Hintergrund GMP GMP – eine (noch junge) Erfolgsgeschichte in Sachen Arzneimittelsicherheit

Autor / Redakteur: Björn Niggemann, Reinhard Schnettler / Anke Geipel-Kern

Die Notwendigkeit von Good Manufacturing Practice erscheint heute wie eine Selbstverständlichkeit - doch war es ein weiter Weg in Sachen Arzneimittelsicherheit. Auch, wenn Hintergründe und die Notwendigkeit von GMP in der heute vorliegenden Fachliteratur oft nur am Rande beantworte werden: Wir fassen in einer mehrteiligen Zusammenfassung neben den historischen Meilensteinen der Entwicklung auch die wesentlichen Bestandteile eines GMP-Systems für Sie zusammen!

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Ohne GMP geht auch in der Biotechnologie gar nichts.
Ohne GMP geht auch in der Biotechnologie gar nichts.
(Bild: Boehringer Ingelheim)

Generell ist ein funktionierendes und gelebtes Qualitätssicherungssystem die Basis eines jeden Unternehmenserfolges. Gerade in der heutigen Zeit erwarten die Verbraucher von einem Produkt nicht nur einen günstigen Erwerbspreis, sondern auch eine möglichst hohe Qualität. Die hierzu bereits existierenden GLP-Richtlinien und -Grundsätze wurden entwickelt, um die Qualität und Validität von Prüfdaten zu fördern, die zur Bestimmung der Sicherheit von Chemikalien und anderen chemischen Erzeugnissen erforderlich sind.

Qualität ist Mitarbeitersache!

Sie werden gleichfalls als Management-Instrument verstanden, das sich u.a. mit dem organisatorischen Ablauf als auch den Rahmenbedingungen befasst, unter denen Prüfungen geplant, durchgeführt und überwacht werden. Schließlich befassen sie sich mit der Rohdatenaufzeichnung und der entsprechenden Berichterstattung.

Ein CRO muss somit sicherstellen, dass die Kundenanforderungen und deren Zufriedenheit kontinuierlich bewertet und bei den Unternehmensentscheidungen beachtet werden. Ferner liegt die Qualitätspolitik als Grundvorgabe allen Mitarbeitern vor, soll von diesen in gleicher Art verstanden, gelebt und geachtet werden.

Was Qualitätsmanagement mit GMP zu tun hat...

Die Verantwortlichkeiten, Arbeitsabläufe und Verfahren sollen durch die Geschäftsführung festgelegt und vorgegeben sein. Die eingesetzten Prozesse und Verfahren müssen von der gesamten Belegschaft erkannt und regelmäßig auf ihre Verbesserungsmöglichkeiten überprüft werden. Hierbei sollte gleichfalls durch gezielte Maßnahmen die erforderliche Mitarbeiterqualifikation erreicht werden. Im Rahmen regelmäßiger Audits und Inspektionen wird eine repräsentative und fortlaufende Bewertung des Qualitätsstatus erhoben.

Durch die zusätzliche Einführung der GMP auf Basis eines bestehenden GLP-QS-Systems werden diese Ziele unter besonderer Berücksichtigung des Herstellungsprozesses präziser festgelegt. Eine Erweiterung des Analytikportfolios ist nur nach entsprechender Herstellerlaubnis durch die jeweilige Behörde möglich.

Arzneimittelsicherheit im Fokus: Fehler sind (in aller Regel) vermeidbar

Die Geschichte zeigt, dass viele Patienten durch Fehler innerhalb des Herstellungsprozesses oder durch Fehler während der Analytik schwerste Beeinträchtigungen der Gesundheit erlitten haben, die manchmal sogar den Tod zur Folge hatten. Diese Fehler wären in vielen Fällen vermeidbar gewesen, hätten die Anforderungen der Guten Herstellungspraxis bereits Anwendung und Akzeptanz gefunden.

Fragezeichen GMP: Was steckt hinter der Good Manufacturing Practice?

Unter GMP (Good Manufacturing Practice) versteht man die Gute Herstellungspraxis von Arzneimitteln, die entwickelt und hergestellt werden, um Krankheiten vorzubeugen, zu heilen oder kranken Patienten Linderung zu verschaffen.

