Instandhaltung Instandhaltungsdienstleistungen im Fokus
Instandhaltungsmaßnahmen vergeben, ja oder nein? Droht unter Umständen Know-how-Verlust? Welche Instandhaltungsstrategie ist für mein Unternehmen die Beste? Wie kann Instandhaltung die Verfügbarkeit meiner Anlage steigern? – Brennen Ihnen solche Fragen auch auf den Nägeln? PROCESS hat sich bei führenden Instandhaltungsdienstleistern für Sie umgehört und Antworten auf die drängendsten Fragen gesammelt.
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PROCESS: Die Produktionsauslastung ist derzeit bei vielen Herstellern extrem hoch. Welche Instandhaltungsstrategie ist hier angebracht?
Dipl.-Ing./Dipl.-Wirt.-Ing. Stefan Grüßer, Leiter Betriebsnahe Instandhaltung, InfraServ Knapsack: Eine pauschale Antwort auf diese Frage ist nicht möglich, vielmehr sind kundenindividuelle Lösungen zu finden. Gerade in Zeiten, in denen die Anlagenverfügbarkeit aufgrund der guten Absatzmöglichkeiten eine enorme Bedeutung hat, ist es erforderlich, mit adäquaten Instandhaltungsstrategien die dafür benötigten Instandhaltungskosten weiter zu optimieren – beispielsweise durch: Mehr präventive Maßnahmen, aber Bündelung der Aktivitäten in die Rüst- bzw. Pausenzeiten der Produktion. Kompensation der ‚Eigenkapazitäts-Lücke’ durch z.B. externe Dienstleister. Das Ziel ist ungeplanten Anlagenausfall. zu verhindern. Die konsequente Nutzung von Hilfsmitteln zur Erfassung des Anlagenzustandes – z.B. Thermographie, Schwingungsanalyse, OSI Programm (On-Stream-Inspection) usw. soll unnötiges Abfahren der Anlage nur für die Instandhaltung verhindern und bis zum nächsten produktionsbedingten Stillstand. retten. Systematische Ausfallursachenanalyse und die daraus resultierende Vorhaltung von kompletten Austauschaggregaten (gegebenenfalls Anschaffungskosten auf den Vorlieferanten verlagern und nur die Beschaffungszeit vertraglich absichern) hilft die Ausfalldauer zu minimieren. Vollständige Kommunikation aller Betroffenen, d.h. moderne Informations-Tools zwischen Instandhaltung und Produktion bzw. Kunde (auch über alle Schichten) aufbauenverhindert Informationslücken, welche die Ausfallzeiten verlängern.
PROCESS: Wer Instandhaltungsaufgaben an Externe vergibt: Muss der nicht mit einem schleichenden Know-how-Verlust und damit einem Verlust an Souveränität rechnen?

Dr. Michael Holzer, Leiter Marketing/Vertrieb, Tectrion: Die Automobilhersteller und deren Zulieferer beweisen, dass eine effektive Arbeitsteilung funktioniert. Verlust an Souveränität und Know-how werden in dieser Form der Zusammenarbeit nicht diskutiert. Solche Systempartnerschaften profitieren von dem generierten Mehrwert, der letztlich beiden Unternehmen zugute kommt. Der aktuelle und der sich durch die demographische Entwicklung noch verschärfende Facharbeitermangel wird Anlagenbetreiber, industrielle Serviceprovider und gegebenenfalls auch Hersteller von Equipment zwingen, ähnliche Ansätze zu wählen. Nur so gelingt es langfristig, die knappen Ressourcen an praktischer Erfahrung sowie Fach- und Methodenwissen optimal einzusetzen. Die heutige Diskussion sollte sich stärker an der Frage ausrichten, wie entsprechende Modelle aussehen sollten. Die Fragen nach dem richtigen Mischungsverhältnis aus Eigen- und Fremdleistung, den optimalen Schnittstellen in der operativen Ausführung sowie nach der Transparenz der Leistungserbringung greifen zu kurz. Systempartnerschaften erfordern ein Umdenken sowohl bei den Anlagenbetreibern als auch den Instandhaltungs-Dienstleistern.
PROCESS: Welche Instandhaltungs-Aufgaben können an externe Dienstleister vergeben werden, was gehört unabdingbar zur Kernkompetenz eines Chemieunternehmens?

