Hochwasserschutz dank künstlicher Intelligenz Innovatives Frühwarnsystem soll Flut-Katastrophen verhindern
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In Kürze jährt sich die Flut-Katastrophe 2021 in Deutschland. Kleine Flüsse und Bäche wuchsen rasend schnell zu reißenden Strömen, die ganze Ortschaften zerstörten, mehr als 180 Todesopfer forderten und ganze Existenzen wegspülten. Ein innovatives Frühwarnsystem soll solche gefährlichen Überraschungen künftig verhindern.

Die Grundlage von „Floodlight – Netilion Flood Monitoring“, so lautet der Name der Lösung von Endress+Hauser und Okeanos, sind lokale Messwerte. Sie werden direkt an den Bachläufen und deren Umgebung gesammelt. „Unser Ziel ist es, ein Gebiet so gut wie möglich verstehen zu lernen“, sagt Florian Falger, der zuständige Market Manager beim Messtechnikhersteller Endress+Hauser. „Das gelingt uns mithilfe von Pegelmessgeräten, Starkregensensoren, Regenmengenmessern und Bodenfeuchtesensoren.“ Zum Beispiel erkenne die Sensorik, ob die Böden im Umkreis der Bäche noch Regenwasser aufnehmen können oder bereits zu stark gesättigt sind.
Die verschiedenen Sensoren senden ihre Messwerte in die Cloud-Plattform Netilion von Endress+Hauser. Dort verrechnet eine künstliche Intelligenz sie miteinander und bringt sie in Zusammenhang. „Auf Basis der Werte sowie weiterer Daten wie zum Beispiel der Wetterprognose kann unsere KI vorhersagen, ob ein Hochwasser droht und an welchen Stellen die Ursachen dafür liegen“, sagt Henning Oppel. Zusammen mit Benjamin Mewes hat er das Start-up Okeanos gegründet. Das Team der beiden Hydrologen ist auf die Entwicklung von Algorithmen spezialisiert, die in der Hydrologie und Wasserwirtschaft angewendet werden.
Mit Floodlight bieten Endress+Hauser und Okeanos eine datenbasierte Entscheidungshilfe für alle Personen, die in öffentlichen Ämtern mit dem Thema Hochwasser zu tun haben: Bürgermeisterinnen, Feuerwehrleute, das THW oder Mitarbeitende von Bauhöfen und Ingenieurbüros. Sie alle können online per Smartphone oder Computer auf Floodlight zugreifen und sich in Echtzeit darüber informieren, wie sich Gewässer in ihrem Gebiet entwickeln. Wenn kritische Werte erreicht werden, informiert das System seine Nutzer auch automatisch.
„Spätestens seit der Flutkatastrophe von 2021 ist klar, dass bei Hochwassergefahr jede Minute zählt“, sagt Falger. „Wir möchten mit unserer Lösung dafür sorgen, dass die Anwender das Überschwemmungsrisiko für ihr Gebiet genau einschätzen und zielgerichtet die nötigen Schutzmaßnahen einleiten können.“ Je länger das System im Einsatz ist und je mehr Daten zusammengetragen werden, desto tiefer sind die Erkenntnisse, die sich daraus ableiten lassen.
„Der große Vorteil einer künstlichen Intelligenz liegt darin, dass sie sich selbstständig optimiert. Unser Algorithmus lernt mit der Zeit dazu und versteht ein Gebiet somit immer genauer“, sagt Okeanos-Gründer Benjamin Mewes. „Die Digitalisierung ermöglicht also nicht nur schnellere Entscheidungen, sondern auch langfristige Verbesserungen der Hochwasserschutzkonzepte.“
Ein weiterer Vorteil der Lösung: Bei Bedarf ist Floodlight innerhalb von einem Tag startklar. Fast alle Sensoren sind batteriebetrieben und bedürfen keiner Infrastruktur. Aufwendige Baumaßnahmen sind für die Installation nicht nötig. Nutzer können die Informationen mit jedem internetfähigen Gerät abrufen und die Benachrichtigung funktioniert auch offline per SMS oder Anruf.
Modellprojekt im Schwarzwald
Die Gemeinde Lenzkirch im Schwarzwald testet das Frühwarnsystem bereits. Zwei Flüsse schlängeln sich mitten durch den Ort, der sich in einer Kessellage befindet. Zuletzt kam es dort 2018 zu einer Überschwemmung. Sie riss damals eine Brücke mit und richtete Schäden in Höhe von mehreren hunderttausend Euro an. Jetzt sind rund um den Ort mehr als ein Dutzend Sensoren installiert, sie füttern die KI von Floodlight mit Daten. „Das System kann ein Hochwasser natürlich nicht vermeiden“, weiß der Bürgermeister der Gemeinde Lenzkirch, Andreas Graf. „Aber wir gewinnen durch die frühe Warnung wertvolle Zeit, um die nötigen Maßnahmen einzuleiten. Bei einer Überschwemmung zählt schließlich jede Minute.“
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