PROCESS-Interview ifm-Geschäftsführer Marhofer fordert Mut, Vertrauen und Zuversicht

Redakteur: M.A. Manja Wühr

Die aktuelle Wirtschaftskrise stellt Technologieunternehmen aller Couleur vor große Herausforderungen. Im PROCESS-Interview verrät Michael Marhofer, Geschäftsführer des Essener Herstellers von Automatisierungstechnik ifm electronic, wie er die Probleme bei den Hörnern packt.

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Herr Marhofer, wie reagiert die Automatisierungsbranche auf die augenblickliche wirtschaftliche Situation?

Marhofer: Die derzeitige wirtschaftliche Situation trifft die Automatisierungs-Branche ebenso hart, wie den übrigen Markt. Die Einbrüche vieler Industriezweige bekommen die zuliefernden Automatisierer ungebremst zu spüren. Als erste Reaktion der Branche nahmen wir Veränderungen im Investitionsverhalten wahr. Die Einstellung geplanter Investitionen der Unternehmen war sofort spürbar.

Welche besonderen Maßnahmen hat ifm electronic in diesem Jahr ergriffen?

Marhofer: Bereits vor Einbruch der Konjunktur hat ifm in guten Zeiten ausreichend Vorsorge getroffen und begegnet der Krise deshalb gut vorbereitet. Unsere Prozesse werden seit Unternehmensgründung ständig optimiert. Mit Hilfe unserer Mitarbeiter wurden zuletzt 2008 die Produktionsprozesse schlanker. Darüber hinaus investieren wir weiterhin in unsere Vertriebsstruktur und richten sie gezielt auf unsere Kunden aus. Auch im Bereich F+E gibt es keine Investitionseinsparungen.

Was sind derzeit die einschneidendsten Veränderungen?

Marhofer: Die wohl maßgeblichste Entscheidung der letzten Monate, war der Schritt in die Kurzarbeit. Unser oberstes Ziel war und ist es, die Stammbelegschaft zu halten und Entlassungen zu vermeiden. Das machte diese Präventivmaßnahme notwendig. Darüber hinaus konnten leider einige befristete Arbeitsverträge nicht verlängert werden. Diese Entscheidung ist uns besonders schwer gefallen, denn das ist in der Geschichte der ifm noch nicht vorgekommen. Leider war dieser Schritt aber unumgänglich.

Die Unsicherheit ist bei Mitarbeitern vieler Unternehmen sehr groß. Wie kann die Unternehmensführung den Sorgen der Arbeitnehmer begegnen?

Marhofer: Mit einer offenen Kommunikation. Wir informieren unsere Mitarbeiter über die notwendigen Maßnahmen zeitnah und suchen das Gespräch. Entschlossen finden wir Lösungen, die es dem Unternehmen und damit den Mitarbeitern ermöglicht, unbeschadet und gemeinsam durch die Krise zu gehen. Ganz wichtig ist hier ein vertrauensvoller Umgang miteinander. Was wir brauchen, ist Mut, Vertrauen und Zuversicht. Wir haben Vertrauen in unsere Mitarbeiter, brauchen aber im Gegenzug auch von ihnen das Vertrauen, um die Krise zu meistern.

Welche Verantwortung hat ein traditionsverbundenes Familienunternehmen wie ifm electronic gegenüber dem Standort Deutschland in Zeiten einer Wirtschaftskrise diesen Ausmaßes?

Marhofer: Als in kleinen Schritten gewachsenes Familienunternehmen ist Verantwortung keine Frage des Images, sondern naturgemäß impliziert. Es sind schließlich unsere Mitarbeiter, denen wir das Wachstum der vergangenen Jahre zu einem großen Teil verdanken.

Die Bundesregierung appelliert immer wieder an Unternehmen, weiter in Innovation und Forschung zu investieren, um so die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu sichern. Wie können Vorstände und Geschäftsführer diesem Appell nachkommen?

Marhofer: Investitionen in die Forschung und Entwicklung sind Grundvoraussetzung für das Unternehmenswachstum. Hier zu investieren, ist unumgänglich für die Zukunft der deutschen Wirtschaft und damit letztlich für uns alle. Bei ifm electronic hat die Forschung und Entwicklung einen ganz besonderen Stellenwert. Insbesondere in den vergangenen Jahren haben wir den Grundstein für viele technische Innovationen gelegt, die teilweise schon auf dem Markt sind. Auch in diesem und dem folgendem Jahr werden wir neue Produkte entwickeln, fertigen und dem Markt anbieten.

Noch immer ist der Fachkräftemangel in Deutschland akut. Investitionen in Bildung und Weiterbildung von Seiten des Staates und der Wirtschaft sind dringend notwendig. Welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um sich vor drohenden Verlusten durch mangelnde Fachkräfte zu schützen?

Marhofer: Der Fachkräftemangel ist in der Tat eine weitere Problemstellung, mit der Deutschland zu kämpfen hat. Im extremsten Fall bedeutet dieser Mangel eine Wachstumsbremse für ein Unternehmen. Eine enge Zusammenarbeit mit Bildungsinstituten und Hochschulen sowie Kooperationen mit Universitäten ist unsere Strategie, dem entgegenzuwirken.

Timo Taubith, Geschäftsführer des VDI (Verband Deutscher Ingenieure e.V.) Wissensforums, glaubt, dass es gerade jetzt wichtig für Unternehmen ist, verstärkt in Weiterbildung für Angestellte zu investieren, um nicht weiter an Fachkompetenz zu verlieren. In wiefern ist dies zum jetzigen Zeitpunkt realisierbar?

Marhofer: Sicher ist, Fachkompetenz lässt sich nicht über Nacht aneignen. Dafür müssen schon in der Vergangenheit Weichen gesetzt worden sein. Eine weitere Möglichkeit ist es, krisenbedingt freigewordene Kompetenzen für diesen Zweck zu nutzen. Gerade in einem Bereich, wie der Weiterbildung von Mitarbeitern oder der Sicherung von Fachkompetenz, kann die Krise so zur Win-win-Situation werden.

Herr Marhofer, vielen Dank für das Gespräch.

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