Pumpenseminar Fördern von Flüssigkeiten mit Feststoffen
Zwei Tage lang beschäftigten sich 70 Teilnehmer des PROCESS-Pumpenseminars mit der Frage, mit welchen Pumpen man feststoffbeladene Flüssigkeiten am besten fördern könne. Wie immer standen die Förderaufgaben selbst im Mittelpunkt der Diskussion.
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Vorbei die Zeiten, wo man sich als Referent und Teilnehmer eines Seminars auf die Intimität des kleinen Kreises verlassen konnte. Zumindest bei den Vogel Industrie Medien ist das nun anders: Die von PROCESS initiierten Pumpenseminare werden minutiös per Digitalkamera aufgezeichnet und stehen schon kurze Zeit später als Webcasts auf der Homepage der Zeitschrift weltweit zum Download bereit. Und das ist auch gut so, stecken die Referenten doch viel Arbeit in ihre Präsentationen. Dieses Know-how steht mit den Webcasts nun einem sehr viel größeren Kreis von Fachleuten zur Verfügung. Der einzige Pferdefuß an der Sache: Eine schlechte Tagesform des Referenten ist nun auf immer dokumentiert...Über eventuelle Patzer muss sich Dr.-Ing. Friedrich-Wilhelm Hennecke keine Gedanken machen: Souverän wie immer führte er als Moderator durch das Seminar. Und legte gleich zu Beginn die Marschroute fest: „Wir untersuchen nicht, was man mit einer bestimmten Pumpe fördern kann. Wir gehen vom Betreiber, der Aufgabenstellung und vom Medium aus – und suchen dafür nach geeigneten Lösungen.“ Das ist bei der Aufgabenstellung „Fördern feststoffbeladener Flüssigkeiten“ natürlich keine einfache Sache. In Frage kommen sowohl Kreiselpumpen wie Verdrängerpumpen. Die Tabelle zeigt, wo einzelne Pumpentypen an Grenzen stoßen und welche sich besser bzw. eben weniger gut für die Förderung feststoffbeladener Flüssigkeiten eignen. Stets gilt es, grundlegende Fragen zu beantworten:
Welches Medium ist zu fördern (Gefahrstoff, Viskosität, Gas- oder Dampfanteil, Feststoffgehalt und Korngröße, Neigung zum Auskristallisieren, Polymerisieren, Agglomerieren)?
Welche Betriebszustände sind zu beachten (Konti- oder Batch-Fahrweise, Reinigungs- und Spülvorgänge)?
Welche Parameter sind vorgegeben (Durchsatz, Druck, Temperatur)?
Elastische Werkstoffe: „Wer klug ist, weicht aus“
Professor Helmut Jaberg von der TU Graz präsentierte in gewohnt eloquenter Weise eine Übersicht über die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen von Kreiselpumpen beim Fördern feststoffbeladener Medien. Demnach sind Kreiselpumpen sehr gut für den Feststofftransport geeignet, wenn das Medium als Suspension vorliegt. Das könnten selbst Sand und Abraum in Minen- und Baggerbetrieben sein oder Asche in Kraftwerken: „Solange die Suspension zum Saugstutzen der Pumpe kommt, wird sie auch gefördert“, so Jaberg.
Natürlich müsse der Hersteller Vorsorge treffen gegen den abrasiven Verschleiß in den strömungsführenden Komponenten: Beispielsweise durch den Einsatz duktiler Metalle hoher Härte, die Verwendung von Mineralguss oder auch durch gummierte Oberflächen auf metallischem Trägermaterial. „Wer klug ist, weicht aus“, beschreibt Jaberg den Vorteil elastischer Werkstoffe beim Kontakt mit Feststoffen.
Was kann der Betreiber tun? Beispielsweise könne er darauf achten, dass die Feststoffsuspension aus einer Mischung kleiner und größerer Körner besteht; die feinen Körner helfen dann beim Fördern der gröberen Anteile. Man sollte die Pumpe auch möglichst nicht in Teillast betreiben – das führe, so Jaberg, durch Sekundärströmungen zu einer zusätzlichen Abrasion. Insbesondere sei es wichtig, eine Separation zu vermeiden. Es gelte also, eine genügend hohe Fließgeschwindigkeit in den Rohrleitungen aufrecht zu erhalten.
Freistrompumpen: Das Laufrad ist oft entscheidend
Den Reigen der Firmenvorträge startete Richard Layes von Emile Egger, einem Hersteller u.a. von Freistrompumpen. „Wir bevorzugen in 99 Prozent der Fälle das offene Laufrad“, so Layes. Gegenüber einer Pumpe mit geschlossenem Kanalrad sinke dann zwar der Wirkungsgrad von 75 auf etwa 60 Prozent – aber dafür zeige das Freistromrad Vorteile wie die geringe Produktscherung und eine sehr gute Verschleißbeständigkeit. Das liege daran, dass nur etwa 15 Prozent des Mediums in direkten Kontakt mit dem Laufrad komme, der Rest werde allein durch hydraulische Kopplung bewegt.
