China Market Insider Chinas Kohlechemie unter Druck

Von Henrik Bork

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Die Kohlechemie ist in China ein ernster Konkurrent der Petrochemie. Doch nun hat Pekings oberste Zentralplanungsbehörde NDRC verfügt, dass in dem Sektor dringend bestehende Überkapazitäten abgebaut werden müssen. Große Staatsbetriebe werden zur Fusion gezwungen, neue Projekte nur noch bei Erfüllung strengerer Auflagen genehmigt.

Mit dem Format „China Market Insider“ berichtet PROCESS regelmäßig über den chinesischen Chemie- und Pharmamarkt.
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(Bild: ©sezerozger - stock.adobe.com)

Peking/China – Die Coronakrise sei nur das jüngste, aber nicht das wichtigste Problem der chinesischen Kohlechemie, schreibt das Nachrichtenportal Sina.com. „Mehrfache Herausforderungen wie Überkapazität und der Umweltschutz" setzten der Industrie schon seit längerem zu, schreibt Sina.

Die NDRC, die oberste Planungsbehörde in Peking, hat einen neuen Erlass über den „Abbau von Überkapazitäten in Schlüsselfeldern im Jahr 2020” veröffentlicht. Alle lokalen Regierungen in der Volksrepublik werden darin aufgefordert, Fusionen und Übernahmen von Staatsbetrieben in der Kohle- und Energieindustrie aktiv zu fördern. Die jüngste Runde der Konsolidierung in der Industrie – und die dritte seit dem Jahr 2000 – hat bereits begonnen. Die Shanxi Coking Coal Group fusionierte mit der Shanxi Coal Import and Export Group. In der Küstenprovinz Shandong haben sich die Shandong Energy Group und die Yankuang Group zum nun zweitgrößten Kohlekonglomerat Chinas zusammengeschlossen.

Die existierenden Konzerne werden von Staats wegen zur Fusionierung gedrängt, was zu einer Reduzierung des Wettbewerbs auf Provinzebene und dann allmählich zum Abbau bestehender, von örtlichen Parteibonzen gesponserten Überkapazitäten führen soll. Neue Projekte haben es ab jetzt schwer. „In der Regel sollen keine Kohleverflüssigungsprojekte (Coal-to-liquid oder CTL) mit einer Größe von weniger als drei Millionen Jahrestonnen mehr genehmigt werden”, heißt es in einem detaillierten, neuen Erlass der NDRC zur „Verwaltung der Kohlechemie”. Methanol- und Dimethyl-Ether-Projekte unterhalb einer Million Jahrestonnen und Kohle-zu-Olefin-Anlagen mit weniger als 600.000 Jahrestonnen Kapazität sollen ebenfalls nicht mehr genehmigt werden.

Chinas Parteimedien loben die Politik als Teil des chinesischen Festhaltens an „grünen und kohlenstoffarmen Entwicklungszielen”. Und in der Tat bekennt sich Peking anders als die USA noch immer zu den Pariser Klimaschutzzielen, die ohne eine drastische Reduzierung des Kohleverbrauchs nicht zu erreichen sind. Allerdings stellte Kohle im vergangenen Jahr immer noch 69 % des chinesischen Energiemix. „Die Aufgabe der Kohleregulierung bleibt sehr ernst,”, kommentiert Sina.

Wie viele andere Länder hat China nach der Ölkrise in den siebziger Jahren nach Alternativen gesucht. Seit etwa 2006 ist mit der industriellen Massenproduktion von Methanol-zu-Olefinen (DTMO) begonnen worden. In rascher Folge wurde dann in riesige Produktionsanlagen investiert. Die Kapazitäten steigerten sich „exponentiell”, auch nachgelagerte Zuliefer-Industrien erlebten eine „ungeordnete Expansion”, so Sina. Ein Beispiel ist die Katalysator-Industrie in China, aus der sich ausländische Konzerne derzeit zurückziehen. Vielen Anlagen laufen mit einer Auslastung von weniger als 50 %. Eine große Menge von Produktionskapazität liegt brach.

Neben Überinvestitionen haben auch Fortschritte in der Prozesstechnik zum Niedergang der Katalysator-Industrie beigetragen. Üblicherweise braucht eine Methanol-Anlage mit einer Produktionskapazität von 600,000 Jahrestonnen Olefinen 1,8 Millionen Tonnen Methanol und 500 bis 550 Tonnen Katalysatoren. Doch in den vergangenen Jahren haben Verbesserungen der Prozesstechnologie die Mengen der benötigten Katalysatoren immer weiter reduziert. „Das Dilemma in der Katalysator-Industrie ist, dass sich die Produkt-Technik immer weiter verbessert, während die Preise Jahr für Jahr weiter fallen", schreibt das Nachrichtenportal 36Kr. Dank der Coronakrise und dem Verfall der Ölpreise steige nun der Kostendruck auf DMTO-Hersteller weiter. Und für die Herstellung von Katalysatoren für die Kohlechemie in China habe bereits „offiziell eine unprofitable Periode begonnen”, kommentiert 36Kr.

* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking.. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.

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