Kompressor-Automation Digitalisierte Gasverteilstationen für die All Electric Society
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Als Lösungsansatz für die Energiewende wird häufig das Zukunftsbild der All Electric Society diskutiert, in der CO2-neutral gewonnene Elektrizität dominiert. Digitalisierte Gasverteilstationen leisten auf dem Weg einen wichtigen Beitrag.

Ein wesentlicher Bestandteil des Prinzips der All Electric Society ist regenerativ erzeugte elektrische Energie (z. B. durch Solaranlagen), die durch Umwandlungsprozesse in speicherbare Energie transformiert wird. Zu diesem Zweck kommen sogenannte Power-to-X-Technologien zum Einsatz. Stromüberschuss, der bei starker Sonneneinstrahlung, viel Wind oder einem Überangebot an Wasser in Solar-, Windkraft- oder Wasserkraftanlagen entsteht, wird dabei zur Produktion von Treibstoffen (Power-to-Fuel), Wasserstoff (Power-to-Gas), Ammoniak, Methanol oder anderen Chemikalien genutzt. Im Rahmen der All Electric Society dienen einige der so hergestellten Stoffe wiederum zur Generierung elektrischer Energie. Sie nehmen folglich die Rolle eines Energiespeichers ein, der die Fluktuation der volatilen erneuerbaren Energien abpuffert und eine kontinuierliche Versorgung mit Energie sicherstellt. Derartige Power-to-X-Technologien unterstützen die Sektorenkopplung, durch die Strom-, Wärme-, Gas- und Mobilitätssektoren vernetzt werden.
Erdgas hat sich als Zwischenschritt von rein fossilen Brennstoffen zu Wasserstoff und den sogenannten E-Fuels etabliert. Durch seine Verwendung lässt sich die CO2-Emission bereits signifikant senken. Anschließend kann das Erdgasverteilsystem sukzessive über eine Mischung aus fossilem und grünem Gas bis zum Endziel des rein grünen Gases umgestellt werden. Indien verfolgt diese Strategie ebenfalls: Auf dem Weg von Kohle und/oder Öl als Primärenergieträger bis zur Nutzung von Wasserstoff setzt der südasiatische Staat ebenso Erdgas ein.
Um das Gas sowohl an industrielle wie auch private Verbraucher zu verteilen, erweisen sich Pipelines als die wirtschaftlichste und ökologischste Transportart. Dabei gibt es zwei verschiedene Gaspipeline-Stufen: Zum einen werden Fernleitungen von den Gasfeldern zu den Terminals verlegt, wo sich das Gas als LNG (Liquified Natural Gas) auf Tankschiffe verladen lässt. Auf der anderen Seite erfolgt die Weiterleitung des Gases direkt an die industriellen und/oder privaten Verbraucher. In ländlichen Gebieten werden dazu Gasnetz-Pipelines verwendet.
Die langen Pipelines erfordern große Verdichterstationen, die das Gas durch die Fernleitung drücken. Eine solche Verdichterstation befindet sich in der Regel alle 200 Kilometer entlang der Pipeline, die mehrere tausend Kilometer lang sein kann. Für die Verteilerleitungsnetze ist hingegen eine große Anzahl deutlich kleinerer Kompressoren notwendig, die über das gesamte Netz verteilt sind. Aufgrund der Wichtigkeit einer Kompressorstation kommt der Verfügbarkeit des Kompressors eine wesentliche Bedeutung zu. Hier bieten die Automatisierungslösungen von Phoenix Contact die erforderlichen Eigenschaften.
Explosionsgeschützte Ausführung
Phoenix Contact stellt sowohl die Automatisierungs- ebenso wie die Anschlusstechnik in einer explosionsgeschützten Ausführung zur Verfügung. Dabei handelt es sich typischerweise um Komponenten für die Installation in der Atex-Zone 2 sowie die angeschlossenen Sensoren und Aktoren, die in der Atex-Zone 1 verbaut sind. 2022 wird Phoenix Contact ferner eine Produktlinie von Remote-I/Os zur Montage in Zone 1 auf den Markt bringen.
Redundanz
Ähnlich wie in der Schifffahrt sollte die Automatisierung der wichtigen Dienste redundant ausgelegt sein, damit sich die Verfügbarkeit des Kompressors erhöht, weil er nicht wegen einer defekten Steuereinheit abgeschaltet wird. Phoenix Contact setzt die Redundanz auf verschiedene Arten um. Eine Möglichkeit stellt die applikative Systemredundanz dar, bei der für eine Automatisierungsaufgabe zwei PLCnext-Controller als primäre und sekundäre Steuerung installiert sind. Beide SPS kommunizieren miteinander und haben so den gleichen Informationsstand. Fällt die primäre Steuerung aus, übernimmt der sekundäre PLCnext-Controller den Betrieb. Neben der SPS können das komplette Netzwerk der I/O-Stationen sowie die I/O-Stationen selbst redundant aufgebaut werden.
