Marktchancen in den Vereinigten Arabischen Emiraten Meerwasserentsalzung und Energietechnologien im Fokus

Redakteur: Hans-Jürgen Bittermann |

Geschäfte in und mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) – das ist ethisch mitunter problematisch, ökonomisch aber vielfach attraktiv. Erhebliche Marktchancen bietet die Meerwasserentsalzung – im Hinblick auf den mittel- und langfristig erwarteten Verbrauchsanstieg werden die Kapazitäten erweitert. Auch Energietechnologien bieten attraktive Chancen!

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Geschäfte in und mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) – deutsche Unternehmen haben gute Chancen, hier mit innovativer Technologie zu punkten.
Geschäfte in und mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) – deutsche Unternehmen haben gute Chancen, hier mit innovativer Technologie zu punkten.
(Bild: Siemens)

Unser sprichwörtlich blauer Planet trägt viel Wasser. Doch ist es zu fast 97 % salzhaltig und damit nicht unmittelbar als Trinkwasser oder zur Bewässerung nutzbar. Technisch ist das aber kein Problem: Durch das Entsalzen des Meerwassers können wir im Grunde beliebig viel zusätzliches Trink- oder Brauchwasser für Mensch, Industrie und Landwirtschaft gewinnen. Prinzipiell stehen dafür als Technologien das thermische Verdampfen und die mechanische Umkehrosmose sowie die Elektrodialyse zur Verfügung.

Durchgesetzt hat sich für neu zu installierende Anlagen die Umkehrosmose (RO): Im Vergleich zu den traditionellen verdampfungsbasierten Technologien benötigt die RO keine Wärmeenergie. Das senkt die Kosten für das entsalzte Wasser – aus diesem Grund geht der Trend auch in Regionen mit niedrigen Energiekosten wie dem Nahen Osten zur Umkehrosmose. Mit dem richtigen Anlagenkonzept und der richtigen Ausrüstung (die hier eingesetzten Pumpen verbrauchen 60 % der Energie!) sei die Umkehrosmose in Sachen Energieeffizienz unschlagbar, betont Sulzer.

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Während für die Verdampfung von Salzwasser etwa 10 kWh Strom pro Kubikmeter Wasser aufzubringen sind, fordert die Umkehrosmose für die gleiche Menge nur etwa 4 kWh. Siemens schlägt als weitere Technologie die Elektrodialyse vor; die komme mit rund 1,5 kWh aus (eignet sich aber eher für salzarme Wässer).

VAE: Trinkwasser aus Entsalzungsanlagen

Die jährliche Trinkwasserproduktion in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) lag im Zeitraum 2014 bis 2018 recht stabil bei 2 Milliarden Kubikmeter, dies entspricht einem Tagesdurchschnitt von rund 5,5 Millionen Kubikmeter (Quelle: GTAI, Juli 2019). Aktuell haben die Meerwasserentsalzungsanlagen der vier in den VAE operierenden Versorgungsunternehmen eine Tageskapazität von 7,6 Millionen Kubikmeter.

Fast ausschließlich sind derzeit thermische Anlagen im Einsatz (Quelle: Exportinitiative Energie). Neue Projekte setzen verstärkt auf die Umkehrosmose.

Welche Technologie sich für die Gegebenheiten der VAE eignet, hat die Energie- und Wasserbehörde DEWA (Dubai Electricity & Water Authority) von Spezialisten der RWE prüfen lassen. RWE unterstützte den Kunden in der Projektentwicklungsphase „Power and Seawater Desalination Complex“ als technischer Consultant mit einer Machbarkeitsstudie sowie einer vorläufigen Umwelt– und Sozialverträglichkeitsprüfung für eine Umkehrosmose-Anlage zur Meerwasserentsalzung.

Ansonsten haben die VAE einen Wettbewerb zu innovativen Technologien zur Erzeugung, Entsalzung und Reinigung von Trinkwasser unter Verwendung von Solarenergie initiiert (das kann also sowohl in Richtung thermisches Verdampfen als auch Umkehrosmose gehen).

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Entsalzungsanlagen in den VAE: ausgewählte PPP-Projekte
  • Als PPP-Projekt (Privat Public Partnership) möchte DEWA auf dem Gelände des im Bau befindlichen ersten Kohlekraftwerks der VAE (Hassyen) eine RO-Anlage mit einer Tageskapazität von 0,55 Millionen Kubikmeter realisieren. Ursprünglich war die Vergabe des 200-Millionen-Dollar-Projekts auf EPC-Basis geplant. Das Hassyen-Projekt ist Dubais erste Meerwasserentsalzungsanlage mit privaten Investoren. Interessierte Projektentwickler haben mittlerweile ihre Angebote eingereicht, Frist war der 9. Juli 2019. Als Berater wurden die britischen Firmen Ernst & Young (Financial Adviser) und CMS (Legal) sowie die kanadische WSP (Technical) engagiert. Die Projektvergabe wird im Frühjahr 2020 erwartet.
  • Im Emirat Umm Al Quwain soll eine 750-Millionen-Dollar-Entsalzungsanlage mit einer Tageskapazität von 0,68 Millionen Kubikmeter gebaut werden. Das Projekt wird auf PPP-Basis umgesetzt. Der EPC-Auftrag ging an ein Konsortium aus Frankreichs Sidem und der lokalen Tecton Engineering & Construction Company. Als Berater ist die österreichische ILF Consulting Engineers tätig. Die Bauarbeiten haben noch nicht begonnen.

