Vernetzte Produktion Plattform für Digitalisierungskonzepte in der Prozessindustrie
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Wie lassen sich die vielen Detailinformationen im Laufe eines Prozesses zusammenführen – und zwar so, dass sie für alle nutzbar sind? Ein Lösungsansatz ist die Referenzarchitektur Industry 4.now. Wie das praktisch funktioniert, lässt sich in einem Showroom bei SAP ausprobieren.

Im Laufe eines Produkt- und Anlagenlebens kommen viele Informationen und Daten zusammen, etwa Funktionen für die Verwaltung der Anlagen und Produkte, aber auch Rezepte, Hintergründe zu Rohstoffen und Logistikaspekte. In Zukunft wird es nicht nur darum gehen, diese Daten zu speichern und zu verarbeiten, sondern auch darum, Zusammenhänge zwischen Gerätedaten mit Geschäftsprozessen zu nutzen. Noch findet dies lediglich in isolierten Applikationen statt.
Bei der Referenzarchitektur Industry 4.now von SAP geht es nun um einen Lösungsentwurf fürs große Ganze. Dabei will man weg von reinen Prozessdaten zu datengesteuerten Prozessen, von vielen digitalen Zwillingen zu einem digitalen Produktlebenszyklus und von rein plangesteuerten zu vorhersagbaren Prozessen. „Dafür rücken wir die Wünsche des Kunden in den Mittelpunkt und definieren die Prozesse neu, etwa indem die Anlagen miteinander sprechen, so dass am Ende eine vernetze Produktion entsteht“, erklärt Julia Möller, Senior Product Specialist bei SAP. „Dabei betrachten wir jedes Element als Dienstleister und dann werden diese Dienstleister orchestriert.“
Betriebsdaten mit Geschäftskontext verbinden
Dabei soll nicht nur der Prozess an sich gesteuert werden, sondern man will auch neue Erkenntnisse gewinnen. Die Basis sind intelligente Anlagen, die mit den entsprechenden Sensoren ausgestattet sind, und Prozesse, die sich dynamisch an die Produktionsabläufe anpassen. Dafür müssen die Abläufe im Unternehmen, etwa Vertrieb, Service, Logistik und die Produktion vernetzt und in neue Zusammenhänge gebracht werden.
In der Referenzarchitektur werden auch solche Informationen hinterlegt, die nichts mit der eigentlichen Prozesssteuerung zu tun haben. Dazu gehören etwa Sicherheitsvorkehrungen, Maßnahmen über Schutzausrüstung, Datensicherheitsblätter, Hintergrundinformationen zum Zulieferer oder auch der CO2-Fußabdruck für die Anlieferung der Komponenten. Auch Freigaben können hier hinterlegt werden.
Ziel ist es, dass die Mitarbeiter durch die einzelnen Prozesse geführt werden. Daher spielt die Benutzeroberfläche eine große Rolle, die unter dem Aspekt der Nutzerfreundlichkeit gestaltet wurde. „Letztendlich muss auch jemand damit zurechtkommen, der kein Profi ist“, verdeutlicht Möller. „Denn Tatsache ist auch, dass die Leute heutzutage schneller ihre Positionen wechseln und Wissen einfach schnell abwandert.“ Hier will SAP ansetzen.
Live dabei
Wie das praktisch funktioniert, lässt sich in einem Show-Center in Walldorf sehen. Dort wird ein Ende-zu-Ende-Prozessfluss gezeigt, in dem ein individualisiertes Produkt entsteht. „Wir wollten praktisch dazu beitragen, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die einzelnen Prozessschritte ineinandergreifen“, erklärt Möller. Dabei werden schon in der Praxis bewährte SAP-Lösungen zusammengeführt.
In der diskreten Fertigung werden zunächst Design und Betrieb eines Doppelsitzventils abgebildet, welches nachher zum Einsatz in der Chargenfertigung kommt, um Sirupvarianten anzumischen und zu produzieren.
Im Part für die Prozessindustrie geht es um die Entwicklung eines Rezeptes für ein Flüssigkonzentrat und dessen spätere Produktion, also Mischung, Abfüllung und Verpackung. Zum Einsatz kommen zum Beispiel Waagen von Sartorius, Abfüllanlagen von Krones, eine Steuerung von Beckhoff, Messgeräte von Endress+Hauser und Doppelsitz-Ventile von Evogard.
„Dabei arbeiten wir mit offenen Standards – die gesamte Kommunikation zwischen den Einheiten und der Steuerung beruht auf OPC UA. Dadurch ist die Anbindung von neuen Komponenten extrem einfach“, erklärt Möller. „Gleichzeitig werden Informationen angezeigt, wie der Zustand der jeweiligen Anlage ist.“ So sind in dem Doppelsitzventil Sensoren verbaut, die Temperatur, Leitfähigkeit und Druck messen und damit nicht nur den Prozess, sondern auch den Zustand des Ventils im Blick haben. Kommt es zu einer Fehlermeldung, gibt es wiederum mehrere Möglichkeiten zu agieren. Je nach Freigabestufe wird der Anlagenfahrer aufgefordert, weitere Maßnahmen zu ergreifen oder den Prozess ganz zu stoppen.
Alle Schritte im Blick
Begonnen wird mit der Verwiegung der einzelnen Komponenten, woraus ein Premix entsteht. „Jeder Schritt ist im System hinterlegt, so dass die Rückverfolgbarkeit gewährleistet ist“, erklärt Möller. Anschließend folgt das Mischen. An der Mischstation erhält der Anwender alle Informationen zum Premix. Jeder Schritt wird dabei verfolgt, etwa das Mischen in Tank 1 und Tank 2, die Konzentrationsüberwachung oder welche Additive in welcher Charge sind. „Man kann aber auch den Zulieferer einbinden, der jeden Zusatzstoff mit weiteren Informationen verbinden kann, etwa wo dieser wann produziert wurde. Er kann natürlich entscheiden, wie tief die Verknüpfung geht. Aber wenn man an die Lebensmittelindustrie denkt, werden dadurch Rückholaktionen wesentlich einfacher“, betont Möller, die abschließend noch auf einen anderen Aspekt verweist: „Man kann sehr viel einfacher als bisher die Rezeptur ändern, da alles genau dokumentiert wird. Die Prozesse werden viel flexibler und dadurch lässt sich Chargengröße 1 schnell umsetzen.“
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