Scale Up für Gefriertrocknungsprozesse Der (Wirk)Stoff, der in die Kälte soll: Wie Sie die richtige Formulierung für ihre Gefriertrocknung finden

Ein Gastbeitrag von Jörg Rosenbaum, Director Product Management; Stephan Reuter, Managing Director bei Optima Pharma Lesedauer: 7 min |

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Rezeptparameter für Gefriertrocknungsprozesse werden im kleinen Maßstab im Labor entwickelt und für größere und große Produktionsanlagen skaliert – eine komplexe Aufgabe. Welche Rolle die Arzneimittel-Formulierung beim Scale up spielt und welchen Einfluss die Anlagentechnik der Laborgefriertrockner hat.

Vom Labor in die Produktion: Der neue Optima Lyoscale bringt alle Voraussetzungen mit, um präzise Parameter für Gefriertrocknungsprozesse in Produktionsanlagen entwickeln zu können.
Vom Labor in die Produktion: Der neue Optima Lyoscale bringt alle Voraussetzungen mit, um präzise Parameter für Gefriertrocknungsprozesse in Produktionsanlagen entwickeln zu können.
(Bild: Optima Pharma)

Einfrieren und Trocknen. Es sind im Wesentlichen diese zwei physikalischen Vorgänge, die den Gefriertrocknungsprozess bestimmen. Doch bis die Rezeptparameter für einen stabilen Prozess mit qualitativ hochwertigem Ergebnis feststehen, ist meist zeitaufwändige Laborarbeit zu leisten – nicht zuletzt, da jede Arzneimittel-Formulierung in ihrem Gefriertrocknungsverhalten nahezu einmalig ist.

Solches Verhalten zeigt sich beispielsweise in der spezifischen Eiskristallbildung eines Arzneimittels während des Einfrierens. Genauso beim Sublimieren (Überspringen des flüssigen Aggregatzustands) und Vakuum anlegen (Evakuieren): Bei welcher Temperatur, bei welchen Druckverhältnissen kann Dampf durch die Eiskristallstruktur im Vial entweichen?

Lyophilisierung bleibt ein Markttrend

Einer aktuellen Studie von Research Nester werden Gefriertrocknungsanlagen auch in den nächsten Jahren weiter gut verkauft werden. Die Analysten prognostizieren für die Vorhersageperiode von 2023 bis 2035 einen CAGR von 14 Prozent jährlich. Bis zum Ende des Jahres 2035 soll das Marktvolumen auf 15 Milliarden US-Dollar steigen. Im Vergeleichsjahr 2022 betrug das Marktvolumen rund fünf Milliarden US-Dollar. Die Studienautoren betrachteten die Marktentwicklung in Nordamerika, Lateinamerika, in Europa, im Raum Asien-Pazifik sowie im Mittleren Osten und Afrika. Treiber sind die steigende Zahl parenteraler Arzneimittel und Patentausläufe, wodurch weitere Biosimilars auf den Markt kommen.

Erst die Formulierung

Damit sich ein Arzneimittel überhaupt gefriertrocknen lässt und ein hochwertiges Lyophilisat entstehen kann, wird zuvor dessen Formulierung im Labor erarbeitet. Der Wirkstoff (API – Active Pharmaceutical Ingredient) wird so gewissermaßen zu einem transport- und lagerfähigen Produkt weiterentwickelt. Hierfür werden meist pharmazeutisches Wasser sowie ergänzende Stoffe wie beispielsweise Gerüstbildner hinzugefügt, um die Kristallisierung während der Gefriertrocknung beeinflussen zu können.

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Wurde im Experiment eine Formulierung gefunden und definiert, die als Lyophilisat im Labor den qualitativen Anforderungen – und damit auch den Anforderungen eines erfolgreichen Gefriertrocknungsprozesses – entspricht, folgt in der Regel das „Scale up“. Beim Scale up werden die Prozessparameter der Laborgefriertrocknung in die Produktion übertragen.

Jetzt kommen zusätzlich die Anlagenspezifikationen ins Spiel. Diese werden ebenfalls das finale Gefriertrocknungsrezept eines Arzneimittels wesentlich mitbestimmen. Nach dem Übertragen der Parameter an eine Produktionsanlage sollten dann so wenig wie möglich Nacharbeiten und Feinjustierungen der Parameter erforderlich sein. Diese Präzision der Parameterskalierung aus dem Labor in die Produktion hängt nicht zuletzt von verschiedenen Anlageneigenschaften ab, auf die im Folgenden eingegangen wird.

