Interface-Technik Entkopplung, Signalanpassung und Überwachung mit Interface-Technik

Autor / Redakteur: Dipl.-Ing. Sabine Mühlenkamp* / Gerd Kielburger

Die Rolle der Interface-Technik erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Dabei übernimmt sie wichtige Aufgaben, sei es die Entkopplung der Steuerung vom Feld, die Signalanpassung oder die Überwachung der Feldebene.

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Die Welt der Prozessautomatisierung hat sich gerade in den vergangenen drei Jahren verändert. Neue Technologien, wie etwa Ethernet, Funktechnik oder Feldbustechnologien, fordern sowohl Anwender als auch Hersteller und lassen die Interfacetechnik eher zurückhaltend agieren. Dabei sorgt sie dafür, dass die Verbindung zwischen allen Mitspielern der Automatisierungstechnik nicht abreißt. Generell profitiert auch die Interface-Technik von den Wachstumsraten der Automatisierungstechnik. So wird langfristig mit einem Wachstum um die sechs bis acht Prozent gerechnet. Dabei wird die klassische Interfacetechnik nicht die gleichen Steigerungsraten ausweisen können wie beispielsweise der Feldbus, dennoch wird dieses Segment weiter wachsen. Insgesamt schätzt der ZVEI den deutschen Markt einschließlich Export auf 45 Millionen Euro, den für Remote I/O für Ex-Anwendungen noch einmal auf 20 Millionen Euro.

Die richtige Information

Ein entscheidender Faktor für die Effizienz von chemischen Anlagen ist die reibungslose Übertragung von Informationen über den jeweiligen aktuellen Wert der unterschiedlichsten Prozessparameter. Ohne Frage zählen die Erfassung der Größen Druck, Temperatur, Durchfluss und Füllstand zu den wichtigsten Messwerten. Neben diesen analogen (4...20 mA) Regelsignalen existiert eine Vielzahl digitaler Melde- und Steuersignale. Diese müssen von Prozessleitsystemen oder Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) verarbeitet und weitergeleitet werden. Auf ihrem Weg zur Steuerungsebene durchlaufen sie die Interface-Ebene.

In dieser Zwischenebene werden die Signale so aufbereitet, dass sie von der Steuerung verstanden werden. Dies kann in Form einer galvanischen Trennung, der Energiebegrenzung oder ein Signalanpassung geschehen. Dabei achten die Interface-Komponenten darauf, dass alle elektrischen Kennwerte eingehalten werden. So verhindern sie, dass ein Signal durch einen Kurzschluss in einem anderen Messkreis beeinflusst wird. Umgekehrt sorgen sie dafür, dass die Befehle der Steuerung, sei es nun SPS oder Leitsystem, auch verstanden werden. Damit gehört die Interface-Technik (siehe Artikel auf Seite 48) neben den Sensoren und Aktoren sowie der Steuerungsebene zum Kern der Automatisierungstechnik. Und damit gelten auch für die Interface-Komponenten die gleichen Anforderungen: Zuverlässigkeit und Langlebigkeit.

Kompakte Bauweise

Davon unabhängig werden an Interface-Komponenten einige besondere Anforderungen gestellt. So ist in vielen bestehenden Anlagen der Chemieindustrie das Platzangebot im Schaltschrank das limitierende Maß. Anwender wollen daher kompakte und kostengünstige Module. Waren noch vor wenigen Jahren Baubreiten von 20 bis 45 mm üblich, gibt es heute Elemente mit einer Baubreite von sechs Millimeter (siehe Artikel auf Seite 46). Die Baugröße hängt dabei von den Aufgaben ab, die die Komponente übernimmt. Ganz entscheidend in der täglichen Praxis ist der einfache Umgang mit Interface-Komponenten. Zum einen werden viele Projektierungsarbeiten zur Elektrotechnik zunehmend nach außen vergeben und zum anderen sind in vielen Betrieben die klassisch ausgebildeten Techniker Mangelware. Die Folge: Die Hersteller werden die Anschlusstechniken noch weiter verfeinern und vorkonfektionierte Systeme anbieten.

Ziel ist, dass bereits bei der Montage jegliche Fehler vermieden werden. Gleichzeitig bekommen Diagnosefunktionen einen noch wichtigeren Stellenwert. Tritt ein Fehler auf, muss dieser schnell, sicher und vor allem eindeutig erkannt werden. Es ist Sache der Hersteller, die dafür notwendigen Informationen gefiltert an das Wartungspersonal, die Anlagenfahrer oder den Betriebsleiter weiter zu geben. Dabei wird sich die Diagnose nicht nur auf die einfachen Sensoren beschränken, sondern die gesamte Feldbuskommunikation, etwa die Spannungsversorgung bei Bussystemen, sowie die Interface-Komponenten (siehe Artikel auf Seite 56) ins Auge fassen.