Dr. Michael Renner, Head of Materials Technology, Bayer Technology Services: Im letzten Jahrzehnt haben sehr viele Chemieunternehmen den Weg beschritten, sich auf ihre Kernkompetenz, nämlich die Produktion von Chemikalien unterschiedlicher Fertigungstiefe, zu konzentrieren und andere Aufgaben wie Wartungsarbeiten oder Reparaturen teilweise bzw. vollständig von externen Instandhaltungs-Dienstleistern bearbeiten zu lassen. Die Modelle waren vielfältig und reichten von der Teildelegation einfacher Reparaturaufgaben bis hin zur kompletten Vergabe der gesamten Instandhaltung an einen externen Dienstleister. Abhängig von der Komplexität der Prozesse und der dazugehörigen Anlagentechnologie gab es unterschiedliche Erfahrungen bezüglich des Erfolges solcher Outsourcing-Projekte. Es hat sich gezeigt, dass komplexe, ganzheitlich vernetzte Anlagen- und Verbundsysteme bei der Instandhaltung durch externe Dienstleister nicht zu vergleichbaren Anlagenverfügbarkeiten und damit Anlagenproduktivitäten resultierten. Dies hat in diesen Chemiebetrieben dazu geführt, dass man im zunehmenden Maße Schlüsselkompetenzen wieder durch interne Dienstleister besetzt, die die Komplexität durch Prozess- und Betriebskenntnisse und langjährige Erfahrungen effektiv beherrschen.
PROCESS: Welche Instandhaltungs-Philosophie(n) zeichnet(n) Ihr Angebot aus?

Alf Wilkens, Geschäftsführer, Probis: Die entscheidende Herausforderung für uns als Technik-Dienstleister besteht darin, den steigenden Anforderungen in Bezug auf Produktivität, Verfügbarkeit und Sicherheit von Anlagen gerecht zu werden und zugleich die individuellen Bedürfnisse unserer Kunden zu befriedigen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Entwicklung eines maßgeschneiderten Instandhaltungskonzeptes mit einem optimalen Mix aus vorbeugenden und zustandsorientierten Maßnahmen eine Erfolg versprechende Strategie ist. Hierbei nutzen wir gezielt auch das Monitoring, um den Zustand wichtiger Anlagenteile und Komponenten mithilfe von Messtechnik überwachen und ermitteln zu können. Doch Technik allein führt nicht zum Erfolg. Den Ausschlag bei komplexen Aufgaben geben letztlich auch Flexibilität und Kompetenz – durch einen schnellen und angemessenen Einsatz von hoch qualifizierten Mitarbeitern – und eine enge Zusammenarbeit mit den Betreibern. Mit dieser Ausrichtung wird Instandhaltung zu einem Wertschöpfungsfaktor.
PROCESS: Welche Vorgehensweise empfehlen Sie, um hinsichtlich der Anlagensicherheit und hinsichtlich der Verfügbarkeitsziele zu einer spezifisch angemessenen Instandhaltungsstrategie zu kommen?

Simon Graf, Key Account Manager, InfraServ Gendorf: Einer der Schritte ist die Klassifizierung der Maschinen und Anlagenteile nach den Kriterien Wichtigkeit für die Anlage, Ausfallhäufigkeit, Reparaturkosten und Reparaturzeit. Für die einzelnen Teilmengen der Klassifizierung wird unter Berücksichtigung des gesetzlichen Rahmens eine jeweils individuelle Instandhaltungsstrategie festgelegt. Beispielsweise kann demnach eine völlig unkritische Maschine ohne nennenswerte Überwachung solange betrieben werden, bis sie ausfällt. Eine hochsensible Maschine dagegen wird beispielsweise zum Schutz vor Zerstörung und zum Monitoring des Zustandes mit einer Online-Schwingungsüberwachung ausgerüstet. Die Ergebnisse dieser Überwachungs-Tools gehen in die Planung der Instandhaltung ein und bilden die Grundlage für gezielte Einzelmaßnahmen und die Gesamtstrategie. Eine Einzelmaßnahme wäre der Wechsel von Kupplungselastomeren bei einem Produktwechsel, wenn die Maschine stillsteht, oder die Korrektur der Ausrichtung des Maschinenstranges. Diese wichtige Maschine wird nach DIN 31051 zustandsorientiert instand gehalten.
Der Autor ist redaktioneller Mitarbeiter bei PROCESS
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