Keine nahe liegende Lösung im Hinblick auf Feststoffe im Fördermedium sind die von Dieter Lau von Hermetic-Pumpen präsentierten Pumpen: Magnet- und Spaltrohrpumpen sind nun mal keine Aggregate, die man bei solchen Aufgabenstellungen als erste Wahl bezeichnen würde. „Primär ist es bei diesen Pumpen natürlich wichtig, Feststoffe zu vermeiden“, so sein klares Statement. Was aber tun, wenn das Medium nur mit einer leckagefreien Pumpe gefördert werden darf, aber Feststoffe enthält? Wenn Feststoffe nicht vermeidbar seien, so Lau, sollte die Korngröße 0,5 mm nicht überschreiten, der Feststoffanteil sich auf zwei bis drei Prozent beschränken. „Menge und Beschaffenheit des Feststoffs sind die kritischen Faktoren.“ Nimmt die Pumpe Schaden, sind zu 70 Prozent die Lager betroffen. Als konstruktive Maßnahme kann der Betreiber mit saugseitigen Anfahrfiltern arbeiten. Hermetic bietet zudem eine Slurry Configuration an, bei der antriebseitig eine reine Flüssigkeit eindosiert wird.
Verdrängerpumpen: Nicht alle sind feststoff-tolerant
Mit der Exzenterschneckenpumpe stellte Rainer Stettin von Knoll einen bestens zur Förderung feststoffbeladener Medien geeigneten Pumpentyp vor: Ein besonderes Merkmal von Exzenterschneckenpumpen MX ist die Ausführung in EvenWall-Technologie: Der Statormantel ist der Innenkontur des Elastomers angepasst, was eine deutlich höhere Druckstabilität bewirkt. Vakuumfeste Schraubenspindelpumpen der Baureihe KTSV lassen sich für fließfähige, aber auch für hochviskose Medien einsetzen. Auch Drehkolbenpumpen eignen sich sehr gut zum Fördern feststoffbeladener Medien, wie Hans Georg Steinmann von Börger zeigte: Für abrasive Medien stehen rundum gummierte Rotoren in nachstellbarer Ausführung zur Verfügung. Bei Verschleiß können die Kolbenspitzen über eine integrierte Mechanik nachgestellt werden, sodass wieder eine Dichtlinie zu dem den Rotor umschließenden Gehäuse bzw. zum gegenläufigen Rotor erzielt wird. Eine Besonderheit sind Kreiskolbenrotoren mit einzeln austauschbaren gummierten Flügelspitzen und wendbaren metallischen Flügelkanten. Zahnradpumpe decken einen weiten Viskositätsbereich ab, sind unempfindlich gegenüber hohen Differenzdrücken, dosieren sehr exakt und zeichnen sich durch eine pulsationsarme Förderung aus – es überrascht also nicht, dass diese Pumpen häufig für Dosier- und Mischaufgaben genutzt werden. Sie seien jedoch recht empfindlich gegenüber Feststoffen, wie Holger Kremer von Witte erläuterte. Was schlägt Kremer vor? Zunächst einmal müssten Härte, Form und Beschaffenheit der Fremdkörper bekannt sein. Die Feststoffkonzentration sollte unter fünf Prozent liegen, die Partikel kleiner als die kleinsten Spalte in der Zahnradpumpe sein. Es empfehle sich stets, die Pumpendrehzahl zu reduzieren und harte Werkstoffpaarungen für Gleitlager und Wellen auszuwählen. Bei Suspensionen sei sicherzustellen, dass es nicht zur Entmischung komme.
Druckluft-Membranpumpen: robuste Allesförderer
Die Pumpen, die Detlev Ammon von Crane vorstellte, sind demgegenüber der Rubrik „Allesförderer“ zuzuordnen: Druckluft-Membranpumpen wurden speziell zum Fördern von abrasiven, viskosen und kontaminierten Medien konzipiert. Die Konstruktion ist robust und für schweren Betrieb ausgelegt: Einfach an das Druckluftnetz anschließen – und die Pumpe fördert trocken-selbstansaugend. Durch Auswahlmöglichkeit unter verschiedensten Gehäusematerialien, Membranen und Elastomeren sei die Pumpe universell in nahezu allen Industrie-Applikationen einsetzbar, so Ammon. Wegen des begrenzten hydraulischen Wirkungsgrads baue man diese Pumpen aber nur bis zu bestimmten Größen, weil ansonsten der Antrieb im Verhältnis zum Pumpenkörper zu groß werde. Das Arbeitsprinzip von Schlauchpumpen ist ebenso einfach: Ein umlaufender Rotor presst einen Elastomer-Schlauch kontinuierlich zusammen und verdrängt das Medium in Richtung des druckseitigen Ausgangs. Schlauchpumpen fördern auf diese Weise Medien praktisch jeglicher Viskosität – Abwasser und Schlamm ebenso wie Säuren und Laugen. Natürlich gibt es auch für Schlauchpumpen Einsatzgrenzen und Limitierungen – beispielsweise wenn das Medium zu hohe Anteile an Lösungsmitteln enthält.
