Einweg-Bioreaktoren Einfache Maßstabvergrößerung bei geschüttelten Einweg-Bioreaktoren

Redakteur: Anke Geipel-Kern

Die Verwendung geschüttelter Einweg-Bioreaktoren für die Zellkultur hat in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Zu ihren Vorteilen gehören ihre hohe Flexibilität, Parallelisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit im Vergleich mit konventionellen Fermentationstechnologien.

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Der Kessel des Einwegbioeaktorsystems wird mit einem speziell von Sartorius-Stedim entwickelten Einwegbeutel bestückt, abgebildet ist der 200-Liter-Bioreaktor. (Bild: Bilder: Kühner)
Der Kessel des Einwegbioeaktorsystems wird mit einem speziell von Sartorius-Stedim entwickelten Einwegbeutel bestückt, abgebildet ist der 200-Liter-Bioreaktor. (Bild: Bilder: Kühner)

Hauptsächlich werden Einweg-Schüttelreaktoren für die Expression rekombinanter Proteine (transient und stabil) in medizinischer und diagnostischer Forschung sowie für präklinische Studien eingesetzt. Geschüttelte Bioreaktoren werden üblicherweise in einem Inkubator betrieben, der kontrollierte Umgebungsbedingungen (Temperatur, Feuchte, Kohlendioxid) gewährleistet. Für Kulturvolumina von 50 Milliliter bis einem Liter werden meistens Einweg-Erlenmeyerkolben mit oder ohne kleine Bodenschikanen verwendet.

Für kleinste Maßstäbe sind Mikrotiterplatten (12, 24, 48, 96 well) geeignete Reaktoren. Hohe Verdunstungsraten können bei solchen Kultivierungen zum Problem werden, welche sich allerdings durch Verwendung geeigneter Sterilbarrieren und ausreichende Luftfeuchtigkeit im Inkubator in den meisten Fällen reduzieren lassen. Spezielle Zentrifugenröhrchen mit Belüftungsmembran im Verschluss decken die mittleren Volumina zwischen fünf und 35 Milliliter ab.

Im Vergleich zum Spinner-Reaktor hat das geschüttelte System zwei wesentliche Vorteile: Ein einziger Antriebsmotor schüttelt viele Kulturgefäße und es gibt keine komplizierten und kostenintensiven beweglichen Teile. Bei beiden Systemen werden die Kulturen kaum durch Scherkräfte belastet, da keine hohen lokalen Leistungseinträge auftreten. Die geringe Scherbelastung in geschüttelten Systemen wurde bereits früh für eine einfache Maßstabsvergrößerung genutzt: 1999 wurden zum ersten Mal Zellen in einem zylindrischen 50 Liter-Kessel auf einem Pilotschüttler kultiviert. Der Kessel hatte ein Arbeitsvolumen von 36 L und der Kopfraum wurde durch ein Gasgemisch aktiv belüftet.

Geringe Scherbelastungen

Der nun entwickelte, orbital geschüttelte Bioreaktor SB200-X besitzt keine Schikanen und wird blasenfrei durch den Kopfraum begast, was die Schaumbildung minimiert. Der Großteil der Flüssigkeit unterliegt einer laminaren Strömung, daraus ergibt sich der bereits erwähnte große Vorteil einer sehr geringen Scherbelastung der Kultur. Der Einwegbeutel für das geschüttelte System ist einfach und kostengünstig, da keine beweglichen Teile wie Rührer gebraucht werden.

Da die Hydrodynamik für verschiedene Flüssigkeitsvolumina vom Mikroliterbereich bis zu 200 Litern vergleichbar ist, ist auch die Maßstabsvergrößerung wesentlich vereinfacht. Zusätzlich deckt ein System Arbeitsvolumina von 50 bis 200 Litern ab und bietet somit viel Flexibilität.

Der Antrieb des geschüttelten Einweg-Bioreaktorsystems ist eine auf dem etablierten Kühner Pilot-Schüttler basierende Neuentwicklung. Der Kessel ist aus rostfreiem Stahl und wird mit einem speziell entwickelten Einwegbeutel von Sartorius-Stedim bestückt. Dieser Beutel hat ein Gesamtvolumen von 310 Litern. Folgende Teile sind im Lieferumfang enthalten. Das System enthält Abluft- und Zuluftschlauch (jeweils mit Filtern), Tauchrohr und einen freien Anschluss mit Sterilverbindungen.