Patienten kaufen Arzneimittel im Vertrauen und in der Überzeugung, dass die Hersteller beim Produktions- und Entwicklungsprozess alles Mögliche veranlassen, um eine hochwertige Qualität sicherzustellen und Risiken beim Prozess auszuschließen.1 Zu der Erkenntnis, dass von Arzneimitteln sehr wohl ein nicht ungefährliches Risiko ausgehen kann, gelangte man u.a. auch in den frühen 1960er Jahren, als der Contergan-Skandal Missbildungen und Sterbefälle bei Säuglingen als Folge nach der Einnahme eines Schlafmittels durch Schwangere auftraten.

Fast parallel wurden Anfang der sechziger Jahre Millionen Menschen bei Schluckimpfungen gegen Polio versehentlich mit dem SV40 Virus infiziert, da der Impfstoff mit diesem Virus verunreinigt war. Das Affenvirus SV40 kann Krebs auslösen: In Hamstern beispielsweise verursachen SV40-Viren Lymphome, Lungenkrebs, Knochenkrebs und Gehirntumore.2

Somit zeigt sich, dass das Risikopotenzial eines nicht ausreichend getesteten Medikaments, einer Verunreinigung oder gar eines Sabotageaktes nicht zu unterschätzen ist und so ein Standard für ein harmonisiertes QS-System konsequent weiterentwickelt werden muss.

Deutschland hat mehr: Für's GMP zustänidge Behörden

GMP selbst ist allerdings kein eigenständiges Qualitätssicherungssystem, sondern gibt nur konkrete Anweisungen für die Produktionsabläufe sowie die Kontrolle der hergestellten Erzeugnisse. GMP muss in ein bestehendes funktionierendes QS-System eingebunden werden. In Deutschland ist die Einhaltung der GMP-Regeln im Arzneimittelgesetz (AMG) in § 54 geregelt. Das dahinter stehende Regelwerk ist der sogenannte EU-GMP-Leitfaden, der seit 2006 aus zwei großen Teilen mit dazugehörigen Annexen besteht.

Die eigentliche Erlaubnis, Arzneimittel herzustellen, zu vertreiben oder zu testen, wird durch die Herstellungserlaubnis zugesprochen. Diese wird in Deutschland, anders als in den USA, durch verschiedene Behörden erteilt. Dies können u.a. die Bezirksregierungen und die Regierungspräsidien, aber auch andere Länderbehörden sein.

In den USA ist die Food and Drug Administration (FDA), die US-amerikanische Regulierungsbehörde, hierfür allein verantwortlich. Die in Deutschland vorherrschende Dezentralisierung kann mitunter zu Schwierigkeiten führen, die dieses Kompendium im Späteren aufzeigt.

Arzneimittelsicherheit rund um die Welt

Die ursprünglich 1968 durch die Weltgesundheitsorganisation WHO erstveröffentlichten GMP-Richtlinien wurden verstärkt seit den 80er-Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Somit entstand eine Verpflichtung, vor Markteinführung eines Arzneimittels einen mehrstufigen Zulassungsprozess für die herstellende Industrie als auch für die Prüfanalytik verbindlich festzuschreiben.

Diese Verbindlichkeit wurde erstmals in dem Erlass des Kefauver-Harris-Drug-Amendment in den USA festgelegt und später in Form von Gesetzen auch in vielen anderen Ländern der Welt implementiert.3

In der Fachliteratur ist hierzu Folgendes aufgeführt:

Das erste Arzneimittelgesetz in den USA war der Pure-Food-and-Drug-Act von 1906, in dem eine klare Kennzeichnung für Arzneimittel vorgeschrieben wurde; ein Genehmigungsverfahren wurde damit allerdings noch nicht eingeführt. Das geschah drei Jahrzehnte später mit dem Federal-Food-Drug-and-Cosmetic-Act von 1938, der als Folge der Sulfanilamid-Katastrophe, bei der über 100 Menschen nach der Einnahme eines nicht ausreichend getesteten Antibiotikums starben, verabschiedet wurde.

Aus Schaden wird man klug

Zentrale Regelungen dieses Gesetzes wurden durch das Kefauver-Harris-Drug-Amendment von 1962 verschärft, welches parallel zur Aufdeckung des Contergan-Skandals verfasst wurde. Mit dieser Gesetzesänderung wurde erstmals ein Nachweis für die therapeutische Wirksamkeit gefordert, die in geeigneten, kontrollierten Studien (Adequate and Well-Controlled Studies) nachzuweisen war. Zuvor war es ausreichend, die pharmazeutische Herstellungsqualität und die Unbedenklichkeit nachzuweisen.