Kolbenmembranpumpen bieten hohe Förderdrücke
Gunnar Stork von Verder stellte Kolbenmembranpumpen des Typs HydraCell mit Taumelscheibenantrieb vor. Diese Pumpen bilden eine Symbiose zwischen den klassischen Kolbenpumpen für hohe Drücke und den Membranpumpen für viskose und abrasive Medien. Somit bewähren sich die-se Pumpen laut Stork dort, wo schwierige Produkte unter hohem Druck gefördert und dosiert werden müssen. Durch die Membran, die den Hydraulikteil von der Pumpenkammer trennt, können problemlos Feststoffe gefördert werden, ohne dass Kolben und Zylinder verschleißen.
Matthias Sauter von Lewa präsentierte u.a. die Kolbenmembranpumpe ecoflow. Der Membran-Pumpenkopf M900 mit PTFE-Membran gewährleiste zusammen mit dem Membran-Schutzsystem DPS (Diaphragm Protection System) eine hohe Betriebssicherheit. Das DPS steuert die Membranbewegung und sorgt dafür, dass sich die Membran immer im optimalen Arbeitsbereich bewegt. Unabhängig von äußeren Einflüssen (problematische Betriebsbedingungen; grobe Fehlbedienung) sei sichergestellt, dass die Bewegung der Membran vorgegebene Grenzen nicht überschreite.
Sauter rät dazu, Saugleitungen nie an der tiefsten Stelle des Behälters zu installieren und die mittlere Strömungsgeschwindigkeit ausreichend zu bemessen. Hermetisch dichte Kolbenmembranpumpen sieht er für den Transport feststoffbeladener Medien prädestiniert – allerdings können Fluide mit Feststoffen einen Einfluss auf die Ventilschließverzögerung und den Ventildruckverlust haben. Die Auswahl der geeigneten Ventilkonfiguration erfordere viel Erfahrung.
Mehrfach sicher: Doppel-Schlauchmembran-Kolbenpumpe
Feluwa-Chef Heinz M. Nägel sieht weltweit eine deutliche Tendenz, auch solche Suspensionen hydraulisch zu transportieren, die grobe Verunreinigungen enthalten. Kein Problem für Schlauchmembran-Kolbenpumpen, sie fördern Medien unterschiedlicher Viskosität und Konsistenz (chemisch aggressiv und mechanisch abrasiv, flüssig und hochviskos). Je nach Medium kann der Trockenstoffanteil 80 Prozent betragen – beispielsweise beim Einsatz in der Kohlevergasung. Neu sind die Doppel-Schlauchmembran-Kolbenpumpen „Multisafe“: Bei dieser Konstruktion wurde das bislang angewandte Flachmembranprinzip durch zwei flexible Schlauchmembranen ersetzt, die die Verdrängung übernehmen und gleichzeitig eine hermetische Trennung zwischen dem mediumberührten Bereich und dem hydraulischen Betätigungssystem bilden. Das Fördermedium kommt nur mit dem Inneren der Schlauchmembrane sowie den Förderventilen in Berührung. Ein Eindringen des Fördermediums in den Hydraulikraum ist ausgeschlossen. Hans-Jürgen Haubold von Putzmeister stellte zum Schluss des Seminars hydraulische Kolbenpumpen zum Fördern von Dickstoffen mit Trockensubstanz-Gehalten bis über 60 Prozent vor. Welche Dickstoffe können gefördert werden? Die Mischung aus flüssigen und festen Anteilen eines Dickstoffes müsse eine plastisch verformbare Masse ergeben, so Haubold. Ein Ausbluten, d.h. ein Ausscheiden der flüssigen Bestandteile, sei zu unterbinden. Nicht pumpbar sind z.B. Sand, Kies oder Dickstoffe mit einem hohen Gasanteil.
Fazit
Je komplexer das Medium, desto schwieriger ist die korrekte Auswahl und Auslegung der Pumpe. Das Seminar „Fördern von Flüssigkeiten mit Feststoffen“ gab den Teilnehmern dazu einen praxisgerechten Leitfaden an die Hand. „Wenn ich eine Pumpe auswählen will, brauche ich eine Übersicht über die verfügbaren Alternativen. Diesen Überblick bekomme ich hier“, so beschrieb ein Teilnehmer treffend die Besonderheit von PROCESS-Pumpenseminaren. Im Herbst wird die Seminar-Reihe fortgesetzt. Bereits jetzt können Sie die aktuellen Webcasts abrufen.
Der Autor ist redaktioneller Mitarbeiter bei PROCESS.E-Mail: bitpress@t-online.de
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