Wirtschaftlichkeit und Präzision

Warum die Rezeptentwicklung überhaupt an und mit Laborgefriertrocknern durchgeführt wird, lässt sich schnell erläutern. Wie gesehen, ist die Rezeptentwicklung zunächst eine Gleichung mit mehreren Unbekannten. Produktionsanlagen wären mit dieser Entwicklungsarbeit über lange Zeit blockiert und unproduktiv. Auch stünde der Energieaufwand in keinem Verhältnis, selbst wenn nur eine Stellplatte eines Produktionssystems beladen würde. Schließlich wird bei jedem Gefriertrocknungsvorgang die gesamte Anlage gekühlt, erwärmt und evakuiert.

Die Anlagen selbst sind ebenfalls einzubeziehen: Würden Gefriertrocknungsprozesse auf einer Produktionsanlage mit nur kleiner Produktmenge entwickelt, müssten die Werte aller Voraussicht nach für den Produktionsmaßstab doch wieder zeitaufwändig adaptiert werden. Denn die vorhandene Flüssigkeitsmenge im Verhältnis zur Masse an Edelstahl, die zu kühlen und zu erwärmen ist, und weitere Eigenschaften hätten nur schwer kalkulierbaren Einfluss auf die Ergebnisse, sprich: das generierte Rezept. Das zeigt: Idealerweise werden beim Scale Up aus dem Labor in die Produktion so viele Einflussfaktoren wie möglich „kontrolliert“, sprich konstant gehalten.

Die Verhältnisse sind entscheidend

Vor diesem Hintergrund haben die Gefriertrocknungsexperten bei Optima Pharma in Gladenbach-Mornshausen die Anlagentechnik des neuen Laborgefriertrockners, Optima Lyoscale auf den Weg gebracht. Dabei wurden die Größenverhältnisse aus den Optima Produktionsanlagen übernommen. Denn im Portfolio der verschiedenen Optima Gefriertrocknertypen und -größen für die Produktion wird diese „Verhältnismäßigkeit“ bereits konsequent umgesetzt. Dieses Prinzip findet seine Fortsetzung nun bei den Laboranlagen.

Im Detail betrifft dies zunächst die Flächenmaße der Stellplatten und der umgebenden Gehäusekammer im Verhältnis zueinander. Hier wurden die Maße des Laborgefriertrockners „passend“ zu den Produktionsgefriertrocknern gestaltet. Dieses Prinzip wird bis hin zur Auslegung der Stellplattenstärke fortgeführt, um den Wärmeübertragungskoeffizienten von Stahl zu Glas im gleichen Verhältnis zu erreichen.

Des Weiteren sind die Ventilgröße zwischen Trocknungskammer und Kondensator sowie die Kaltflächengröße des Kondensators zu beachten: Beispielsweise entspricht eine Stellfläche von 40 m², die mit 10ml-Vials beladen wird, einer Menge von 72.000 Vials pro Beladung. Daraus entsteht ein Dampfvolumenstrom von 128.500 m³/h, welcher durch die Dampfpassage – das Ventil zwischen der Trocknungskammer und dem Kondensator – strömt.

Dieser Volumenstrom muss ein in der Größe geeignetes Ventil passieren (wobei weitere physikalische Restriktionen bei der Dimensionierung dieses Strömungskanals zu beachten sind). Des Weiteren muss der passierende Dampf auf eine spezifisch ausgelegte Kaltflächengröße des Kondensators treffen. Diese Dimensionierung der Kaltflächengröße hängt insbesondere auch stark von der Kälteleistung des Kältesystems ab.

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Sind nun all die genannten Dimensionierungen sowie Relationen in der Labor- und in den Produktionsanlagen im Verhältnis identisch oder nahezu identisch ausgeführt, sind wichtige Voraussetzungen für eine präzise Skalierung von Prozessparametern optimiert.

...aber auch die Ausrüstung

Im Sinne eines qualitativ hochwertigen Ergebnisses sind insbesondere das Einfrieren sowie das Trocknen kritisch. Ein im Behältnis homogener Gefriertrocknungskuchen mit minimierter, definierter Restfeuchte ist das Ziel, welches über die Steuerung der Temperaturverläufe sowie des Drucks (Unterdruck bzw. Überdruck) erreicht werden kann. Im Verlauf der Rezeptentwicklung wird dabei auch ermittelt, ob besser in Stufen oder mit kontinuierlichem Verlauf, mit schnell oder langsam ansteigender Temperatur aufgetaut wird, wann welcher Druck angelegt und wie evakuiert wird. All diese Parameter werden in den Gefriertrocknungsanlagen mit diversen Sensoren gemessen und ausgewertet, sowohl in den Laboranlagen als auch in den Produktionsanlagen.

