Anwendertreffen Berlin Wie Prozessautomatisierer Yokogawa wachsen will

Autor / Redakteur: Gerd Kielburger* / Gerd Kielburger

Bereits zum siebten Mal traf sich Yokogawa mit seinen Anwendern und Partnerfirmen zur europäischen Anwenderkonferenz. Unter dem Motto „The Power of Innovation“ hatte der japanische Prozessautomatisierer mit einem breiten Themenspektrum von Funktionaler Sicherheit, über Wireless, Safety & Security, Energiemanagement bis hin zum Einsatz von Augmented Reality in der Wartung eingeladen. Hier einige Schlaglichter vom Event.

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Mehr als 180 Teilnehmer aus ganz Europa waren zum Yokogawa-Anwendertreffen vom 2. bis 4. Juli 2014 in Berlin angemeldet.
Mehr als 180 Teilnehmer aus ganz Europa waren zum Yokogawa-Anwendertreffen vom 2. bis 4. Juli 2014 in Berlin angemeldet.
(Bild: Yokogawa)

Anwendertreffen haben sich bei Prozessautomatisierern seit vielen Jahren etabliert. Unter dem Slogan 'Die Kraft der Innovation' hatte Yokogawa diesmal nach Berlin geladen. Mehr als 180 Teilnehmer waren angemeldet und erfuhren nicht nur welche Entwicklungstrends man beim japanischen Automatisierungskonzern erkennt, sondern auch, mit welcher Roadmap der Konzern mit seiner europäischen und deutschen Tochtergesellschaft bei den Kunden – auch hinsichtlich der Plattform-Technologie – in den nächsten Jahren punkten will. Gleichzeitig gilt das Event aber auch als eine Art Crowd Sourcing für die Weiterentwicklung bestehender und neuer Yokogawa-Produkte, wie Robert Ytsma, von der niederländischen Kisuma Chemicals BV, als Chairman des diesjährigen Anwendertreffens erklärte. Ein wichtiges Event also für das Unternehmen, das im kommenden Jahr sein 100-jähriges Jubiläum begeht und sich seit jeher in hohem Maße durch Produkt- und Technologie-Innovationen definiert, wie es das hochkarätig aus Japan angereiste Management betonte.

Marktanteile steigern

In großer Offenheit stellte sich das Management auch den Fragen der Fachpresse. Yokogawa-Europachef Herman van den Berg überraschte dabei mit einer klaren Ansage: „Unsere Marktanteile sind derzeit weit weg von den Erwartungen und es gibt Industrien, in denen wir nicht gut aufgestellt sind.“ Wachstumsherausforderungen sieht man beim japanischen Mutterkonzern offensichtlich im europäischen und vor allem im deutschen Markt. Mit der klaren Botschaft und Aufforderung zur Steigerung der Marktanteile könnten zukünftig damit andere Branchen wie Energie, Zement, Papier oder auch Food stärker in den Fokus genommen werden. Vor allem beim Thema Energiemanagement will man in den unterschiedlichen Branchen stärker punkten. Mit einer neu gegründeten Solutions-Service-Einheit sollen neben Energiemanagement-Leistungen zukünftig aktiver Engineering- und Servicedienstleistungen angeboten werden und zwar über das komplette Lifecycle einer Anlage sowie bei Prozess-analytik oder Advance Process Control. Wichtig dafür sei, dass man auf Augenhöhe die Sprache der Chemie- und Verfahrenstechnik sprechen könne.

