Chemie aus CO2
Neues Leben für Abgas-Moleküle: Bringt Carbon2Chem die CO2-Kreislaufchemie?
| Autor / Redakteur: Dominik Stephan* / Dominik Stephan

So wollen Wissenschaft, Industrie und Politik in Sachen Abgas-Chemie an einem Strang ziehen. Es geht um 20 Millionen Tonnen CO2: Diese Menge des Klimagases pusten alleine Deutschlands Stahlwerke Jahr für Jahr in die Atmosphäre. Entsprechend groß sehen Experten das Potenzial der stofflichen Nutzung von Abgasen. Kann das Mammutprojekt Schornsteinchemie gelingen? Die Carbon2Chem-Konferenz macht sich für Zusammenarbeit zwischen den Akteuren stark.
Du lebst nur zweimal – was James Bond kann, soll der Chemie nur billig sein. Ausgerechnet dem Klimakiller-Gas CO2 soll ein „zweites Leben“ eingehaucht werden – als Rohstoff für Polymere, Chemikalien oder synthetischen Kraftstoff. Carbon2Chem heißt ein Projekt, das die stoffliche Nutzung von Abgasen erforscht. Im Zentrum des Interesses stehen dabei sogenannte Hüttengase, Abgase aus Hochofenprozessen im Stahlwerk.
Diese ähneln in ihrer Zusammensetzung klassischen Synthesegasen und ermöglichen eine Vielzahl von Reaktionswegen, so die Forscher. Mit beträchtlichem Potenzial: Alleine die Anwendung in der deutschen Stahlindustrie könnte helfen, bis zu 20 Millionen Tonnen CO2 einzusparen – das entspräche 10 % der CO2-Emissionen des Landes.
Entsprechend hoffnungsfroh sind die Beteiligten: „Carbon2Chem kann sich zu einem Modell für ganz Deutschland entwickeln und hat das Potenzial, auch international ein Erfolgskonzept zu werden“, war sich Dr. Beate Wieland, Leiterin der Abteilung für Forschung und Technologie im Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung in NRW, sicher. Während an der ersten Technikumsanlage geschraubt wird, trafen sich die Köpfe hinter der CO2-Chemie in Düsseldorf zur 1. Konferenz zur stofflichen Konversion der chemischen Industrie.
Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich ein Klassentreffen der besonderen Art: Vom Stahlwerk über die Chemie bis zu führenden Instituten reicht die „Mitgliederliste“ des Carbon2Chem-Netzwerks. Geballtes Know-how in Sachen Betrieb, Forschung und Verfahren. Beste Voraussetzungen, sollte man meinen.
Vom Stahlwerk in das Reagenzglas: Carbon2Chem unter der Lupe
Zusammenarbeit gefragt
Doch machte das Spitzentreffen auch deutlich, wie schwierig der Transformationsprozess wird und welche Bedingungen die Nutzung von CO2 überhaupt erst zum erhofften Nachhaltigkeitsturbo machen. „Entscheidend für Projekte, die große Probleme adressieren, ist die Zusammenarbeit zwischen wissenschaftlicher Grundlagenforschung und industrieller Anwendung“, erklärte Prof. Ferdi Schlüth vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim, Ruhr.
Für seinen Kollegen Prof. Georg Rosenfeld von der Fraunhofer-Gesellschaft München ist die Dekarbonisierung einer der wesentlichen Transformationsprozesse der Gegenwart – auf einer Stufe mit der Digitalisierung. Doch während diese in aller Munde sei und immense Chancen verspreche, sei die Dekarbonisierung ein gesellschaftlicher Prozess, der die materielle Basis der Wirtschaft beträfe und erhebliche Transferkosten verursache.

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