Pharmaanlagen Warum Syntegon jetzt auf Systeme, Service und Sustainability setzt

Von Anke Geipel-Kern |

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Syntegon hatte auf dieser Achema seinen ersten internationalen Auftritt auf einer Pharma-Messe unter dem neuen Logo und dem neuen Namen. PROCESS PharmaTEC wollte von Vorstandsmitglied Uwe Harbauer wissen, was sich seitdem im Unternehmen geändert hat und wie er den Pharmabereich voran bringen will.

Uwe Harbauer ist in der Geschäftsführung von Syntegon für das Pharmageschäft zuständig
Uwe Harbauer ist in der Geschäftsführung von Syntegon für das Pharmageschäft zuständig
(Bild: Syntegon)

Neuer Name, neues Image – als der damalige Vorstand, nach dem Verkauf der Bosch Packaging Technology GmbH an die Private Equity Gesellschaft CVC Capitals, den neuen Namen verkündete, da war dem ein oder anderen wohl mulmig bei dem Gedanken, was man Kunden und Mitarbeitern da zumutet. Heute 2022, etwas mehr als zwei Jahr nach dem Namenswechsel, spricht von Bosch Packaging keiner mehr, sagt Syntegon-Vorstandsmitglied Uwe Harbauer. Es sei trotz Corona und im wesentlichen digitaler Auftritte gut gelungen, den Namen Syntegon in den Markt zu tragen.

Achema markiert den ersten internationalen Auftritt mit dem neuen Logo

Der Pharmachef wirkt aufgekratzt, als er auf der Achema zum vereinbarten Gespräch kommt, die Stimmung am Stand ist gut, man hört Gelächter, Kollegen wuseln herum und Besucher sind auch ausreichend da. Schon auf der Interpack 2021 wollte man mit dem neuen Auftritt präsent sein, doch Corona habe die Planungen über den Haufen geworfen. „Die Achema in diesem Jahr ist der erste internationale Aufschlag, mit Standdesign und Namen, deshalb war es uns wichtig hier zu sein“, betont er. Wie vielen Unternehmen hat auch ihm der Zeitpunkt nicht gefallen, aber viele Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. Von Ausreißern in einigen Hallen abgesehen ist die Messe recht gut besucht.

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Neuer Drive für das Pharmageschäft

Harbauer, als Vorstandsmitglied für das Pharmageschäft zuständig, ist einer, der es aus der alten Riege in die neue Zeit geschafft hat. Seit 2017 leitet er den Pharmabereich, erst bei Bosch Packaging, seit 2020 bei Syntegon und sieht sich nun in der glücklichen Lage freier und flexibler agieren zu können, als das noch in der Konzernstruktur der Fall war. Die Entscheidungswege seien kürzer geworden, insgesamt habe man an Schnelligkeit gewonnen. „Das bestätigen auch die Kunden. Den daraus entstehenden Drive nutzen wir,“ betont Harbauer.

Sterilabfüllung ist prima, aber es gibt noch mehr

Das Geschäft der vergangenen zwei Jahre war geprägt durch die Impfstoffherstellung. „Corona hat uns viel beschäftigt, was durch die vielen Aufträge für Vials und Spritzenlinien gut war. Das hat uns aber auch in eine bestimmte Richtung getrieben, die nicht unbedingt die Trends in der Pharmaindustrie widerspiegeln“, erklärt er.

Jetzt, da das Impfstoffgeschäft wieder in geordneten Bahne läuft und der Boom erst mal vorbei ist, bleibt Zeit, sich wieder den eigentlichen Herausforderungen der Branche zu widmen. Und wo liegen die, Herr Harbauer? Über die Antwort muss er nicht lange nachdenken: Small Batches sowohl im OSD als auch im Liquida-Bereich, die Revision des Annex 1 erfordert neue Maschinenkonzepte, mit der kontinuierlichen Produktion geht es weiter und das Thema Sustainability kommt gewaltig. An allem ist Syntegon dran. Konzepte und Ideen konnten auf der Achema live besichtigt werden.

Klein und kleiner

Zum Thema „small batches“ gibt es die Versynta FFP – nicht mehr ganz neu, aber aktueller denn je. Die standardisierte und Flexible Filling Platform besteht aus vor entwickelten und vor getesteten Modulen und kann bis zu 3.600 Behältnisse pro Stunde füllen und verschließen. Getoppt wird das Konzept von der neuesten Entwicklung: einer Isolatormaschine ohne Handschuheingriffe, dafür aber mit einem Roboterarm, der mit einem Joystick gesteuert wird und – mit einer gewissen Übung – z.B. ein umgestürztes Vial aufnehmen und aus dem Isolator entfernen kann.

