CO2-neutrale Chemie Klimaneutrale Chemie: Ein Weg mit vielen Hindernissen
Chemieproduktion ohne CO2-Emission. Kann das gelingen? Technisch sei das bis 2050 machbar, antwortet eine neue VCI-Studie, aber nur wenn große Mengen erneuerbarer Energien zur Verfügung stehen und der Strompreis dauerhaft niedrig ist. Welche Rahmenbedingungen noch für den Kraftakt notwendig sind, ist auch Thema der VIK-Jahreskonferenz am 23. Oktober in Berlin.
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Berlin – Passend zum heute veröffentlichten Klimaschutzgesetz des Bundeskabinetts, hat der VCI eine Studie vorgestellt, die untersucht, unter welchen Rahmenbedingungen eine klimaneutrale Chemieproduktion innerhalb der nächsten 30 Jahre möglich sei. Damit bewegt sich die Branche in dem vom Klimagesetz beschriebenen Zeitrahmen, der Treibhausgasneutralität bis 2050 für Deutschland festlegt.
Für die Chemiebranche ist Treibhausneutralität ein Kraftakt, denn Chemikalienproduktion und Energieerzeugung verbrauchen Öl und Gas und stoßen dabei große Mengen an CO2 aus. Insgesamt summieren sich klimaschädliche Gase bis 2020 den Schätzungen der Studienautoren zufolge auf insgesamt rund 113 Millionen Tonnen: Quellen sind eigene Energieerzeugung, Strombezug, Prozesse und der Kohlenstoff der Produkte. In drei Szenarien mit unterschiedlichen Grundannahmen lotet die Studie daher aus, wie der Weg zur Klimaneutralität aussehen könnte.
Knackpunkt heute und in Zukunft: der Strompreis
Eine Kernaussage der Studie lautet auf jeden Fall: Ohne milliardenschwere Investitionen in neue Technologien geht es nicht und ohne Unterstützung durch die Politik wohl auch nicht, wenn die Branche im weltweiten Wettbewerb nicht ins Hintertreffen geraten will. Im Visier, wen wundert´s: der Strompreis. Als magische Grenze haben die Studienautoren vier Cent pro Kilowattstunde ausgemacht. „Damit sind wir momentan wettbewerbsfähig“, erklärt Klaus Schäfer CTO bei Covestro und Vorsitzender des Ausschusses Energie-Klima-Rohstoffe im VCI auf der Pressekonferenz.
Bei einem Strompreis von nur 2 Cent mehr, werde man die notwendige Transformation innerhalb des Zeitraums bis 2050 nicht hinbekommen. Schäfer fordert daher auch politische Unterstützung ein: „Die Mehrkosten für Produkte, die mit alternativen Verfahren hergestellt werden, lassen sich angesichts von Weltmarktpreisen für Basischemikalien kaum an die Kunden weitergeben.“ Es sei daher auch Aufgabe der Politik, die Transformation der Chemie unterstützend zu begleiten.
Trotzdem will er nicht allein auf Subventionen setzen: „Mir wäre es am liebsten wenn wir unter marktwirtschaftlichen Bedingungen agieren, bei einem weltweit einheitlichen CO2-Preis.“ Er bezweifelt allerdings dass, eine Einigung auf einen globalen CO2-Preis möglich sein wird.
Basischemie muss technisch neu aufgestellt werden
Vor allem die Produktion von Basischemikalien ist energieintensiv, weshalb neue Technologien hier den größten Hebel bieten. Rund 90 Prozent der energie- und prozessbedingten Emissionen von Treibhausgasen der Branche stammen aus der Herstellung von Ammoniak, Chlor, Wasserstoff, Methanol und Harnstoff sowie von Kohlenwasserstoffen. Rein technisch geht hier schon eine Menge, das zeigt die Studie am Beispiel von sechs Basischemikalien. Allerdings braucht die Branche auch viel Geld dafür: Für den Bau neuer Anlagen müsste die Chemie bis 2050 mindestens zusätzlich 15 Milliarden Euro investieren - die nötigen Entwicklungskosten bis 2035 nicht eingerechnet. Und dann ist das größte Hindernis noch gar nicht beseitigt: Die neuen strombasierten Verfahren würden den Strombedarf der deutschen Chemie ab Mitte der 2030er Jahre auf über 600 Terawattstunden jährlich steigen lassen, sagt Schäfer. Das entspricht der gesamten heutigen deutschen Stromproduktion.
Wenn die Vision klimaneutrale Chemie also Wirklichkeit werden soll, braucht man große Mengen Strom aus erneuerbaren Quellen, die zum jetzigen Zeitpunkt ohne Importe kaum bereit zustellen sind.
Hier finden Sie die Studien:
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