Erneut gilt, dass Labor- und Produktionsgefriertrockner idealerweise identisch konzipiert sind. Dieses Prinzip betrifft hier Temperatur-, Druck- und Vakuumsensoren, jedoch auch Steuergeräte, die von gleichen Herstellern stammen. Damit reduziert sich das Risiko von potenziellen Parameter-Abweichungen weiter, die Wahrscheinlichkeit einer präzisen Skalierung von Parametern aus dem Labor auf Produktionsanlagen erhöht sich.

Doch nicht immer ist es möglich, identische Bauteile und Komponenten in Labor- und Produktionsanlagen zu verwenden. In diesem Fall wird auf das gleiche oder ein vergleichbares Funktionsprinzip gesetzt, beispielsweise in der Kälteerzeugung, jedoch in angepasster Dimension.

Sind bereits Optima Gefriertrockner in der Produktion vorhanden, ergibt sich ein weiterer Vorteil. Die Optima Bediensoftware des HMIs wurde beim Laborgefriertrockner von den Produktionsversionen übernommen, sodass Bedienfehler äußerst unwahrscheinlich sind. Damit ist zudem eine optimale Übertragbarkeit der Parameter zwischen den Anlagentypen gegeben.

Kennen Sie den Edge-Effekt?

Selbst bei optimalen Voraussetzungen – wenn sich Labor- und Produktionsanlagen gewissermaßen maßstabsgetreu entsprechen – sind beim Scale Up weitere Aspekte zu beachten, die sich auf Prozessparameter auswirken können. So unterscheiden sich beispielsweise die Umgebungsbedingungen im unklassifizierten Labor von der GMP-Produktion. Letztere ist gekennzeichnet durch die weitestgehende Abwesenheit von Partikeln. Partikel können sich jedoch auf die Keimbildung (Nukleation) im Eis auswirken und diese fördern. Dieses Phänomen, das plötzliche Bilden von Eiskristallen, wird mit dem Vorhandensein von Partikeln im Labor möglicherweise früher einsetzen. Mit der Abwesenheit von Partikeln kann umgekehrt eine Art „Unterkühlungseffekt“ („Supercooling“) in Produktionsgefriertrocknern auftreten. Beides kann sich auf die Trocknungszeiten auswirken.

Auch ist beispielsweise der „Edge-Effekt“ bekannt. Dieser beschreibt einen Temperaturunterschied von Produkten in Vials, die sich in den Bereichen der Ecken und Randzonen der Aufstellplatten befinden, im Vergleich zu den Temperaturen in Vials, die nahe dem Zentrum platziert sind. Denn die Ecken und Randzonen befinden sich in Nachbarschaft zu den Wänden und Türen eines Gefriertrockners. Je nach Ausführung der Labor- und Produktionsgefriertrockner werden diese kleiner oder größer ausfallen. Die Rezeptentwicklung sollte auf diese Temperaturunterschiede Bezug nehmen.

Als Experte für die Herstellung von Produktionsanlagen für die pharmazeutische Gefriertrocknung kennt Optima die dort geltenden spezifischen Anforderungen, die nun in Laboranlagen transferiert wurden. Mit dieser Expertise im Hintergrund berät Optima zudem pharmazeutische Unternehmen, die den Weg des Scale Up aus dem Labor in die Produktion gehen. Dazu zählen die zuletzt genannten sowie weitere Einflussfaktoren, die beim Scale Up zu beachten sind.

Sterilisierbare Version und Redundanz

Das Laborgefriertrockner-Portfolio von Optima sieht weitere Lyoscale Varianten vor. Diese werden sich zunächst in der Aufstellfläche sowie in der Redundanz von prozesskritischen Komponenten unterscheiden. Denn die Produktion von kleinen Batches sehr teurer Arzneimittel, was ein weiteres Anwendungsgebiet sein wird, erfordert die maximale Prozessabsicherung mit zum Teil redundant ausgeführten Komponenten sowie die automatisierte Sterilisation. Das würde wiederum bei Anlagen, die rein für die Parameterentwicklung eingesetzt werden, unnötige Kosten verursachen. So lässt sich für jede Anforderung die perfekt geeignete Optima Lyoscale Labor- und Produktionsanlage konfigurieren.

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