Die Maschine erfüllt wesentliche Anforderungen des Annex 1, wie etwa Automatisierung, füllt und verschließt zwischen 120 bis 500 Behältnissen pro Stunde und ist auch sonst ein Flexibilitätswunder. Die gemeinsam mit Vetter Pharma entwickelte Versynta Microbatch hat im Frühjahr den PDA Drug Delivery Innovation Award gewonnen und auch den deutschen Verpackungspreis eingeheimst. Man wolle gemeinsam mit Sytegon einen „neuen Industriestandard für Abfüllprozesse kleiner Produktionsmengen entwickeln“, erklärte Vetter-Geschäftsführer Thomas Otto in einer gemeinsamen Pressemeldung zur PDA-Preisverleihung.

Kontiproduktion jetzt mit Partnern

Ähnliche Entwicklungen sieht man bei der Herstellung fester Arzneimittelformen, auch hier nimmt die Zahl der hochaktiven Wirkstoffe für eher kleine Patientengruppen zu. Das ist z.B. der Tatsache geschuldet, dass viele Pharmaunternehmen Orphan Drugs in der Pipeline haben, also Arzneimittel gegen Krankheiten, die nur einen Bruchteil der Bevölkerung betreffen und damit entsprechend kleinere Märkte bedienen.

Die gleiche Entwicklung befeuert auch die Kontiproduktion. Hier ist Syntegon vor fünf Jahren eingestiegen. Seitdem gibt es die Xelum-Plattform mit dem Hüttlin Wirbelschichtprozessor im Mittelpunkt und dem „X- Keys“-Konzept zur Rückverfolgbarkeit. Man sei mittlerweile mit Xelum auf allen drei Kontinenten vertreten, hebt Harbauer hervor. Vor allem 2021 war ein spannendes Jahr: Zwei Entwicklungs-Kooperationen eine mit Shanghai Pharmaceuticals, die andere mit Bayer Healthcare sollen die Xelum-Plattform voranbringen. Und auch bei Lilly habe man sich platziert. Die nächsten Schritte seien nun, die Plattform gemeinsam mit den Partnern zu optimieren.

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Mehr Systemlösungen und Service

Auch das Systemgeschäft will Harbauer ausbauen. Dazu gehört z.B. die Entwicklung eines neuen, schmalen Gefriertrockners, der nun in integrierten Lösungen mit verkauft werden soll. Natürlich wolle man sich nicht als Entwickler von Gefriertrocknern ins Geschäft mischen, sagt er. Aber Syntegon will sich als Systemanbieter profilieren und erst ein Gefriertrockner macht eine Komplettlösung eben komplett.

Mit dieser Strategie setzt sich Harbauer deutlich von Bosch Packaging ab, der doch sehr als Sondermaschinenbauer wahrgenommen wurde, wie der Pharmachef noch 2020 auf einer Pressekonferenz einräumen musste. Jetzt habe man eine Planungsgruppe in Crailsheim aufgebaut, um verstärkt als Systemanbieter auftreten zu können.

Auch das Geschäft mit den Serviceleistungen forciert Syntegon nun. Es gibt eine neue Geschäftseinheit, die Dienstleistungen weit über das übliche Reparatur- und Ersatzteilgeschäft anbiete und Service für den ganzen Anlagen-Life Cycle beinhalte, erklärt Harbauer: „Das geht los mit einfachen Maintenance-Verträgen bis zu Fullservice-Verträgen, welche die Anlagenbetreuung mit abdecken.“ Die neue Synexio-Plattform ist eine cloudgestützte Lösung, mit der Maschinen- und Produktionsdaten erfasst, ausgewertet und visualisiert werden können – gehostet wird das ganze über die Amazon Cloud.

Supertrend: Sustainability

Aktueller denn je ist das Thema Sustainability. Stieß man früher in der Pharmabranche auf uninteressiertes Achselzucken, wenn man auf den sparsamen Energieverbrauch dieser oder jener Maschine anpries, hat sich das inzwischen gründlich gewandelt. Er sei früher nie nach dem Stromverbrauch einer Anlage gefragt worden, erinnert sich der Pharmachef. Vor allem der CO2-Fussabdruck ist mittlerweile ein ganz großes Thema und hier vor allem die Frage, wie die Syntegon-Maschinen den CO2-Fußabdruck des jeweiligen Pharmaunternehmens beeinflussen. Vor dem Hintergrund ist auch eine Tüv-zertifizierte Software interessant mit der Betreiber über die gesamte Anlagenlaufzeit den CO2-Fußabdruck ihrer Maschinen ermitteln können.

Selbst hat Syntegon übrigens bei Ecovadis eine Silberzertifizierung und visiert nun das Gold-Zertifikat an.

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