Abwasserreinigung Mikroplastik überfordert Kläranlagen und ruft Forscher auf den Plan

Autor / Redakteur: Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Bittermann / Dr. Jörg Kempf |

Ob aus Duschgels, Zahnpasta oder Peeling-Cremes – winzige Polymerteilchen geraten ins Abwasser und werden zum Problem. Selbst eine aufwändige Schlussfiltration separiert die Partikel nur teilweise. Die Industrie bietet bereits Alternativen an – und immer mehr Kosmetikahersteller kündigen an, auf Mikroplastik zu verzichten.

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Winzige Teilchen – große Probleme: Mittlerweile finden sich in allen Meeren weltweit Mikroplastikteilchen.
Winzige Teilchen – große Probleme: Mittlerweile finden sich in allen Meeren weltweit Mikroplastikteilchen.
(Bild: Stephan Glinka/BUND)

Darum geht es: Mikroplastik ist als (ein) Indikator für den Zustand der Meere in die europäische Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) aufgenommen worden. Als Mikropartikel werden Kunststoffteile bezeichnet, die kleiner als 5 mm sind. Wissenschaftliche Informationen zu Aufkommen und Auswirkungen von Mikroplastik auf die Umwelt sind jedoch rar – noch, denn die Forschungsaktivitäten nehmen zu.

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Besonders interessant ist eine Pilotstudie, die der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) und der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Auftrag gegeben haben. Ergebnis: Kläranlagen können auf herkömmlichem Weg Mikroplastik nicht vollständig aus Abwässern zurückhalten.

Abwasser und Klärschlamm untersucht

Experten des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), untersuchten in einem sehr aufwändigen Verfahren Abwasser und Klärschlamm aus zwölf Kläranlagen im Verbandsgebiet des OOWV. „Die Studie liefert wertvolle Erkenntnisse über Plastikrückstände, die niemand bisher hatte. Durch die Anwendung modernster Verfahren können jetzt Kunststoffe, wie sie z.B. in Zahnpasta, Kosmetik, Fleece-Jacken und Verpackungen verwendet werden, auch im Abwasser konkret zugeordnet werden. Deshalb ist die Studie auch für den Gesetzgeber sowie für Hersteller und für die Industrie relevant“, so der OOWV-Geschäftsführer Karsten Specht.

Um die Partikel im Ablaufwasser sowie im Klärschlamm entdecken und zuordnen zu können, nutzen die Forscher die Mikro-FTIR und ATR-FTIR-Spektroskopie. Dabei werden Infrarotstrahlen eingesetzt, um Molekülbindungen in Schwingungen zu versetzen. Je nach Verfahren pressen die Wissenschaftler fragliche Partikel zur näheren Bestimmung auf einen Kristall oder tragen sie auf einen Aluminiumoxidfilter auf, um sie dann unter einem Mikroskop zu analysieren. Mit diesen Methoden ist eine zweifelsfreie Identifikation der Kunststoffe und eine sichere Abgrenzung zu natürlichen Materialien möglich.

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