Modulare Wiegetechnik Wiegetechnik aus dem Baukasten schafft Flexibilität und vereinfacht die Montage
Modultechnik in der Pharmaindustrie und Praxisbeispiele standen im Mittelpunkt des 2. Technologietags zu dem AZO geladen hatte. Denn Voraussetzung für erfolgreiche Projekte ist der Austausch mit dem Kunden. Eine Anlage zur Herstellung von Brausetabletten stand im Technikum zum Factory Acceptance Test zur Besichtigung bereit.
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Wir haben den Anspruch uns weiterzuentwickeln und die Prozesse unserer Kunden immer besser kennenzulernen.“ Reiner Zimmermann, Geschäftsführer bei AZO hätte kaum einen besseren Anlass für sein Statement wählen können wie den 2. Technologietag, zu dem AZO kürzlich nach Osterburken geladen hatte. Genau zu diesem Zweck hat der Schüttgutspezialist nämlich die Tagung ins Leben gerufen. Voraussetzung für erfolgreiche Projekte ist schließlich der Austausch mit dem Kunden und die genaue Kenntnis seiner Bedürfnisse.
Und offenbar sehen die Kunden das ähnlich – denn zum Beginn der Vorträge füllten mehr als 50 Teilnehmer den Tagungsraum im neuen Technologiezentrum. Marketingleiter Walter Sonntag durfte sich daher zufrieden volles Haus attestieren. Und das, obwohl Osterburken seinem Spitznamen „badisch Sibirien“ an diesem Morgen alle Ehre machte und langsam unter einer Schneedecke versank.
Anlagen nach Wunsch
Die Dauerbrenner der Pharmabranche – kleine Losgrößen, häufig wechselnde Chargen und steigender Kostendruck – spiegelten sich auch im Tagungsprogramm wider. „Modulare Wiegetechnik in der Pharmaindustrie“ war nämlich das Thema und das Ganze angereichert mit Praxisbeispielen. Anwendungsbeispiele und praxistaugliche Lösungen sind nämlich gefragt in der Branche und bieten eine Menge Diskussionsstoff. Und Gelegenheit zur Diskussion räumten sowohl Moderator Günter Körblein als auch der luftige Zeitplan den Teilnehmern reichlich ein.
Modultechnik ist ein Ansatz auf den AZO schon viele Jahre setzt. Ob Container in diversen Größen, Einfülltrichter, Module zur Fassentleerung, Wirbelstromsiebmaschinen oder Aufgabestationen, wie in einem Baukasten lassen sich alle Komponenten entsprechend der Aufgabenstellung zusammensetzen. „Der modulare Aufbau pharmazeutischer Anlagen verschafft Flexibilität und vereinfacht Transport, Produktion und Reinigung,“ bilanzierten die beiden Geschäftsbereichsleiter AZO Vital Willi Weidmann (Technik) und Peter Watzal (Vertrieb) in ihrem Tandem-Vortrag.
Wobei Weidmann betonte, es sei anfangs nicht ganz einfach gewesen, automatische Systeme in der Pharmaindustrie einzuführen: „Vor 25 Jahren wurde noch mit der Schaufel gearbeitet.“ Der Durchbruch kam schließlich mit größeren Chargen, die Containerbeschickung rentabel machten.
Mittlerweile haben sich die Vorteile der Modultechnik herumgesprochen, und auch bei der Tablettenbeschichtung spielt der modulare Aufbau der Anlagen eine immer wichtigere Rolle. Schließlich ist der eigentliche Coater ein zwar zentraler, aber bei weitem nicht der einzige Teil einer Coatinganlage: Vorlagebehälter, Dosiersysteme, Luftkonditionierung, Sprüharme für die Filmlösung, CIP-Stationen, Austragssysteme und schließlich Lösungsherstellung und –versorgung kommen hinzu und müssen intelligent in ein funktionsfähiges Gesamtsystem eingebunden werden.
Wie so etwas aussehen kann, war Thema des Vortrags von Bernd Grabherr, Leiter Technik bei Driam Anlagenbau. Grabherrs Fazit: „Ziel ist ein reproduzierbarer Prozess, der qualitativ hochwertige Produkte erzeugt.“
Saubere Lösungen
Hygiene ist in der sensiblen pharmazeutischen Herstellung das A und O und die Vermeidung von Kreuzkontaminationen vor allem in Anlagen mit häufig wechselnden Produkten vorrangiges Ziel. Das zeigten auch die Diskussionsbeiträge zu Grabherrs Ausführungen, die kritisch nachfragten, wie der Hersteller Toträume zwischen Coatertrommel und Gehäuse vermeidet.
