Qualitätsüberwachung Probenahme im Rahmen industrieller Qualitätskontrolle

Redakteur: Wolfgang Geisler

Qualitätssicherung ist in der Industrie mehr denn je ein wichtiges Thema. Aufgrund der immer komplexer werdenden Prozesse und zur Vermeidung von Störungen in der Lieferanten-Kundenbeziehung, also bei Warenein- und -ausgang, ist es wichtig, die Einhaltung der vereinbarten Spezifikationen zu überprüfen. Ein wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung und Prozessanalyse ist die repräsentative Probenahme.

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Nicht erst seit Krisen wie Nitrofen, Bioland oder BSE nimmt die Bedeutung der Probenahme und der Analytik ständig zu. Dass die heutige Analysentechnik in der Lage ist, fast alles in fast jedem Produkt nachzuweisen, ist schon fast ein geflügeltes Wort geworden. Eine hochstehende Analysetechnik alleine ist aber noch keine Gewähr für eine zuverlässige Qualitätskontrolle. Das Ergebnis der Untersuchung gilt nur für die untersuchte Probe. Damit eine zutreffende Aussage über die Eigenschaft der Gesamtmenge gemacht werden kann, müssen Probenahme, -vorbereitung und Analysetechnik genau aufeinander abgestimmt sein.

Heute stellt sich weniger die Frage, wie gut eine Laboruntersuchung ist, sondern vielmehr, wie gut ist die Probe, die die Basis für jede Laboruntersuchung darstellt?

Warum Probenahme?

Um die Qualität von Produkten und die Funktionsfähigkeit von Prozessen sicher zu stellen, werden die Produkte auf die gewünschten Eigenschaften hin untersucht. Bei Äpfeln, z.B., kann man ohne weiteres die Gesamtmenge untersuchen, beurteilen und die Teile aussortieren, die nicht der Spezifikation, z.B. dem Kaliber, entsprechen. Man spricht hier von einer 100-Prozent-Kontrolle. Bei anderen Produkten, deren Qualität und Beschaffenheit nicht untersucht werden kann, ohne sie dabei zu zerstören oder unbrauchbar zu machen, ist es nötig, eine repräsentative Probe zu entnehmen, um diese dann im Labor zu untersuchen.

Was bedeutet Probenahme?

Per Definition versteht man unter Probenahme die Entnahme einer Teilmenge aus einem Gesamtmenge, wobei die Teilmenge als repräsentativ für die Gesamtmenge angesehen werden kann. Wie aber erhält man eine repräsentative Probe?

Diese Frage lässt sich nur beantworten, wenn geklärt ist, auf welche Eigenschaften ein Produkt untersucht werden soll. So ist beispielsweise eine Anzahl Boskoop-Äpfel durchaus repräsentativ für eine Gesamtmenge „Äpfel“, und wenn es gleichgültig ist, welcher Anteil Boskoop-Äpfel in einer Gesamtmenge Äpfel ist, mag eine Probe genügen, die nur diese Sorte enthält. Sind aber die genauen Anteile der verschiedenen Sorten (z.B. Golden Delicious, Boskoop etc.) Gegenstand der Untersuchung, so sollten sich in der genommenen Probe alle Sorten im gleichen Verhältnis wiederfinden.

Ist das Ziel der Untersuchung definiert, muss die Probenahme geplant werden. Es gilt, ein Verfahren zu finden, mit dem die Proben reproduzierbar hergestellt werden können. Theoretische Ansätze bieten u.a.:

Formel nach Klockenkämper;

Repräsentanz der Probenahme nach Taggart (für Schüttgut, z.B. Erze, unterschiedlicher Korngröße);

Sampling-Konstante (Ingamells, Holstein);

Einschlägige, produktspezifische DIN/EN Normen mit Empfehlungen für die Praxis.

In Versuchsreihen wird dann festgestellt, ob das Verfahren wiederholbar repräsentative Proben liefert. Dies ist im Prinzip schon der erste Schritt einer Validierung.

Natürlich gilt auch hier das Prinzip der Zweckmässigkeit. Letztendlich zählt, dass Kunde und Lieferant die geforderten Qualitätsmerkmale und die Verfahren spezifizieren, mit denen diese Merkmale überpüft werden, um im Fall des Falles Differenzen schnell aufklären zu können.

Alle obigen Überlegungen münden letztendlich in einer Arbeitsanweisung (SOP = Standard Operation Procedure) oder Probenahmeanweisung, die möglichst genau beschreibt, wie Proben genommen werden sollen. Sie sollte allen mit der Probenahme betrauten Personen jederzeit verfügbar sein.

Gute Dokumentation ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Qualitätssicherung, denn nur was ordnungsgemäß dokumentiert ist, ist jederzeit für jedermann nachvollziehbar! Diese Dokumentation ist eine Art „schriftlicher Beweisführung”, die beispielsweise für zugelassene Pharmahersteller verbindlich vorgeschrieben ist. In dieser sensiblen Branche wird alles, was nicht schriftlich festgehalten ist, von den Behörden (FDA) sogar als versuchter Betrug (fraud) aufgefasst!