Dies gilt vor allem für Märkte, in denen deutliche einfachere Automatisierungslösungen gefragt sind, etwa in den USA. Hier sind Technologien gefragt, die sich intuitiv bedienen lassen. Während die klassische 4...20 mA-Technologie in Europa weit verbreitet ist, beginnt zudem in China ein anderes Zeitalter. So verlassen dort jedes Jahr 300 Ingenieure die Hochschulen, die sich hervorragend mit Feldbussen auskennen, aber nicht mit der klassischen Verdrahtungstechnik.

Unschlagbar beim Ex-Schutz

Eine besondere Rolle spielt die Interface-Technik in explosionsgefährdeten Be-reichen(siehe Beiträge auf den Seiten 52 und 54). Dort werden 4...20 mA-Feldgeräte über konventionelle Trennstufen an die Ein-/Ausgangskarten des Leitsystems angeschlossen. Angesichts von Remote I/O und Feldbustechnik könnte man meinen, dass es sich bei der Ex-i-Trennung über Trennstufen um eine veralterte Technologie handelt. Doch auch in Neuinstallationen wird immer noch auf diese Technik zu gegriffen, etwa bei der Forderung nach einer galvanischen Trennung oder dem Einsatz von Stromkreisen der funktionalen Sicherheit (nach DIN EN 61508). Zugegeben die Verdrahtung ist im Vergleich zu Remote I/O und Feldbustechnik aufwändiger, dafür jedoch einfach und bewährt.

Generell haben sich die Möglichkeiten in der Feldbustechnik drastisch gewandelt. Bis vor wenigen Jahren konnten aufgrund der Energiebeschränkung bei den bisherigen Feldbuskonzepten deutlich weniger Feldgeräte an einem Feldbussegment betrieben werden als im sicheren Bereich. Mithilfe von so genannten Feldbus-/Multibarrieren ist es heute möglich, eine hohe Energie einzuspeisen und dadurch die maximale Geräteanzahl und Netzwerkausdehnung gemäß Norm auch im Ex-Bereich zu erreichen. Damit lässt sich ein Bussegment für den Ex-Bereich mit den gleichen Segmentstrukturen wie im nicht eigensicheren Bereich aufbauen.

Welche Technologie eingesetzt wird, hängt von der Anwendung, den Randbedingungen und nicht zuletzt von den persönlichen Vorlieben ab. Neben Standardanwendungen wird die Interface-Technik immer dann zum interessanten Partner, wenn es um den reibungslosen Anschluss verschiedener Technologien geht. So ist es bereits heute an der Tagesordnung, dass die klassische Punkt-zu-Punkt-Verdrahtung, Remote I/O oder die Feldbustechnologie, gleichzeitig in einem Betrieb vorkommen.

Kabellos in die Zukunft?

Längst ist jedoch das Kabel nicht mehr das einzige Medium für die Signalübertragung. Ein relativ junges Anwendungsgebiet in der Pro-zessindustrie ist die Funktechnik. Derzeit arbeitet man daran, bewährte Standards, wie Bluetooth oder WLAN an die höheren Anforderungen in der Prozessindustrie anzupassen oder neue Standards zu entwickeln (siehe Artikel auf Seite 58). Vorrangigste Aufgabe dabei ist, die hohe Verfügbarkeit einer Anlage zu sichern. Dies verlangt von der eingesetzten Funktechnik ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Robustheit sowie einer ausreichenden Reichweite. Noch wird die kabellose Variante vor allem bei der Überbrückung großer Distanzen und kritischer Bereiche, wie etwa weit entfernte Tanks oder Pipelines oder zur Überquerung eines Fluss eingesetzt.

Ob die Entscheidung auf eine klassische oder eine drahtlose Verbindung fällt, entscheiden derzeit die Anwender ganz pragmatisch. Wenn die Vorteile einer Wireless-Anwendung gegenüber einer herkömmlichen Installation deutlich sind, fällt die Entscheidung für die drahtlose Variante. Zu einem Ersatz im großen Stil wird es sicher nicht kommen.

*Die Autorin ist freie Mitarbeiterin bei PROCESS.E-Mail-Kontakt: info@muehlenkamp.net

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