Verdichter für die Spitzenforschung Nahe Null: Tiefkaltes Helium für Supraleiter-Magnete sicher verdichten

Von Dominik Stephan

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Wo die Ionen rasen: Um die enormen supraleitenden Magnete eines Teilchenbeschleunigers zu kühlen, kommt Helium mit Siedetemperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt zum Einsatz. Doch damit das wertvolle Edelgas nicht aus der Anlage austritt, werden an die Gasfluidik große Anforderungen gestellt.

Verdichter sind ein wichtiger Bestandteil der neuen Teilchenbeschleunigeranlage des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung in Darmstadt, verdichten sie doch das für die Kühlung nötige tiefkalte Helium.
Verdichter sind ein wichtiger Bestandteil der neuen Teilchenbeschleunigeranlage des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung in Darmstadt, verdichten sie doch das für die Kühlung nötige tiefkalte Helium.
(Bild: Gea)

Fast 270. 000 Kilometer - nicht pro Stunde, sondern pro Sekunde. Auf diese enorme Geschwindigkeit (rund 90 Prozent der Lichtgeschwindigkeit) werden Ionen im Teilchenbeschleuniger gebracht. Für die nötige Beschleunigung sorgen elektrische Felder und große, supraleitende Magnete - und die müssen gekühlt werden.

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Doch aufgrund der für die nahezu widerstandsfreie Supraleitung nötigen extremen Tieftemperaturen kommen "typische" Kühlmedien wie Ammoniak nicht infrage - es braucht das "kälteste" Element der Erde: Helium. Das leichte Edelgas siedet bei gerade einmal 4,2 ° Kelvin (also etwa -269 ° C). Und davon braucht es eine ganze Menge.

Damit der Verdichter auch sicher dicht bleibt

Für den neuen Teilchenbeschleuniger FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research) des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung in Darmstadt etwa rund 12,5 Tonnen Helium - eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass das Gas das zweit leichteste Element im Periodensystem nach Wasserstoff ist. „Helium ist ein teures und extrem seltenes chemisches Element, das nicht künstlich hergestellt werden kann", erklärt auch Gea-Projektleiter und Gasverdichter-Spezialist Gerald Geißler. "Daher müssen der Verlust und die Verunreinigung von Helium minimiert werden, um die Kosten für den Kunden zu senken."

Der Kompressorexperte gehörte zu einem Team, dass sich mit der Heliumverdichtung im Kältekreislauf auseinander setzte, liefert Gea doch im Auftrag von Enerproject eine Reihe von Aggregaten für das Teilchenbeschleuniger-Projekt. Dazu gehören Verdichter vom Typ XH (der größte Verdichter im Gea-Portfolio) sowie XE- Verdichter und XC-Verdichter aus der Serie LT, erklärt Geißler. Alles, damit das Gas bleibt, wo es ist: "Aus diesem Grund waren der Einbau einer zweiten O-Ring-Dichtung für die Niederdruckverdichter, sowie eine Dichtheitsprüfung (Sniff-Test) mit Helium notwendig."

Ganz unten: Kühlen mit Helium

Die Inbetriebnahme der Kälteanlage mit einer Kälteleistung von 15 kW bei etwa -269 ° C ist nach derzeitigem Planungsstand für 2024 und der erste Strahl für 2025 vorgesehen. In Zukunft sollen Forscherinnen und Forscher aus aller Welt den Teilchenbeschleuniger für Experimente in unterschiedlichen Forschungsgebieten, von Teilchen-, Kern- und Atomphysik über Plasmaphysik- und Materialforschung bis hin zur Biophysik und Tumortherapie nutzen können.

Unterstützung bekamen die Gasespezialisten durch den Schraubenverdichter-Experten und Kryotechnik-Veteranen Dr.-Ing. Ole Fredrich, der während der Evaluierung das Team unterstützte und in Zukunft an der Anwendung der Verdichtertechnologie für Helium- und Wasserstoffanwendungen mitarbeiten soll. Denn für die Verdichterexperten soll das Darmstädter Projekt zur Referenz für Tiefsttemperaturprozesse werden und die Kompetenzen im Umgang mit Ammoniak um Gase wie Helium erweitern. Gar nicht so einfach, wenn wie in Darmstadt spezielle Dichtheitsprüfung durch das Institut für Luft- und Kältetechnik Dresden notwendig werden. Aber einfach oder nicht, die Gelegenheit, an einem der weltgrößten Bauvorhaben für die internationale Spitzenforschung mitzuarbeiten, kommt nicht jeden Tag.

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