Smarte Pumpen Diese digitalen Tools für den smarten Pumpenbetrieb sollten Sie kennen

Von Sabine Mühlenkamp

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Wenn Pumpen ausfallen, wird es nicht nur teuer, sondern häufig auch kritisch. Dabei leisten inzwischen Digitalisierung und smarte Tools wertvolle Unterstützung, um den Betrieb sicherer und (kosten)effizienter zu machen machen. Wie dies in der Praxis funktioniert, zeigten Spezialisten von Grundfos, KSB und Seepex im gut besuchten PROCESS-Webinar.

Durchblick beim Betrieb von Pumpen? Digitale Analysetools sollen die analoge Welt der Strömungsmaschinen 'smart' machen.
Durchblick beim Betrieb von Pumpen? Digitale Analysetools sollen die analoge Welt der Strömungsmaschinen 'smart' machen.
(Bild: © tang90246 - stock.adobe.com)

Wo Verfahren und Produktionen flexibel, modular und vernetzt werden, sollten Pumpen nicht hintenan stehen. Immer mehr Hersteller reagieren auf Big und Smart Data mit intelligenten Pumpen und Pumpensystemen. Doch lohnt sich dieser Aufwand? Und wie viel Arbeit müssen die Anwender hier noch hineinstecken? Drei Innovationsführer stellten im Process-Webinar Mitte Dezember die Vorteile smarter Konzepte zur Pumpenüberwachung vor. Kritisch begleitet wurden sie von Pumpenexperte Manfred Thamm, der seine jahrelange Betreibererfahrung ins Rennen warf.

Event-Tipp der Redaktion Das 18. Pumpen-Forum findet 2022 wieder im Rahmen der Förderprozessforen statt. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie auf unserer Eventseite. Zum ersten Mal mit dabei: Das Wasserstoff-Forum als Plattform für Wasserstofftechnologien und -lösungen aus der Perspektive der Industrie.

Das ist smart: Mehr als 150 Fehler erkennen

Ohne künstliche Intelligenz (KI) läuft im Industrie-4.0-Zeitalter wenig, wie Stephan Bohlen, Senior Service Sales Engineer bei Grundfos, erklärte. Noch sieht der Alltag im Betrieb so aus: Ein erfahrener Mitarbeiter nutzt sein geschultes Ohr und bewertet das Geräusch der Pumpe. Genau dieses Prinzip überträgt Grundfos auf seine Analytik. Lärm sei eigentlich nichts anderes als eine Vibration, so Bohlen. „Wir wollen aber vorher eingreifen. Dies gelingt mit intelligenten Sensoren, die die Pumpe rund um die Uhr überwachen, dazu gehören Temperatur, Vibration und Magnetfeld.“

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Die smarten Sensoren werden mit einem Zwei-Komponenten-Kleber auf die Pumpe geklebt und senden die Daten über Bluetooth in eine sichere Cloud, wo sie ausgewertet werden. Hier erkennt die KI kleinste Anzeichen für mehr als 150 verschiedene typische mechanische und elektrische Maschinenfehler bei Pumpen, beispielsweise schneller, allmählicher Verschleiß, Probleme bei der Lagerschmierung, Kavitation, Resonanzschwingung, rotierende mechanische Lockerheit, Wellenexzentrizität, Fehlausrichtung, Lagerschmierung etc. Daraus werden konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet. Anschließend unterstützen Experten bei der kontinuierlichen Verbesserung des Maschinenparks.

„Wir erwarten für diese Maßnahmen einen Return of Invest in sechs bis zwölf Monaten“, verdeutlicht Bohlen. Das System eignet sich für Pumpensysteme aller Hersteller und nicht nur für intelligente Pumpen, sondern auch für jedes andere rotierende Equipment, zum Beispiel Lüfter, Rührwerke, Mischer, Förderer oder Kompressoren.

Komplexe Förderanwendungen fordern ganzheitliche Pumpen-Überwachung

Dabei hat der Service Grundfos Machine Health zwei Ziele: Den Betrieb sicherzustellen, um mögliche Pumpenausfälle signifikant zu reduzieren, aber auch, um die Kosten im laufenden Betrieb zu senken. „Unser Ziel ist die vorausschauende Wartung“, lautet die Vorgabe von Bohlen, der auf die Realität in den Unternehmen verwies. „Heute bewegen sich die meisten Anwender immer noch im reaktiven Bereich. Das geht besser!"

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Der Spezialist für Exzenterschnecken-Pumpen Seepex hat es in der Praxis meist mit herausfordernden Anwendungen zu tun, wie feststoffbeladene, abrasive, gashaltige, klebende, scherempfindliche oder gefährlichen Produkte. Dabei bewegt sich das Spektrum von relativ kleinen Dosierpumpen bis zu großen Pumpen, die 500 m³/h fördern.

