. zum Aufbau eines Instandhaltungs-Managementsystems. „Früher war der Service-Bereich bei Habermann-Aurum relativ klein, pro Jahr wurden lediglich zehn Pumpen im Haus repariert, heute durchlaufen 500 Pumpen pro Jahr unsere Werkstatt“, so Leuchtenberger, der bedauert, dass das Thema Service immer noch stiefmütterlich behandelt wird. Dabei lässt sich mit Induktionsmeter und Amperemeter schon viel erreichen. „Früher liefen Pumpen trocken und wurden fehlbedient. Mit Induktionsmessungen wird der Motor einfach zwangsabgeschaltet, und sie können nicht trockenlaufen“, so Leuchtenberger. Überhaupt sei es sinnvoll, die Pumpe als Messgerät für den Prozess zu sehen. Hierfür ist es notwendig, das Verhalten einer Pumpe richtig zu interpretieren. Gelingt dies, ist die Grundlage für Industrie 4.0-Anwendungen gelegt.

Ich war immer ein Freund davon, regelmäßig einen Top-Pumpenschlosser mit viel Erfahrung Maschinen bewerten zu lassen.

Stefan Leuchtenberger, Habermann Aurum Pumpen

Beim Thema Sensorik bremst Leuchtenberger die Erwartungen. Häufig seien große Datenmengen vorhanden, die aber nicht mehr richtig interpretiert werden. „Ich war immer ein Freund davon, regelmäßig einen Top-Pumpenschlosser mit sehr viel Erfahrung Maschinen im Betrieb bewerten zu lassen. Dieser erkennt auch gleich, was sonst an der Anlage nicht ganz rund läuft. Dann ist auch die vorbeugende Instandhaltung immer gut aufgestellt“, lautet daher seine Empfehlung.

Große Erwartungen hat Leuchtenberger dagegen beim Thema 3D-Druck. Die Möglichkeit, verschiedene Bauteile drucken zu lassen und den sonst üblichen Gießprozess oder die mechanische Fertigung einzusparen, bietet für ihn gerade in der Instandhaltung interessante Möglichkeiten. Hier zählen Teileverfügbarkeit, Konformität mit der Spezifikation und natürlich der Beschaffungspreis. Lassen sich diese Faktoren für Ersatzteile mithilfe des 3D-Drucks in die richtige Richtung bewegen, bietet das nur Vorteile.

Nichts geht über den persönlichen Austausch

Leuchtenbergers Fazit: Das Thema Pumpe verbindet! Daher muss der persönliche Austausch intensiviert werden. Und wo gelänge dies besser als auf dem Würzburger Pumpen-Forum. Der dortige Erfahrungsaustausch zwischen Herstellern, Instandhaltern und Anwendern ist unbezahlbar. Es hilft, die „kleinen Dinge des Pumpen-Einmaleins“ nicht zu vergessen und dadurch Probleme in der Praxis zu erkennen und zu lösen. Häufig wird vergessen, dass bei der Einführung neuer Technologien, wie Industrie 4.0-Anwendungen, zunächst das Basiswissen stimmen muss. Und wer könnte dies besser vermitteln als alte Hasen mit langjähriger Branchenerfahrung?

Habermann Aurum Pumpen auf der Achema: Halle 8.0, Stand F52

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