An der Seite sind Anschlüsse zur Messung von Temperatur, pH, Gelöstsauerstoff und Probennahme vorhanden. Am Boden befindet sich ein Ablaufschlauch. pH-Wert und Gelöstsauerstoffkonzentration werden online durch optische Messmethoden erfasst. Die Messbereiche liegen zwischen pH 5,5 und 8,5 bzw. 0 bis 100 Prozent Sauerstoffsättigung. Das Kulturmedium wird je nach Bedarf durch den Kesselboden erwärmt oder gekühlt.

Geringe Mischzeiten

In Zusammenarbeit mit dem Pharmaunternehmen Excellgene (Monthey, Schweiz) wurden intensive Studien zur Bestimmung von Mischzeiten und kLa-Werten im neuen Reaktor durchgeführt. Das Verhalten von Zellkulturen in verschiedenen geschüttelten und gerührten Kultivierungssystemen wurde mit dem neuen SB200-X verglichen.

Die Mischzeit ist abhängig von der Schüttelfrequenz: je höher die Schüttelfrequenz, desto geringer der Zeitbedarf. Excellgene führte Zellkultivierungen bei einer Schüttelfrequenz von etwa 60 RPM und einem Schütteldurchmesser von 50 Millimetern durch. Unter diesen Bedingungen ergaben sich Mischzeiten von etwa 30 Sekunden. Dieselben Mischzeiten wurden bei einem Arbeitsvolumen von 150 Litern bei 65 RPM Drehzahl erhalten. Eine weitere Arbeitsgruppe ermittelte mit zylindrischen, geschüttelten 50 Liter-Bioreaktoren mithilfe einer anderen Messmethodik vergleichbare Mischzeiten.

Bei 100 Liter Arbeitsvolumen und geringen Schüttelfrequenzen beträgt der kLa-Wert etwa 5 h/1. Mit steigender Schüttelgeschwindigkeit erhöht sich der kLa-Wert auf 25 h/1. Diese kLa-Werte sind vergleichbar mit im Schüttelkolben erhaltenen Messdaten.

Einfaches Scale-up

Mit dem neuen geschüttelten 200-Liter-System ist eine Maßstabsvergrößerung problemlos möglich, wie Excellgene mit folgendem Experiment zeigen konnte. Dafür wurde eine tierische Zelllinie CHODG44 (Medium: proCHO5 supplementiert mit 4 mM Glutamin) in vier verschiedenen Typen von Bioreaktoren kultiviert:

  • Tubespin-Bioreaktor (50 ml Röhrchen mit 10 ml Arbeitsvolumen), geschüttelt;
  • Runde Glasflasche (5-Liter-Flasche mit 1,5 l Arbeitsvolumen), geschüttelt;
  • Rührkessel (3- Liter-Fermenter mit 1,5 l Arbeitsvolumen), gerührt;
  • SB200-X [310- Liter-Bioreaktor mit 40 l (1. Ansatz) und 200 l (2. Ansatz) Arbeitsvolumen] geschüttelt.

Der neue SB200-X wurde mit zwei verschiedenen Flüssigkeitsvolumina befüllt. In allen Ansätzen zeigen die Zellen ein vergleichbares Wachstumsverhalten, obwohl die Füllvolumina sich zwischen zehn Milliliter und 200 Liter bewegen (Faktor 20000) sowie geschüttelte bzw. gerührte Systeme zum Einsatz kommen. Im neuen SB200-X traten während beider Kultivierungen keine Sauerstofflimitierungen auf.

Fazit

Die dargestellten Experimente und Ergebnisse zeigen, dass das neue 200-Liter-Einweg-Schüttelsystem problemlos Maßstabsvergrößerungen ermöglicht. Die geringen Scherraten und die einfache Handhabung sind bekannte Vorteile geschüttelter Bioreaktoren. Die präsentierten Daten veranschaulichen zusätzlich das einfache Scale-up.

Der neue geschüttelte Bioreaktor SB200-X bietet somit als Einweg-Beutel-System im 200-Liter-Bereich gegenüber konventionellen Systemen eine echte Alternative. Eine weitere Maßstabsvergrößerung ist bereits in Vorbereitung, die ersten Versuche mit einem geschüttelten 1000-Liter-Prototyp sind schon erfolgreich durchgeführt worden.

* Tibor Anderlei ist Head of Science and Business Development , C. Cesana ist CSO, M. Kühner ist CEO, alle bei der Kühner AG, Basel/Schweiz; C. Bürki ist Laborleiter, M. de Jesus ist CSO und F. Wurm ist CEO, alle bei der ExcellGene SA/ Schweiz

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