Effektive Systeme zur Reinigung von Containern und anderem Equipment sind daher gefragt und waren Inhalt des Vortrags von Siegfried Hauser, Geschäftsführer AVS-Technik. Sein Unternehmen hat sich auf Reinigungssysteme spezialisiert, die für unterschiedliche Behältergrößen und –formen konzipiert sind. Mit im Programm sind auch spezielle Lösungen für Rundbehälter von 700 bis 1200 Liter. Der Clou des Systems: Die Halterung passt sich der Behältergröße automatisch an.
Referenz bei Hermes
AZO, das Kürzel steht übrigens für Adolph Zimmermann Osterburken, hat in den vergangenen Jahren eine große Zahl an Referenzen in der Pharmabranche sammeln können. Jüngstes Highlight, das auch auf der Tagung im Mittelpunkt stand, ist eine Anlage zur Herstellung von Brausetabletten bei Hermes Arzneimittel, die komplett in Modulbauweise gefertigt ist.
Hermes ist Spezialist für die Herstellung von Vitaminen und Mineralstoffen und verarbeitet Mengen, die so Herstellungsleiter Uwe Tschirschwitz, schon fast an Verhältnisse in der Lebensmittelproduktion erinnern. Schließlich verlassen fast 800 Millionen Brausetabletten jährlich das Werk in Wolfratshausen. Die von AZO gebaute Anlage wird nach der Inbetriebnahme im Werk Wolfratshausen 2300 Tonnen jährlich produzieren; das sind bei einer Batchgröße von 500 Kilogramm 20 Tonnen pro Tag.
Die in der Anlage verarbeiteten Produktionsmengen und die große Zahl der Wirk- und Hilfsstoffe erfordern flexible Rezepturgestaltung und IT-Systeme, die von den IT-Spezialisten von hsh-systeme in die bereits bestehende Peripherie integriert werden mussten und ebenfalls Thema eines Vortrags waren.
Anlage zur FAT
Zum Zeitpunkt der Tagung war die Anlage zur FAT im Technikum aufgebaut, sodass jeder Besucher die Gelegenheit hatte, sich konstruktive Details anzusehen und vor Ort von den Vorteilen der Modulbauweise zu überzeugen. Die Anlage besteht nämlich aus drei funktionsfähigen Modulen, die – so lautete die Vorgabe – beim Einbau auf den Zentimeter genau in das niedrige Gebäude in Wolfratshausen eingepasst werden müssen. Selbstverständlich bei laufender Produktion.
Neun Dositainer fungieren als Vorrats- und Dosierbehälter und Rohrleitungen fehlen völlig. „Das verhindert Kreuzkontaminationen,“ erklärte Weidmann. Die 35 Wirkstoffe und 70 Hilfsstoffe werden vollautomatisch eingewogen und staubfrei durch das geschlossene System geschleust. Da Zitronensäure und Ascorbinsäure sowie Natriumhydrogencarbonat und Calciumcarbonat verarbeitet werden, sind die Dosierstellen in eine saure und eine basische Seite aufgeteilt (Sechs für die Säuren und drei für die Basen).
Und dass angesichts der in der Produktion verwendeten Substanzen Mitarbeiterschutz bei der Konzeption oberste Priorität hatte, ist eigentlich schon fast selbstverständlich. Dazu zählen übrigens auch zwei fahrbare Waagen, deren Höhe je nach Gebinde frei verstellbar sind: Kein Mitarbeiter atmet beim Schaufeln saure oder basische Stäube ein oder verhebt sich an Säcken das Kreuz.
Allerdings ist die Konzeption einer Anlage nur die halbe Miete. Wichtiger Bestandteil ist die Gebäudeplanung, für die es auf die enge Zusammenarbeit des Planers mit dem Auftraggeber ankommt. Norbert Schönbrod von Carpus+Partner präsentierte im Abschlussvortrag ein Praxisbeispiel: Die Erweiterung einer Feststoffproduktion bei Merckle in Blaubeuren – ein Projekt, bei dem das Planungsteam auf Wunsch des Bauherrn während der gesamten Planungsphase vor Ort war.
Fazit der Veranstaltung: Die Modultechnik weist zwar auf der einen Seite ein hohes Maß an Standardisierung auf, was sich positiv auf die Kosten niederschlägt. Auf der anderen Seite ist aber auch eine große Vielfalt an Ausführungen möglich.
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