VAE streben eine tiefgreifende Diversifizierung an

Um die Abhängigkeit von Öl und Gas zu verringern, verfolgen die VAE seit einigen Jahren eine Diversifizierungsstrategie und damit den Ausbau der produzierenden Industrie. Schwerpunkte werden dabei auf die Lebensmittelproduktion, energieintensive Industrien wie Aluminium und Stahl sowie die Petrochemie gesetzt (Quelle: AHK, Deutsch-Emiratische Industrie- und Handelskammer, März 2019).

In den kommenden fünf Jahren werden im Öl- und Gassektor/Petrochemie Investitionen von ca. 109 Milliarden US-Dollar erwartet. In diesem Zusammenhang spiele auch das Thema Energieeffizienz eine zunehmende Rolle. Das gelte auch für die Planung von Gebäuden der neuen Betriebsstätten.

In die gleiche Richtung zielt dieses Projekt: Die DEWA plant im Rahmen eines Retrofit-Programms die Sanierung von 3000 Gebäuden. Weitere Projekte wie Einkaufszentren, Schulen und Krankenhäuser sind in den kommenden Jahren im ganzen Land geplant, da öffentliche Gebäude rund 10 % des gesamten Stroms in den VAE verbrauchen.

Tipp: Die VAE planen, ihre Kohlenstoffbilanz bis 2050 in der Energiegewinnung um 70 % zu reduzieren. Dies betrifft vor allem die Öl- und Gasförderung. Die Umsetzung dieses Zieles wird in Unterzielen angestrebt. So möchte die Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) ihre Energieeffizienz bis 2020 um 10 % erhöhen. Dies erfolgt zum Großteil über die Nutzung von digitalen Technologien.

Energie-Mix im Wandel

Nach offiziellen Daten waren Ende 2018 Solarkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 460 MW am Netz. Dies entsprach einem Anteil an den gesamten Kraftwerkskapazitäten des Landes von 1,5 %, die restlichen 98,5 % entfallen auf fossil befeuerte Kraftwerke. Außer Solarenergie werden in den VAE bislang keine erneuerbaren Energien genutzt. Auch zukünftig wird Solarenergie dominieren, aber es sind auch Wasserkraftprojekte und ein erstes Windkraftwerk in Vorbereitung.

Ein Pumpspeicherkraftwerk ist am existierenden Hatta Staudamm (Dubai) mit einer Leistung von 250 MW geplant. Das Pumpwerk soll mit Solarstrom betrieben werden. Seit Februar 2019 liegen Angebote von drei internationalen Konsortien (Strabag/Ozkar/Andritz, GE/Sinohydro, Acciona/Archidoron/Voith) vor. Die Angebote bewegen sich zwischen 379 und 491 Millionen US-Dollar. Wann DEWA über die Vergabe des EPC-Vertrages (Engineering, Procurement and Construction) entscheiden will, ist unklar. Über ein weiteres Wasserkraftprojekt mit Standort in Ras Al Khaimah laufen Diskussionen. Das von DEWA ebenfalls in Hatta geplante Windkraftprojekt befindet sich noch in einem frühen Planungsstadium, derzeit werden Bewerber für die Erstellung einer Durchführbarkeitsstudie gesucht. (Quelle: GTAI, Juli 2019).

In Dubai wurde 2013 von DEWA als erste Phase des Mohammed Bin Rashid Al Maktoum (MBRM) Solar Park eine 13 MW Fotovoltaikaanlage fertiggestellt, der EPC-Vertrag ging an First Solar. Der Solarpark soll 2030 eine Gesamtleistung von 5 GW erreichen, bis 2023 sind 2,9 GW angestrebt.

Tipp: Germany Trade & Invest (GTAI) hat insbesondere für KMU praxisnahe und einschlägige Informationen zusammengestellt [www.gtai.de – Stichwort BMWi-Markterschließungsprogramm für KMU].

Fazit: Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sind reich, modern und technologisch anspruchsvoll. Das Investitionsklima ist vergleichsweise gut. Deutsche Unternehmen haben gute Chancen, hier mit innovativer Technologie zu punkten.

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