Dr. Stephan Mottyll, Seepex, zeigte anhand konkreter Kundenbeispiele, welche vielfältigen Möglichkeiten ein digitales Condition Monitoring bietet und wie unterschiedlich die Gründe für eine smarte Pumpenüberwachung sein können. Dies sind:

  • Angst vor unvorhergesehenen Ausfällen und Folgen, etwa weil eine Verstopfung oder Verfettung durch das Medium auftreten kann.
  • Ineffizienter Betrieb (Nachhaltigkeit)
  • Hohe Kritikalität, teure Gegenmaßnahmen
  • Aufwendige reaktive Wartung, besonders bei extrem verbauten Pumpen oder kritischen Anwendungen
  • Wunsch nach Remote-Anwendung, etwa bei unbemannten Pumpenanwendungen wie auf Bohrinseln

„Im Kern wollen die Kunden wissen, ob die Pumpe gesund ist und ob sie effizient arbeitet. Wir beantworten dies mithilfe der Digitalisierung und geben konkrete Handlungsempfehlungen“, macht Dr. Mottyll deutlich. „Wir haben die Daten, kennen die Applikationen und besitzen langjährige Erfahrungen. Alles zusammen haben wir quasi digitalisiert.“

Dabei nimmt Seepex nicht nur die Pumpe unter die Lupe, sondern digitalisiert und optimiert den gesamten Workflow rund um die Pumpen. Das kann sich auf die Senkung der Energiekosten beziehen, auf die Optimierung der Ersatzteilverfügbarkeit, die Reduzierung der Ausfallzeiten oder Seepex bringt eine zustandsbasierte Planung der Wartungsaufgaben auf den Weg.

Im digitalen Ökosystem Seepex Connected Service kommen hierfür verschiedene Sensorsysteme zum Einsatz, die mit dem Wissen von Seepex angereichert werden. Dies mündet dann in eine Warnung, Fehleranalyse und Diagnose mündet. Aber das reiche nicht, wie Dr. Mottyll betont: „All dies nützt nur etwas, wenn daraus eine konkrete Handlungsempfehlung erfolgt.“

50 Euro statt zigtausend für die Reparatur: Die smarte Pumpe denkt mit

Dass die Überwachung von Pumpen und anderen rotierenden Maschinen nicht teuer und kompliziert sein muss, zeigte Florian Braunbeck, KSB anhand der smarten Zustandsüberwachung KSB Guard, die auch für ex-geschützte Bereiche geeignet ist. Die Lösung arbeitet herstellerunabhängig, ohne vor Ort zu sein und 24 Stunden am Tag. Inzwischen wurden mehr als 1000 Pumpen weltweit mit dem KSB Guard ausgestattet.

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„Fünf Prozent aller damit ausgestatteten Pumpen zeigten bereits bei der ersten Messung Auffälligkeiten. Im laufenden Betrieb wurden dann später sogar 20 Prozent der mit dem KSB Guard ausgestatteten Pumpen auf Basis dieser Messdaten überprüft oder instandgesetzt“, berichtete Braunbeck vom Einsatz des KSB Guard.

Der Betrieb im Fokus: Digitale Überwachung reduziert nicht nur die Instandhaltung

Doch ein solches System kann noch mehr: 70 Prozent der ungeplanten Anlagenstillstände lassen sich mit digitalen Systemen, wie der KSB Guard, in eine geplante Instandhaltungsmaßnahme umwandeln. Davon abgesehen laufen 75 Prozent aller Pumpen nicht im optimalen Betriebspunkt. Auch hier hilft der KSB Guard. Wie dies funktioniert, zeigte Braunbeck anhand eines Profils einer Heizungspumpe, die im KSB-eigenen Heizungskeller installiert war. „Ich bekam eine Meldung auf mein Handy, die ich gleich an die Instandhaltungsabteilung weiter geleitet habe."

Ein Schwingungsexperte schaute sich die Daten, u. a die Frequenzanalyse, an und vermutete, dass es etwas mit der Kupplung zu tun haben müsste, was sich im Nachhinein als richtig herausstellte. Die Ursache lag in einer defekten Dichtung, die Ersatzteilkosten lagen etwa bei 50 Euro.

"Die genaue Fehleranalyse ist das eine, aber was vielleicht wichtiger ist: Es hätte sehr lange gedauert, bis man den Fehler überhaupt entdeckt hätte und dann hätte man nicht nur die Dichtung austauschen, sondern eben die ganze Kupplung. Dann wären die Kosten um ein Vielfaches höher, von der höheren Arbeitszeit ganz zu schweigen“, beschrieb Braunbeck den entscheidenden Vorteil des digitalen Überwachungswerkzeugs.

Kritische Fragen vom Betreiber? Immer her damit!

