China Market Insider China forciert Feinchemieproduktion
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China setzt im Bereich Feinchemie zur Aufholjagd an. Mit einer Reihe von gezielten Fördermaßnahmen will die kommunistische Staats- und Parteiführung in Peking die Entwicklung der Industrie forcieren, um gegenüber dem Ausland autarker zu werden.

Peking/China – Zu den von den Zentralplanern gesetzten Zielen gehört die Aufwertung von zwei bis drei Chemieparks. Zehn führende Unternehmen sollen ab jetzt „kultiviert” werden, also eine Art chinesische „National Champions“ mit einem jährlichen Umsatz pro Unternehmen von zehn Milliarden Yuan (rund 1,3 Milliarden Euro). Bis zum nächsten Jahr soll die nationale „Feinchemie-Rate”, also der Anteil der Feinchemie an der chemischen Gesamtproduktion in China, auf mindestens 50 % angehoben werden.
Entwickelte Länder spezialisieren sich seit längerer Zeit immer mehr auf hochqualitative Chemieprodukte wie zum Beispiel Chemikalien für die Elektroindustrie und die Herstellung von Halbleitern, oder hochwertige Polyolefine. Die Feinchemie-Rate, ein Indikator für den Entwicklungsstand der Chemieindustrie, liegt in Japan oder Deutschland zwischen 60 und 70 %. Da möchte China aufholen.
Der Handelskrieg zwischen Washington und Peking, aber auch die Unterbrechungen der Lieferketten während der Coronakrise haben in China eine Debatte über mehr Autarkie in vielen Schlüsselindustrien ausgelöst. Zeitgleich mit der Diskussion über die Förderung der heimischen Halbleiter-Industrie werden nun auch immer mehr Rufe nach einer größeren Unabhängigkeit von Importen der zu ihrer Produktion nötigen Chemikalien laut. Ohne Feinchemie auch keine chinesische High-Tech-Industrie, lautet die Argumentation.
„China ist stark abhängig von anderen Ländern, was hoch-qualitative chemische Produkte, High-End-Ausrüstung in der Chemieindustrie und führende Technologie betrifft”, schreibt PROCESS China unter Berufung auf offizielle Statistiken. So habe das Chinesische Ministerium für Industrie und Informationstechnik im Jahr 2018 gewarnt, dass 32 % aller 130 Basis-Chemikalien noch überhaupt nicht in China produziert werden könnten, und über die Hälfte aller Feinchemie-Produkte noch eingeführt werden müssten.
Chinas chemische Industrie sei „groß, aber nicht stark“ lautet der in Chinas Medien derzeit zirkulierende Vorwurf. Exzessive Produktion im unteren Marktsegment stehe einer ungenügenden Produktion von Feinchemikalien gegenüber, lamentiert etwa die „China Chemical Industry News” in einer Anfang dieses Monats veröffentlichten Analyse.
China habe sich daher nun das Ziel gesetzt, die „Innovation und Entwicklung” von feinchemischen Produkten ebenso gezielt zu fördern wie den Einsatz umweltfreundlicher, „sauberer Produktionsprozesse”. Zehn neue Feinchemie-Technologie-Zentren sollen dazu in den kommenden Jahren neu aufgebaut werden.
Solche Absichtserklärungen heißen zwar nicht, dass sich globale Marktführer wie Mitsubishi, BASF oder American Air Products mit ihren gewaltigen Ausgaben für F&E akut Sorgen machen müssen. Aber Chinas Planwirtschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach bewiesen, dass ihre Industriepolitik und deren Verlautbarungen alles andere ist als ein Papiertiger. Die globale Feinchemie wird sich daher wohl allmählich auf wachsende Konkurrenz aus China einstellen müssen.
Mit stärkerem Rückenwind aus Peking und Förderung durch Provinzregierungen wird für chinesische Produzenten wie Transfar Zhilian, Zhejiang Hisoar Pharm, Zhejiang Runtu, Shanghai Anoky Group oder Liaoning Kelong Fine Chemical das Leben einfacher werden, nicht zuletzt durch einfacheren Zugang zu Kapital.
* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking.. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.
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