Später haben viele Arzneimittelgesetze anderer Länder ebenfalls solche Wirksamkeitsnachweise gefordert. Das amerikanische Arzneimittelrecht seit 1962 war in vielerlei Hinsicht ein Modell, dem eine große Zahl weiterer Länder gefolgt ist.4

Auf internationaler Ebene wurden also Richtlinien festgelegt, wie und unter welchen Bedingungen Arzneimittel entwickelt und hergestellt werden müssen, um die Hochwertigkeit und Qualität der Produkte und damit deren gleichbleibende Wirkung sowie einen stetigen Verbesserungsprozess bei der Herstellung zu gewährleisten. Die Gesamtheit dieser Richtlinien, die unter anderem in Regelwerken und Gesetzen vorgegeben und festgelegt sind, wird als Gute Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice, GMP) bezeichnet. Deren strikte Implementierung, Einhaltung und Befolgung stellt im arbeitstäglichen Ablauf der pharmazeutischen Industrie und der angeschlossenen Prüflabore das oberste Gebot dar.5

Im Auftrag der Arzneimittelsicherheit: So regelt GMP die Hersteller-Prozesse

Die Herstellung zugelassener Arzneimittel ist Unternehmen seither auch nur gestattet, wenn diese durch behördliche Erlaubnis die Eignung als Hersteller bewiesen haben. In sogenannten behördlichen Inspektionen wird die Eignung durch Vertreter des Staates (Inspektoren) sorgfältig überprüft und abschließend bei entsprechender Eignung mit der Herstellungserlaubnis gemäß § 13 AMG (Arzneimittelgesetz) bescheinigt. Die Behördenvertreter überprüfen nach einer Erstinspektion den Zustand in regelmäßigen Abständen (in Deutschland alle zwei bis drei Jahre mit einem risikobasierten Ansatz).

Die Einzelheiten regelt diese Vorschrift: Allgemeine Verwaltungsvorschrift (VwV) zur Durchführung des AMG. Was bleibt, ist die Frage nach dem Wie. Wie soll GMP umgesetzt werden? Die Besonderheit bei der Guten Herstellungspraxis ist, dass es für sie, obschon in vielen Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen vorgeschrieben, meistens keine echte und umsetzbare Detailtiefe bezüglich der eigentlichen Umsetzung gibt. So bleibt jedem Unternehmen in der Regel selbst überlassen, wie es den Weg in die „zertifizierte GMP-Umgebung“ vollzieht. Dieses Wie soll nun nachfolgend genauer beschrieben werden.

Aus der Historie – Warum GMP?

Die Anforderungen an die Hersteller pharmazeutischer Produkte werden durch den Forschungsfortschritt immer komplexer und aufwändiger. Gleichzeitig steigen aber auch die Anforderungen an die Managementstrukturen aus regulatorischer Sichtweise, denn es ist mittlerweile unumgänglich, zumindest einen Qualitätssicherungsbeauftragten, in der Regel jedoch eine ganze Abteilung, genannt Quality Assurance, im Unternehmen einzurichten.

Diese Abteilung ist mit der Umsetzung und Überwachung der in ihrem Tätigkeitsbereich anfallenden Aufgaben zur Einhaltung des Qualitätsstandards betraut und wird hierzu direkt durch die Geschäftsführung bestellt. Die Zeit, in der ausschließlich bei der Produktion die Regeln von GMP anzuwenden waren, ist vorüber. „Alle, die in die lange Wertschöpfungskette eines Medikamentes involviert sind, sind mittlerweile von GMP betroffen und müssen sich an die entsprechenden Vorgaben halten. Dies schließt neben dem Hersteller dann den Händler, die Dienstleister, Servicetechniker, Softwarelieferanten und sogar Entsorgungsunternehmen mit ein.“6

Vorrangiges Ziel der Quality Assurance ist, ein Qualitätssicherungssystem in der jeweiligen Unternehmung zu etablieren, welches die Implementierung der national und international geltenden Regelwerke, Verordnungen und Gesetze gewährleistet. Die Abteilung soll so einen reibungslosen und lückenlosen Nachweis der Existenz eines geforderten Qualitätssicherungssystems sicherstellen.7

Und nun? Mit GMP in die Zukunft

Erfahren Sie im zweiten Teil der großen Reihe über Good Manufacturing Praxis, warum es in den letzten Jahren verstärkt zu Qualitätsmängeln bei Fertigungsarzneimitteln gekommen ist und welche gesetzlichen Anforderungen dagegen steuern.

* Björn Niggemann ist freier Mitarbeiter und Reinhard Schnettler ist Geschäftsführer bei PTS Training Service, Arnsberg.

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