Additive Fertigung (3D-Druck) 3D-Druck-Verfahren revolutionieren ganze Branchen – auch die Prozessindustrie?
Beinahe täglich überschlagen sich Meldungen zu neuen Einsatzmöglichkeiten von additiven Fertigungsverfahren (3D-Druck). Die Prozessindustrie hat gleich zwei Berührungspunkte: Sie bietet speziell für den 3D-Druck konzipierte Materialien an, und sie nutzt additiv gefertigte Komponenten und Ersatzteile für die Produktion. Wir wollten es genau wissen: Was ist dran am 3D-Druck-Hype.
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Es geht nicht um Visionen, es geht auch nicht um Peanuts: Bei weltweit rund zehn Milliarden Euro im Jahr liegt schon heute das Geschäft mit dem 3D-Druck, so eine im Juli vorgestellte Studie von Ernst & Young (Deutschland: rund 1 Milliarde). Der VDMA rechnet mit einem Plus von jährlich 25 Prozent. Immer mehr Technologie-Anbieter und Dienstleister machen sich im Markt breit, Meldungen über immer neue Produktideen liest man auch in der Tageszeitung.
Mit dem 3D-Druck rücke der Traum von der maßgeschneiderten Anlage ein gutes Stück näher, stellt die Dechema fest. Die Technologien, die dafür zur Verfügung stehen, sind vielfältig: Gedruckt wird mit Kunststoffen, Silikon, Aluminium oder Stahl sowie auch mit Keramiken. Je nach Material kommen unterschiedlichste Verfahren zum Einsatz, vom Lasersintern oder Laserschmelzen über Pulverkleben, bei dem der feingemahlene Werkstoff mit Harzen oder Polymeren vermischt wird, bis zum 3D-Druck mit lichtempfindlichen Kunststoffen (Photopolymere).
Besonders beeindruckt die Möglichkeit, Medikamente mit einem 3D-Drucker zu produzieren. Dr. Julian Quodbach, Mitarbeiter am Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, präsentierte in einem Vortrag auf der Powtech 2016 die Vorteile von 3D-gedruckten Arzneimitteln: Zum einen könne man mit der Technologie eine höhere Arzneistoffbeladung erzielen, sprich mehr Wirkstoff in kleinere Tabletten bringen.
Noch interessanter ist für ihn die Möglichkeit zur Individualisierung: Indem man die Tabletten unterschiedlich groß druckt, seien auch individuelle Dosierungen möglich. Und es ist auch denkbar, mehrere Wirkstoffe in einer Tablette zu kombinieren, so dass Patienten statt fünf nur noch eine Tablette schlucken müssten. Ein realistisches Szenario sei, dass schon in einigen Jahren in Krankenhäusern und Apotheken 3D-Drucker stehen.
Kein Szenario, sondern Realität: Bei der von Aprecia Pharmaceuticals entwickelten Zip-Dose-Technologie trägt ein 3D-Drucker wirkstoffhaltige Pulverschichten nacheinander auf. Jede Lage wird mit einer wässrigen Lösung an die nächste befestigt. So entstehen poröse Tabletten mit bis zu 1000 Milligramm eines Wirkstoffs pro Stück. Beim Herstellungsprozess selbst lässt sich die Dosis patientenindividuell steuern. Entsprechende Pillen lösen sich schnell in Wasser – der Hersteller spricht von weniger als 10 Sekunden. Für das so hergestellte Antiepileptikum Spritam erhielt der Hersteller 2015 die FDA-Zulassung.
Warum die additive Fertigung gerade auch für den Apparate- und Anlagenbau so interessant ist? Das verraten wir auf der nächsten Seite.
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