Kreislaufwirtschaft und Chemisches Recycling Chemisches Recycling: Aus Plastik mach Öl in 25 Minuten

Redakteur: Dominik Stephan

Ob im Meer, im Wald oder im Wasser: Plastikmüll ist ein wichtiges Thema und Kreislauffähigkeit mehr denn je gefragt. Doch das klassische Recycling durch Schreddern und Einschmelzen hat Grenzen. Jetzt sollen Chemie und Verfahrenstechnik die Circular-Economy-Challenge lösen: Kann aus Plastikabfällen wieder Naphtha werden?

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Dow Chemical investiert in die Hydro-PRS Technologie von Mura. Sie hat das Potenzial, alle Arten von Plastik zu recyceln und daraus wieder Öl zu gewinnen.
Dow Chemical investiert in die Hydro-PRS Technologie von Mura. Sie hat das Potenzial, alle Arten von Plastik zu recyceln und daraus wieder Öl zu gewinnen.
(Bild: Igus)

Köln – Chemisches Recycling ist das Wort der Stunde: Trotz Jahrzehnten der Bemühung werden weltweit etwa 14 % des globalen Verpackungsmülls auch tatsächlich recycelt. Allein den wirtschaftliche Verlust dieser weggeworfenen Materialien beziffern Marktforscher mit jährlich 80 Milliarden Dollar. Dazu kommt, dass weltweit rund sechs Prozent der Ölförderung für die Kunststoffproduktion genutzt werden. An der Umwandlung von Plastik-Abfällen zurück zu Öl arbeiten nicht nur die Chemieriesen, sondern auch zahllose Startups. So verspricht die Hydrothermal Plastic Recycling Solution von Mura Technology nichts anderes als in nicht einmal einer halben Stunde Plastikabfälle chemisch zu verwerten.

Dabei werden in einem Reaktor mittels überkritischem Wasser die langen Polymerketten aufgebrochen und kürzere, stabile Kohlenwasserstoffe gebildet. Diese können dann anhand ihrer Eigenschaften getrennt und weiter genutzt werden. Die gesamte Umsetzung soll nicht länger als 25 Minuten dauern, erklären die Verfahren-Entwickler. Durch den effektiv gestalteten Wärmeübergang soll das Verfahren nicht nur problemlos skalierbar sein, sondern auch ggü. einer Müllverbrennung etwa 1,5 Tonnen CO2 pro Tonne so verwerteter Kunststoffe sparen.

Das Potenzial der Technologie ist besonders für industrielle Player im Kunststoffsektor interessant: So gehörte neben dem Ingenieurdienstleistungsunternehmen KBR auch der Kunststofflager und Förderlösungsspezialist Igus (die mittlerweile fünf Millionen Euro in Mura stecken haben) zu den Investoren. Im April 2021 kommt mit Dow Chemical als globaler Entwickler und Produzent von Kunststoffen ein weiterer großer Partner hinzu, mit dem Ziel, die Skalierung der Prozesse weiter voranzutreiben

So wird Kunststoffmüll zu neuen Verpackungen

Die weltweit erste Anlage, die Hydro-PRS im großen Maßstab verwendet, wird derzeit im britischen Teesside errichtet. Die erste Linie mit einer Kapazität von 20.000 Tonnen pro Jahr wird voraussichtlich 2022 in Betrieb gehen. Sobald alle vier Linien fertiggestellt sind, wird Mura in der Lage sein, bis zu 80.000 Tonnen Kunststoffabfälle pro Jahr zu recyceln und Dow mit den durch den Prozess gewonnenen Rohstoffen zu versorgen. Dow wird diese nutzen, um neue Kunststoffe für Lebensmittelverpackungen und andere Verpackungsprodukte zu entwickeln, die schließlich in die globalen Lieferketten zurückgeführt werden.

Das Engagement von Dow soll darüber hinaus unter Beweis stellen, dass Muras Lösung sowohl die Nachhaltigkeits- als auch die Leistungsanforderungen der Industrie erfüllen kann und dass die so hergestellten Produkte in großem Maßstab zur Herstellung neuer Kunststoffe eingesetzt werden können.

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