Nanotechnologie Fünf Gründe, die die Nanotechnologie ausbremsen

Von M.A. Manja Wühr

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Nach rund 20 Jahren Erforschen und Produzieren von Nanomaterialien ziehen Teilnehmer und Referenten des Dechema-Workshops „Industrielle Produktion von Nanomaterialien – Stand und aktuelle Herausforderungen“ ein ernüchterndes Resümee. Der breite Durchbruch lässt weiterhin auf sich warten. Woran das liegt und was noch getan werden muss, zeigte sich in Frankfurt recht deutlich.

Wann springt die Ampel für die Nanotechnologie auf grün?
Wann springt die Ampel für die Nanotechnologie auf grün?
(© fotoliaxrender - Fotolia)

Der visionäre Weltraumlift stand einst für die schier unendlichen Möglichkeiten der Nanotechnologie. Heute dient er als Sinnbild des Marktes: Seit über 20 Jahren haben Staat und Industrie viel Geld in die Erforschung der Nanotechnologie investiert. Zum Auftakt des Dechema-Workshops „Industrielle Produktion von Nanomaterialien – Stand und aktuelle Herausforderungen“ bezifferte Prof. Dr. Rüdiger Iden, Nanid Scientific Consulting, die Förderung seit 2000 mit weit über 30 Milliarden US-Dollar. Doch ein Blick auf die aktuellen Nanotechnologie-Märkte ist aus deutscher Sicht ernüchternd: Sie kamen 2015 weltweit auf ein Volumen von rund 30 Milliarden Dollar, Märkte mit Nanoimpacts brachten es auf insgesamt 300 Milliarden Dollar. Wobei die Musik leider nicht in Deutschland spielt. China und die USA haben mal wieder die Nase vorn. Damit sei die Förderung der Nanotechnologie in Deutschland derzeit ein unrentables Investment, folgert Iden.

Kommentar: Droht der Nanotechnologie das gleiche Schicksal wie OLED?
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Diese Gefahr besteht, wie der Workshop in Frankfurt gezeigt hat. Zur Erinnerung: Deutschland spielte eine führende Rolle bei der Entwicklung der OLED (organic light emitting diode)-Technologie. Die Fertigung – vor allem im lukrativem Display-Geschäft – erfolgt jedoch zum Großteil in Südkorea, China und den USA. Um sicher zu stellen, dass die Wertschöpfung der Nanotechnologie in Deutschland bleibt, braucht es einen Mittelstand, der die Rolle des Innovators erfüllen kann. Doch derzeit mangelt es diesem am einfachen Zugang zu Technik und Know-how. Open-Access-Center, etwa das am Fraunhofer ISC in Würzburg, könnten Schwungrad für die mittelständische Innovationskraft sein.

Wo liegen die Ursachen?

Angesichts der enormen Aufwände in Wissenschaft und Industrie stellt sich die Frage nach dem Warum. Betrachtet man die Praxisberichte und die zwei Diskussionsrunden, lassen sich Ursachen in fünf Komplexe zusammenfassen.

1. Verfahrenstechnik: Mit dem Einsatz von Nanomaterialien in konventionellen Materialien sollen die Eigenschaften von Produkten – seien es technische Kunststoffe oder Beschichtungen – gezielt beeinflusst werden. Neben dem Anteil der Nanopartikel bestimmen auch deren Anordnung und Anbindung an das Material die Eigenschaften. Treten die erwarteten Eigenschaften nicht auf, empfiehlt Dr. Matthias Voetz, Bayer Technologie Services, eine Strukturanalyse. Diese kann Rückschlüsse darauf geben, inwieweit die Verarbeitung der Nanomaterialien deren Struktur verändert – und damit auch die Eigenschaften der Nanomaterialien sowie schlussendlich des Produktes. So kann beispielsweise die Ausrichtung in der Polymermatrix die gewünschte Eigenschaft negativ beeinflussen. Entstehen beim Verarbeiten von Carbon-Nanotubes (CNT) viele Kreuzungspunkte, verlieren die CNT an diesen Punkten ihre Leitfähigkeit. Damit verringert sich auch die Leitfähigkeit des Produktes.

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Als Halbzeughersteller hat BASF ebenfalls zahlreiche Erfahrungen mit der sicheren Compoundierung gemacht. In Ludwigshafen findet derzeit die Extrusion im Reinraum statt. Die Nanopartikel, etwa CNT, werden über ein modifiziertes, geschlossenes Dosiersystem zugeführt. Zur sicheren Produktion gehören auch bestimmte Maßnahmen, z.B. dass nur speziell geschulte Mitarbeiter in der Extrusion arbeiten dürfen und dabei geeignete Schutzausrüstung tragen müssen. Zudem werden nach jeder Produktion die Anlage und Umgebung gründlich gereinigt. Trotzdem bleibt für die BASF-Ingenieurin Dr.-Ing. Anne Thümen die Entwicklung geeigneter Verfahrenstechnik für eine sichere und qualitativ hochwertige Compoundierung nach wie vor eine Herausforderung. Ein klassischer Problemfall ist, dass Carbon Fillers in Agglomeraten auftreten, die aufgeschlossen werden müssen, um sie in Kunststoffe einarbeiten zu können.

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