Hochtemperaturprozesse Nicht einfach nur Druck machen: Hochtemperaturprozesse unter der Lupe

Von Frank Kufen, Dominik Stephan*

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Vorsicht, heiß! Hochtemperaturprozesse unter Druck – Wenn Materialien verpresst werden, ist die exakte Temperaturführung ebenso entscheidend wie der mechanische Prozess. Es gilt, aus dem Prozessbaukasten die richtigen „Bausteine“ auszuwählen, damit das thermische Verfahren zum Erfolg führt.

Die meisten indus­triellen Temperierprozesse setzen auf spezielle Thermal­öle, die bei Temperaturen bis etwa 430 °C eingesetzt werden können.
Die meisten indus­triellen Temperierprozesse setzen auf spezielle Thermal­öle, die bei Temperaturen bis etwa 430 °C eingesetzt werden können.
(Bild: Lauda)

Under Pressure oder The Heat is On: In vielen Industrieprozessen kommen Pressen zum Einsatz. Ob Tempern, Vulkanisieren oder Verpressen, ob Gummi, Metall oder Verbundbauteile, die exakte Temperaturführung ist ebenso wichtig wie die reine Presskraft.

„Temperierprozesse sind von entscheidender Bedeutung für die Materialeigenschaften von Pressteilen aus Gummi oder Komposit-Materialien,“ erklärt Alfred Semrau, Geschäftsleiter Heiz- und Kühlsysteme bei Lauda. Die Apparatebauer sind seit über 60 Jahren Spezialisten für thermische Verfahren und haben in dieser Zeit tausende von Temperiersystemen zum Heizen und Kühlen von Anlagen realisiert.

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Geht es um das Heizen oder Kühlen während des Pressvorgangs, rückt die Presse selbst in den Mittelpunkt: Anders als beim Waffeleisen in der heimischen Küche werden diese in aller Regel indirekt temperiert, also von einem flüssigen Wärmeträgermedium durchströmt.

Damit beginnt die Herausforderung, denn exaktes, automatisiertes Temperieren ohne örtliche Überhitzungen ist gar nicht so einfach und in der Regel nur mit flüssigen Wärmeträgern erreichbar. Diese bieten gegenüber der direkten Temperierung eine Reihe Vorteile:

  • Örtliche Überhitzungen werden vermieden;
  • automatisierte Programm- und Rampenfahrweise beim Heizen und Kühlen,
  • exakte und gleichmäßig Regelung der Temperatur,
  • Vermeidung von Spannungen durch einstellbare Temperaturdifferenzen,
  • ein Wärmeträger zum Heizen und Kühlen,
  • schnelles Umschalten von Heizen und Kühlen,
  • nahtloses Durchfahren des gesamten Temperaturbereiches,
  • Vermeidung von Korrosion durch geschlossene Systeme.
Was muss ein Wärmeträger können?
Die PROCESS-Checkliste
  • Gute Wärmeübertrage-Eigenschaften
  • Thermische Stabilität (leicht siedende Anteile müssen abgeführt werden, da sie Viskosität und Flammpunkt senken)
  • Niedrige Viskosität, vor allem in unteren Temperaturbereich (wichtig beim Anfahren einer Anlage)
  • Geringes korrosives Potenzial (besonderes Augenmerk bei Kupfer - große Kupferflächen vermeiden)
  • Nicht toxisch, geringe Wassergefährdung und Gefahrgutklasse
  • Hohe Lebensdauer (hier besonders auf gute Oxidationsbeständigkeit achten)
  • Schwer entzündlich/Niedrige Feuergefährlichkeit
  • Einfach und unkritisch zu entsorgen

So ist der Temperierkreislauf konstruiert

Die meisten Prozesse setzen auf Thermalöle, die bei Temperaturen bis etwa 430 °C eingesetzt werden können. Wird es noch heißer, nutzen viele Anwender Salzschmelzen, die bei bis zu etwa 600 °C temperaturstabil und nahezu drucklos bleiben – ein Plus für die Anlagen- und Arbeitssicherheit. Zudem verfügen Salzschmelzen über ausgezeichnete Wärmeübertragungseigenschaften und sind im Vergleich zu Thermalölen nicht brennbar. Dabei zirkulieren die flüssigen Medien in einem Kreislauf bestehend aus Umwälzpumpe, Erhitzer, Kühler, Ausdehnungsgefäß und Temperaturregler.

Das Leitsystem fährt meist im Voraus definierte Programme oder Rampen ab, um die gewünschten Produkteigenschaften zu erreichen. Aufgrund der Aufwände und der damit verbundenen Kosten wird in aller Regel ein und derselbe Wärmeträger sowohl zum Erwärmen wie auch zum Kühlen verwendet. Sollte ein Kühlvorgang nötig sein, ist es wichtig, nahtlos und schnell zwischen den Temperierprozessen umschalten zu können.

Um das Wärmeträgermedium auf Temperatur zu bringen, kommen elektrische Durchflusserhitzer oder befeuerte Kessel zum Einsatz. Gekühlt wird in aller Regel mittels luft- oder wassergekühltem Wärmetauscher. Bei Kühlprozessen zu berücksichtigen ist, dass Salzschmelzen bereits ab etwa 140 °C erstarren und somit die untere Anwendungstemperatur eingeschränkt ist. Eine pauschale Aussage, welches Temperiermedium für eine Anwendung ideal ist, kann daher nicht getroffen werden – es kommt ganz auf den Einsatzzweck an.

Hochtemperaturprozesse nach Maß

Gut, wenn man sich dabei auf die Hilfe von Experte verlassen kann: „Wir wissen, dass die richtige Temperatur die Qualität des Endproduktes maßgeblich bestimmt“, so Semrau. „Da jeder Prozess und jedes Produkt besondere Anforderungen haben, kommen Lösungen ‚von der Stange‘ schnell an ihre Grenzen.“ Um trotzdem nicht jede Anlage kostenintensiv bei null planen zu müssen, setzen die Temperierexperten auf einen modularen Anlagen- und Apparatebaukasten, der die Vorteile einer individuellen Konfiguration mit erprobten und bewährten Bausteinen verbindet.

Fachbuch „Wärmeträgertechnik mit organischen Fluiden“Das Buch „Wärmeträgertechnik" erläutert den Stand der Technik beim Einsatz organischer Fluide sowie neueste Vorschriften, deren Kenntnis unabdingbar für Planung, Bau und Betrieb von Wärmeträgeranlagen ist. Ein umfangreicher Anhang bietet Stoffdaten von organischen Wärmeträgermedien.

Insbesondere die Möglichkeit, jedes System komplett mit Steuerung vor Auslieferung auf dem Prüfstand mit dem flüssigen Wärmeträger im gesamten Temperaturbereich zu testen, minimiert das Risiko und schützt vor unangenehmen Überraschungen während der Montage, Inbetriebnahme und Aufstellung vor Ort.

* * Frank Kufen ist Projektmanager Heiz- und Kühlsysteme bei Lauda Dr. R. Wobser.

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