PAT – von Industrie 0.4 zu Industrie 4.0 Neue Ansätze für die Prozessanalysenmesstechnik
Am Nutzen der Prozessanalysenmesstechnik gibt es wenig Zweifel, an der breiten Umsetzung hapert es jedoch noch. Dabei ist es dringend geboten, sich mit diesen Technologien zu beschäftigen. Nur so lassen sich Probleme in der Produktion schneller erkennen und lösen, als es bisher der Fall war.
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Mit der automatisierten Analyse beschäftigt sich die Prozessindustrie schon seit Jahren. So richtig zum Einsatz kommt sie jedoch nur an ausgesuchten Stellen. Die Gründe sind vielfältig, einer davon liegt in der Historie. Frank Grümbel, Leiter Prozessanalysentechnik Lanxess Deutschland und Leiter des Namur-AKs 3.6 „Analysenmesstechnik“ beschrieb in der PROCESS-Webkonferenz „Prozessanalysentechnik – Keep it smart & simple!“ eindrücklich die derzeitige Ausgangssituation vieler Unternehmen. „Unsere Anlagen sind im Mittel zwischen fünf und 50 Jahre alt und befinden sich teilweise in Gebäuden, die sogar deutlich älter sind. Die installierte Messmittel-Landschaft hat eine ähnlich diversitäre Altersstruktur.“ Die Folge: Bislang gibt es nur wenige PAT-Anlagen, die im vollautomatischen Betrieb zur Steuerung der Anlagen laufen.
Ein Umdenken ist jedoch dringend geboten, so Grümbel. „Wir benötigen weitergehende Informationen aus den Prozessen und damit auch eine höhere Datendichte. Und damit meine ich nicht nur Temperatur oder Druck, sondern auch, wie weit z. B. die Reaktion gediehen ist.“ Nun lassen sich seiner Meinung nach neue Strategien für die Produktion, aber auch in der Instandhaltung entwickeln.
Immer noch aufwändige Integration in Leitsysteme
Noch gibt es einige Hürden zu überwinden, etwa in Bezug auf die höhere Verfügbarkeit und schnelle Auswechselbarkeit der Messmittel. Auch die Kosten sind immer ein Thema und zwar in mehrerer Hinsicht. So ist die Integration der PAT-Systeme immer noch sehr aufwändig. Grümbel verdeutlichte den Aufwand an seinem Unternehmen, das in den weltweit ca. 150 Produktionsbetrieben sehr viele verschiedene Leitsystem-Typen im Betrieb hat: „Bei Temperatursensoren ist eine Integration noch einigermaßen machbar, aber bei NIR-Spektrometern oder einem Raman-Gerät ist dies eine gewaltige Aufgabe.“
Fehlende Mobilitäts-Konzepte
Ein weiteres Hindernis betrifft die Mobilität. Zum einen wünscht sich Grümbel mobile Geräteversionen, die sich leicht von einer Anlage zur nächsten transportieren lassen. Zum anderen ist die Betreuung vor Ort kosten- und zeitintensiv. „Über den Daumen gepeilt nehmen allein die Fahrzeiten zu den Geräten ein Drittel Mannjahre der gesamten PAT-Arbeitszeit ein. Diese Zeitfresser würden mit der Digitalisierung erledigt werden.“ Dafür benötigt man Remote-Zugänge, zumal nicht überall vor Ort ein PAT-Spezialist sitzt. Diese Problematik wird sich in den nächsten Jahren aus demographischen Gründen verschärfen.
„Es gibt schon heute immer mehr Messmittel in den Anlagen, die es zu betreuen gilt. Aber die Zahl der betreuenden Personen stagniert. Wir benötigen dringend mobile Konzepte“, mahnt Grümbel. Dazu gehören Live- und Vitaldaten nicht nur im Büro, sondern auch vor Ort. Auch sollten die Dokumentationen dort liegen, wo sie gebraucht werden, also bei Bedarf auch digital im Feld.
Wo steht die Prozessindustrie heute?
Wie gelingt nun dieser Übergang? Bei Lanxess hat man sich auf den Weg gemacht, die PAT vom Büro ins Werk zu übertragen. Angefangen wurde mit der Dokumentation. „Wir nutzen ex-geschützte Tablets, mit denen wir beispielsweise QR-Codes an den Messsystemen abrufen können. Darin ist die gesamte Dokumentation abrufbar, aber es sind auch Lern- und Trainingsvideos und reale Messkurven hinterlegt“, beschreibt Grümbel den Einstieg. „Aber das Hineinbringen von Tablets ins Feld ist eine Aufgabe, die unterschätzt wird. Dafür benötigt man eine IT/OT-Strategie, die im Unternehmen abgestimmt ist und das unterstützt.“
Die nächste Aufgabe war es, den Nutzern PAT-Experten zur Seite zur stellen. Hier probierte man bei Lanxess Video-Assistenzsysteme unterschiedlicher Hersteller aus, um schneller mit Experten zu kommunizieren. Nun gehen die PAT-Experten noch einen Schritt weiter: „Wir wollen eine prädiktive und keine reaktive Instandhaltung. Zudem muss die Komplexität handhabbar bleiben, es muss also eine Instandhaltung ohne spezielles Know-how möglichst mit Plug and Play möglich sein. Dazu gehört auch ein einfaches Datenmanagement“, nennt Grümbel die zukünftigen Aufgaben.
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