China Market Insider Handelskrieg beschleunigt Aufbau chinesischer Spezialchemie
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Der High-Tech-Konflikt zwischen Washington und Peking lässt in China Rufe nach einem schnelleren Aufbau der inländischen chinesischen Chemieindustrie laut werden. Im Mittelpunkt der Debatte stehen dabei Spezialchemikalien und Gase für die Herstellung von Halbleitern, berichten PROCESS (China) und mehrere andere chinesische Fachmedien im Bereich Chemie.

Peking/China – Durch den Konflikt um High-Tech-Produkte weitet sich eine Diskussion aus, die nach dem Streit um Huawei und dem von den USA verhängten Verkaufsverbot von bestimmten Computerchips an eine Reihe chinesischer Unternehmen begonnen hatte. Ähnlich wie bei Halbleitern werden nun auch in der chemischen Zulieferindustrie – die Materialien zur Produktion von Halbleitern herstellt – die technischen und finanziellen Anforderungen für eine größere Unabhängigkeit von den USA erörtert. Li Yonglei, Chemie-Analyst bei Founder Securities, glaubt, dass der US-Bann für Huawei chinesische Hersteller von Spezialchemikalien zu rapidem Wachstum zwinge und dass „sich die Lokalisierung von Halbleitermaterialien beschleunigen wird”, schreibt die Chemie-Fachzeitung Zhongguo Huagong Bao (China Chemical Industry News).
China investiert bereits seit einigen Jahren mit Hilfe eines eigens aufgelegten Investmentfonds in die heimische Halbleiterindustrie. Dieser „National Integrated Circuit Industry Investment Fund” oder kurz „Big Fund“ fördert vor allem chinesischen Halbleiterwerke und andere wichtige Teile der heimischen Halbleiter-Wertschöpfungskette. Doch auch einige Hersteller von Spezialchemikalien haben in der ersten Runde des Big Fund Investitionen erhalten, darunter die chinesische „National Silicon Industry Group”, Yoke Technology und Anji Technology.
Nun mehren sich in China die Rufe, dass im Zuge der gerade aufgelegten zweiten Runde des Big Fund mehr in das ebenfalls deutlich von ausländischen Herstellern dominierte Segment der Spezialchemikalien investiert wird. Bislang sind nur rund acht Prozent der Gelder für chemische Projekte investiert worden. Für die zweite Big-Fund-Runde, die gerade begonnen hat, stehen 204,15 Milliarden Yuan (ca. 25,8 Milliarden Euro) bereit. Chinesische Medien schreiben seit dem Beginn des Handelskrieges mit Washington häufig, dass ihrer heimische Halbleiter-Industrie von „amerikanischen Herstellern die Luft abgewürgt“ würde. Ähnliche Töne werden nun auch in der Debatte um Spezialchemikalien laut.
Was die chemischen Prozesse betrifft, ist die Produktion von Halbleitermaterialien sehr kompliziert. Dies schlägt sich in den Statistiken nieder, die nun im Zuge der chinesischen Debatte veröffentlicht werden. Sie zeichnen das Bild eines noch deutlichen Technologie-Rückstandes auf der chinesischen Seite. Ein Beispiel sind die vorgelagerten Halbleitermaterialien. „Das Maß der Abhängigkeit vom Ausland in den Bereichen große Silizium-Wafer, Targets, chemo-mechanischen Poliermethoden (CMP), hochwertige Photoresist- und vergleichbarer Materialien beträgt bis zu 90 %”, schreibt PROCESS (China).
Für sämtliche Schritte des komplizierten Produktionsprozesses von Halbleitern ergibt sich ein ähnliches Bild. Der globale Markt für Silizium-Wafer sei zu 95 % von einigen Firmen dominiert, die unter anderem in Japan, Deutschland und Südkorea ansässig seien. Ein weiteres Beispiel seien die elektronischen Spezialgase, die von der Chip-Herstellung bis hin zum finalen Packaging der Halbleiter gebraucht werden. Hier betrage Chinas Abhängigkeit von ausländischen Produkten immerhin 75 %, heißt es. „Die Lokalisierung der Produktion von Halbleitermaterialien in China steckt in den Kinderschuhen“, resümiert die Chemiezeitung Zhongguo Huagong Bao, jedoch nicht ohne die ganz im derzeitigen patriotischen Trend liegende Prognose anzuhängen, dass sich dies nun bald ändern werde.
* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking.. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.
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