„Global gesehen sind die Ansätze sinn- und wertvoll, auch von der Funktion durchdacht, aber ist es als Betreiber wirklich notwendig?“, fragte Manfred Thamm, Pumpenexpertise-NRW, nach, der im Webinar seine langjährige Betreiber-Erfahrung unter anderem aus seiner Zeit bei der Bayer AG lieferte.

Für Grundfos-Experte Bohlen ist dies keine Frage, wobei er durchaus zugab, dass man sich erst in den Anfängen befände, aber: „Gerade zu Coronazeiten haben wir doch gemerkt, wie sinnvoll ein Fernzugriff sein kann. Auch im Hinblick auf schwächelnde Lieferketten bietet ein Frühwarnsystem gute Unterstützung, weil man sich frühzeitig um Ersatzteile kümmern kann. Und letztendlich muss man auch den demographischen Wandel betrachten. Wo sind denn in zehn Jahren die Pumpenexperten?“

Aller Digitalisierung zum Trotz: Gang zur Pumpe bleibt das wichtigste

Für den Pumpenspezialisten Thamm ist der Gang zu der Pumpe und der Blick auf das Manometer nach wie vor die beste Methode, um festzustellen, ob sich die Pumpe wohl fühlt und ihre Aufgabe erledigt. Kein Widerspruch, wie Dr. Mottyll findet. Er stimmte auch zu, dass ein echter Pumpenprofi mehr Fehler aufspüren kann als es ein Diagnosetool vermag, gab aber zu bedenken, dass nicht jedes Unternehmen einen Pumpenexperten an der Hand hat, der die vielfältigen Ursachen und die Komplexität bewerten kann.

Außerdem dürfe man den verfahrenstechnischen Prozess dahinter bei der Betrachtung nicht außer Acht lassen. Eine Erfahrung, die im Übrigen alle Vortragenden teilten: Fragt man den Betreiber, ob er etwas am Verfahren geändert hat, verneint dieser häufig. Spricht man jedoch mit dem zuständigen Mitarbeiter sieht die Realität ganz anders aus. Häufig wurde der Prozess doch weiter ausgereizt und die Pumpe nicht an diese Veränderungen angepasst.

Das Pumpen-Forum 2022: Treffpunkt für Praktiker und Entscheider!

Personalabbau und dadurch bedingter Know-how-Verlust führen – speziell in der Großindustrie – zu schlecht geplanten oder unzureichend umgesetzten Pumpen-Instandhaltungen. Die Folgen sind steigende Instandhaltungskosten (anstatt Kostenreduktion!) sowie ein erhöhtes Risiko für Anlagenstillstände oder gar Totalausfälle. Das Pumpen-Forum zeigt an Best-Practice-Beispielen aus Betreiber- und Herstellersicht auf, wie eine Pumpeninstandhaltung aufgebaut sein sollte.

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Zeitersparnis im laufenden Betrieb dank smarter Pumpen-Tools

Gerade für Anlagen über große Flächen sieht KSB-Spezialist Braunbeck Vorteile in der digitalen Überwachung: „Im Augenblick ist es Realität, dass viele Mitarbeiter nur mit dem Einsammeln von Informationen über den Zustand des Equipment beschäftigt sind und dies im wahrsten Sinne des Wortes, weil sie vielleicht mit dem Auto über ein weitläufiges Gelände fahren müssen. Dabei ist mit diesen Arbeiten die eigentliche Aufgabe, nämlich die Analyse der Daten, noch gar nicht erledigt.“ Hier spielt ein smartes Pumpen-Monitoring seine Vorteile aus und schafft Raum für Optimierungen.

Wann wird das Pumpen-Monitoring 4.0 gelebte Praxis?

Thamm begrüßte die Ansätze, verwies aber auf den Alltag, in der nach wie vor statt Industrie 4.0 eher Industrie 0.4 herrsche. Seine Forderung ist daher eine andere: „Baut doch vernünftige Pumpen, die 24/7 laufen. Es braucht Pumpen mit einer hohen Reizstufe, die einen Bearbeitungsfehler verzeihen und nicht die Flügel strecken, wenn man mal nicht den Betriebspunkt einhält.“ Seiner Meinung nach ist die Angabe, dass 75 Prozent der Pumpen nicht optimal laufen, durchaus richtig.

„Allerdings frage ich mich, warum man sich nicht mehr Mühe mit der Auslegung gegeben hat bzw. warum man nicht mehr Wert auf die Optimierungen legt “ Genau hier müsste ein Umdenken erfolgen, wie Bohlen erklärt: „Beim bisherigen Agieren ist es immer eine Reaktion im Nachhinein. Mit Sensorik ist es möglich, früher auf drohende Ausfälle zu reagieren und darin liegt eine große Chance.“ Für die Teilnehmer ist daher klar, dass in fünf bis zehn Jahren das Monitoring von Pumpen zum Alltag im Betrieb gehört. ●

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