In Probenahmeprotokollen werden alle Probenahmen im Detail schriftlich festgehalten. Abweichungen von der Vorschrift, Fehler und Besonderheiten bei der Probenahme werden hier dokumentiert. Dies ist wichtig, um bei Abweichungen kostspielige Wiederholungen von Analysen oder gar Stillstand von Anlagen zu vermeiden.

Einfluß des Personals

Oft werden in der Praxis leider noch Hilfskräfte mit der Probenahme betraut, die sich der Bedeutung dieser Aufgabe nicht bewusst sind. Probenahme ist Analytik und gehört in die Hände von geschultem Fachpersonal! Korrekt durchgeführte Probenahme ist eine wichtige und gleichzeitig schwierige Aufgabe. Sie ist auch kostenintensiv und kann je nach Ergebnis weitreichende Konsequenzen haben, da die gezogene Probe die Basis für nachfolgende Untersuchungen darstellt. Eine noch so genaue Analytik und eine noch so kleine Substanzmenge, die sie benötigt, sind solange völlig nutz- und wertlos, wie nicht sichergestellt ist, dass diese Menge ein genaues Abbild der großen Materialmenge ist, für deren Bewertung sie steht. Die Kunst ist, aus Tonnen substanzgleiche Milligramm zu machen – die Kunst der Probenahme. Wer sie nicht beherrscht, kann auch bei genauester und empfindlichster Analytik nur wertlose Zahlen produzieren, und seien es noch so viele.

Kurz gefasst: Ist die Probenahme falsch, ist es auch die Analyse, selbst wenn sie für sich gesehen absolut richtig war.

Die Technik macht‘s

In vielen verfahrenstechnischen Anlagen sind bereits vom Hersteller Probenahmeventile, so genannte Inline-Probenehmer, eingebaut, die aus einem Behälter oder aus dem Produktstrom Proben nehmen (Abb. 1). Diese sind oft mit der Steuerung der Anlage gekoppelt, sodass die Probenahme automatisch erfolgt.

Im Bereich der manuellen Probenehmer gibt es verschiedenste Ausführungen. Einen Universal-Probenehmer für alle Produkte gibt es nicht. Ein gutes Probenahmegerät sollte folgende Anforderungen erfüllen:

Konstruktion und Verarbeitung ohne Kanten und Hinterschnitte, damit sich keine Verschmutzung festsetzen kann (Gefahr der Verschleppungskontamination). Auf glatten und polierten Oberflächen lassen sich am leichtesten Verschmutzungen erkennen und reinigen. Eine gute Alternative stellen Einweg-Geräte dar, die nach Benutzung entsorgt werden können.

Einfach in der Handhabung: Es macht einfach mehr Freude, mit gutem und geeignetem Werkzeug zu arbeiten. Die Probenahme wird dadurch standardisiert und reproduzierbar – unabhängig von der Person, die sie durchführt.

Da es bei der Probenahme ja darum geht, eine repräsentative Probe zu erhalten, haben sich Geräte bewährt, die die Probe aus dem Produkt entnehmen und nicht etwa nur von der Oberfläche. Abb. 2 zeigt eine so genannte Pulversonde bei der Probenahme aus einem Mischkessel, bei der sich die Sammelkammer erst öffnet, wenn die gewünschte Tiefe erreicht ist.

Um aus Säcken und Big Bags Proben zu nehmen, eignen sich einfache Stechlanzen. Wichtig ist hierbei, dass das Gebinde danach wieder gut verschlossen wird, um Verderb oder Verlust des Produkts zu vermeiden (Abb. 3).

Für die Beprobung von Pulvern und Granulaten eignen sich auch sogenannte Zonensammler, die aus zwei gegeneinander drehbaren Rohren bestehen. Diese Geräte gewinnen Proben aus mehreren Zonen, die dann als Einzel- oder Mischprobe betrachtet werden können.

Eine Besonderheit bei der Probenahme stellt das bei der Pharma-Herstellung oft angewandte „Unit Dose Sampling“ dar, mit dem die „Content Uniformity“ nachgewiesen und sichergestellt werden soll (Abb. 4). Darunter versteht man die homogene Verteilung der Wirk- und Inhaltsstoffe innerhalb der Mischung aus Hilfs-, Füll- und Wirkstoffen. Die Untersuchungsmethode, die auch als „Blend Uniformity Analysis“ (BUA) bezeichnet wird, ist in den FDA bzw. GMP-Richtlinien näher beschrieben.

Da mit diesem Verfahren der Beweis zu führen ist, dass die Content Uniformity auch für die kleinste anwendbare Dosis (also die Menge einer Tablette) gegeben ist, dürfen in der Regel nur die ein- bis dreifache Menge dieser Dosis als Probe entnommen und einer Blend Uniformity Analysis unterzogen werden.

Literatur

[1] GDMB (Herausgeber): Probenahme – Theorie und Praxis; Verlag Chemie, 1980

[2] M. Stoeppler (Hrsg.): Probenahme und Aufschluss; Springer 1994

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