Aus dem Leben eines Auditors Mal wieder Schwein gehabt!
Was unser Auditor bei der Begutachtung von Schlachthöfen so alles erlebt – Heparin wird seit Jahrzehnten aus dem Gedärmen von Schweinen gewonnen. Deshalb gehört die Begutachtung von Schlachthöfen immer mal wieder zu den Aufgaben unseres Auditors. Bis vor Kurzem war ihm allerdings unklar, dass auch tote Schweine ein ungeahntes Eigenleben entwickeln können.
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Meine Tätigkeit führt mich schon seit Jahrzehnten auch hin und wieder in einen Schlachthof und zwar auf allen drei Kontinenten. Daher weiß ich, dass die Art der Räumlichkeiten, die eingesetzte Ausrüstung und die Abläufe überall ähnlich sind. Da es die wenigsten Schlachthofbetreiber mögen, wenn Betriebsfremde auftauchen, lädt man gerne in Vorzeigebetriebe, die mehrere tausend Schweine am Tag schlachten. Dort flaniert man dann auf einer umlaufenden Galerie, die mit einer großflächigen Fensterfront vom Geschehen abgetrennt ist und kann sich das Schauspiel von oben ansehen. Fühlt sich ein bisschen wie ein Horrorvideoabend an, allerdings ohne Schnittchen und Getränke, aber dazu später.
Häufig stammen die tierischen Ausgangsmaterialien aber auch von kleineren Betrieben. Dort erlebt man dann als Auditor das Geschehen hautnah – ist im wahrsten Sinne des Wortes mittendrin. Es ist viel Flüssigkeit im Spiel, die Böden sind meist extrem rutschig und es gibt auch genügend Stolperfallen. Außerdem sollte man sich auch im Klaren darüber sein, was Hauptaufgabe dieser Betriebe ist, nämlich Säugetiere vom Leben in den Tod zu befördern, und anschließend mit geeigneten Werkzeugen (und da gibt es dort ganz viele) in handliche Stücke zu zerteilen.
Pass auf, wo du hintrittst!
Doch zurück zum Thema: Wegen der Trittsicherheit empfehlen sich also kleine Schritte mit Blick auf den Boden und bitte, auf die Umgebung achten; am Besten mit 360°-Blick, sonst droht Kollisionsgefahr, auch davon später.
Schlachthöfe sind mit dynamischer Fördertechnik ausgestattet, soll heißen: Unsere entfernten Verwandten (tatsächlich ist die Verwandtschaft sehr nah, deshalb man sie ja auch als Quelle pharmazeutischer Wirkstoffe nutzt) werden mittels eines ruckelnden Förderbandes von Bearbeitungsstation zu Bearbeitungsstation weiter transportiert; die Mitarbeiter bleiben statisch an ihren Arbeitsplätzen – vor und hinter den Kulissen.
Ein Auditor, der sich durch den Betrieb bewegt, ist beim Design von Schlachtbetrieben nicht vorgesehen, was ein gewisses Konfliktpotenzial birgt, z. B. mit kreuzenden Förderbändern und schwingenden Schweinehälften. An diesem speziellen Audittag behielt ich deshalb aufmerksam den Weg der Schweinehälften im Auge, und vermerkte gedanklich auch einen doppelten Richtungswechsel des Förderbandes, durch den immer mal wieder eine Lücke entstand.
Treffer versenkt!
Ich passte also einen, wie ich dachte, geeigneten Moment ab, um die Spur zu queren. Die genutzte Lücke fand aber auch eine der Schweinehälften geeignet, um unkontrolliert zu schwingen. Obwohl mein Gegenüber nur eine halbe Portion und bereits tot war, traf mich ein seitlicher Schwinger, der mich von Kopf bis Fuß mit Blut besudelte. In Sekundenbruchteilen war ich perfekt für den Dreh eines Horrorstreifens geschminkt. Sie können sich sicherlich vorstellen, wie froh ich war, als ich mich nach Vollendung der Tour durch den Betrieb, meiner vormals weißen Schutzkleidung entledigen und mich waschen konnte.
Zum Abschluss des Audits ging es dann ins Büro des Betriebsleiters: Neben dem Zuckerwasser, das die Einheimischen als Tee bezeichneten, reichte man frische, noch warme Griebenwurstschnittchen – nein! Aber, danke für das Angebot, sehr freundlich!
Ihr Karl Metzger
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