Vertriebspartner Gassecure

Auch über strategische Partnerschaften soll das Wachstum forciert werden. So nutzte Europachef van den Berg die Gelegenheit, um eine Vertriebsvereinbarung mit dem norwegischen Unternehmen Gassecure AS für die auf dem Wireless-Standard ISA100 basierenden Gasdetektoren von GasSecure bekanntzugeben. Auf diesem Weg kann Yokogawa sein Produktsortiment an Wireless-Lösungen für Feldgeräte in Anlagen ausbauen und seinen Kunden eine noch bessere Unterstützung ihrer Anwendungen im Bereich Gesundheit, Sicherheit, Arbeits- und Umweltschutz (HSSE) bieten. Der norwegische Partner erhält im Gegenzug Zugang zu Yokogawas globalem Vertriebs- und Servicenetz. Yokogawa hat eine Reihe von ISA100 Wireless-konformen Technologien und Geräten wie z.B. drahtlose Adapter entwickelt, mit deren Hilfe herkömmliche verdrahtete Geräte an Wireless-Netzwerke angebunden werden können. Gassecure ist auf die Entwicklung, die Herstellung und den Verkauf von drahtlosen Gasdetektoren spezialisiert, die sich durch einen niedrigen Energieverbrauch und hohe Zuverlässigkeit auszeichnen sollen. Einsatz finden die Gasdetektoren bei der Überwachung von Kohlenwasserstofflecks auf Offshore-Plattformen, bei Tanklagern, Industrieanlagen usw.

Consumerization auch als Trend für Prozessindustrie

Als einen großen Trend nannte ein Yokogawa-Referent die 'Consumerization' in der Prozessindustrie. Was steckt dahinter? Produkte aus der Consumer-Branche diffundieren seit dem Siegeszug des Internets zunehmend in die Industriewelt und könnten sich bereits in wenigen Jahren auch hier zum Standard entwickeln. Auch dabei möchte sich Yokogawa an der Spitze der Entwicklung setzen und zeigte in einem Co-Vortrag mit CF Carbons, einer Akzo Nobel-Tochter, erste Applikationstests mit einem iMaintain-Tablet. Dabei wurden am Produktionsstandort in Frankfurt/Höchst sogenannte Augmented-Reality-Anwendungen für Wartungsaufgaben getestet. Ziel des auf der Android-Technologie basierenden und mit dem Yokogawa-Prozessleitsystem verbundenen Tablets ist es, dem Wartungspersonal in der Anlage ergänzende und hilfreiche Informationen (z.B. Trendkurven, Alarme, Prozessinformationen, Bedienungsanleitung, etc.) zur Verfügung zu stellen, die ansonsten nur über Schnittstellen und Rückfragen bei Kollegen in der Leitwarte verfügbar seien. Die vortragenden Anwender der Akzo Nobel-Tochter zeigten sich jedenfalls ob der neuen Möglichkeiten begeistert.

IT-Sicherheit: Shell will eigenen Standard setzen

Das mit der Nutzung von mobilen Endgeräten aber auch der Wireless-Technologie einhergehende Thema der IT-Sicherheit war ebenfalls Inhalt mehrerer Vorträge aus den Unternehmen Wurldtech, Shell und Cisco. Wichtigste und nicht verwunderliche Erkenntnis: Im Umgang mit IT-Sicherheit brauche es klare Regeln im Unternehmen, die allerdings in der Praxis allzu oft missachtet würden. Zahlreiche Anwender ließen immer wieder grundsätzliche Regeln außer acht, antworteten auf Fragen, ob denn auch ein Backup und Restore gemacht worden sei, oftmals ja, obwohl das nicht der Wahrheit entspräche. So könne man Sicherheit natürlich nicht sicherstellen, lautet die ernüchternde Erkenntnis eines Wurldtech-Referenten. In einem anschließenden Co-Vortrag stellten Shell-Manager Tyler Williams und Greg Carter von Cisco ihre Vorgehensweise bei Shell vor, die auf der von Yokogawa und Cisco entwickelten Secure-Ops-Lösung basiert. Mit der in der Kooperation erarbeiteten Vorgehensweise will Shell zukünftig eigene Standards setzen, bei der man alle Shell-Zulieferer einbinden möchte. Auch wenn Yokogawa und Cisco das System managen sollen, bedeute dies aber nicht, dass andere Prozessautomatisierer sich dabei nicht einbinden ließen.

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