Verdichterstationen, die durchaus zu den essenziellen Bereichen gehören, verlangen ebenfalls redundante Automatisierungskonzepte. Dies gilt gleichermaßen für große Kompressoren, die in Fernleitungen zum Einsatz kommen, wie für kleinere Verteilerkompressoren.
Funktionale Sicherheit
Auch die funktionale Sicherheit spielt bei Kompressoren für die Gasversorgung eine große Rolle. Die Erfahrungen aus anderen Teilen der Prozessindustrie verdeutlichen, dass das Beherrschen von Risiken nicht nur im Hinblick auf den Schutz von Menschen und Umwelt, sondern ebenso in Bezug auf den Erhalt der Anlagen und somit die Sicherung der Investitionen wesentlich ist. Ergänzend zum Sicherheitsintegritäts-Level (SIL) erweist sich der Performance Level (PL) bei der Verwendung automatisierter Sicherheitssysteme als wichtig. Dezentrale, flexibel konfigurierbare Lösungen wie die Safety Bridge Technology von Phoenix Contact werden bereits heute in SIL3-Applikationen genutzt. Bei dieser Technologie handelt es sich um eine netzwerk- und steuerungsunabhängige Safety-Lösung. Sicherheitsgerichtete Signale werden über Standard-Automatisierungsnetzwerke übertragen und ausgewertet. Eine Sicherheitssteuerung ist nicht notwendig. Für komplexere Safety-Anforderungen stehen den Kunden von Phoenix Contact auch Sicherheitssteuerungen zur Verfügung.
Cyber Security
Erwartungsgemäß stellen Energieversorger hohe Anforderungen an die IT-Sicherheit. Dabei müssen nicht nur an der einen oder anderen Stelle der kritischen Infrastruktur Firewalls integriert werden. Um sämtliche Cyber-Sicherheitsrisiken in den Kompressoranlagen zu minimieren, sind Schutzziele zu definieren, die auf der internationalen Norm IEC 62443 „IT-Sicherheit für industrielle Automatisierungslösungen“ basieren. Als zertifizierter ICS-Security Service Provider steht Phoenix Contact hier nachhaltig zur Seite. Der ganzheitliche Ansatz umfasst ebenfalls eine auf die Zugriffssicherheit ausgelegte Produktentwicklung.
Neue Automatisierungskonzepte
Neue Automatisierungs- und Digitalisierungskonzepte bieten sich auch für Kompressorstationen an. Mit Geräten wie der Steuerung AXC F 2152 legt das offene Ecosystem PLCnext Technology die Basis zur Realisierung von Ansätzen wie Open Process Automation (OPA) sowie für die Errichtung von modularen Anlagenteilen als Module Type Package (MTP). Das beschleunigt die Konstruktion sowie den Aufbau und die Inbetriebnahme von Anlagen.
Außerdem unterstützt PLCnext Technology das NOA-Konzept (Namur Open Architecture), das Produktionsdaten einfach und sicher einsetzbar macht. Damit wird eine wesentliche Grundlage für die kontinuierliche Prozessoptimierung, eine vorausschauende Instandhaltung sowie viele weitere Vorteile der Digitalisierung geschaffen. Mit speziellen Produkten wie einem Cloud-Modem, Safety-Steuerungen sowie einem App Store bildet die Open-Source Plattform PLCnext Technology eine zukunftsfähige Grundlage für die Automatisierung aktuell entstehender Anlagen.
Hot-Swap-Fähigkeit
In großen Kompressorstationen müssen oftmals ein zusätzlicher Sensor oder Aktor in das Automatisierungsnetzwerk eingebunden werden. Ist kein freier Ein- oder Ausgangskanal verfügbar, bedeutet dies eine Abschaltung der Station, sofern es für den Kompressor kein Redundanzkonzept gibt. Die Verwendung der I/O-Produktfamilie Axioline P verhindert ein solches Szenario, denn die Baureihe beinhalten Hot Swapping. Defekte I/O-Module können also ausgetauscht oder neu hinzugefügt werden, ohne die Anlage dazu abzuschalten. Alle anderen Module der I/O-Station sind weiterhin funktionsfähig.
Überzeugende Funktionen
Die indische Tochtergesellschaft von Phoenix Contact hat bereits ein neues Digitalisierungskonzept für CNG (Compressed Natural Gas)-Tankstellen umgesetzt. Ursprünglich wurde die gesamte Tankstelle mit Ausnahme des Kompressors digitalisiert. Im nächsten Schritt ist jetzt die Kompressor-Automation hinzugekommen. Die kleinen Kompressoren werden nicht nur in den Gastankstellen verbaut, sondern ebenso – wie oben beschrieben – in den Verteilernetzen. Sämtliche großen indischen Gasversorgungsunternehmen setzen mittlerweile auf PLCnext-Technology, denn die vielfältigen Funktionen des offenen Ecosystems haben die technischen Experten überzeugt.
Danach wurden Workshops mit allen großen Kompressorlieferanten in Indien durchgeführt, die den Automatisierungs- und Konnektivitätskonzepten ebenfalls positiv gegenüberstehen. Viele der Unternehmen setzen jetzt Komponenten und Lösungen von Phoenix Contact für die Kompressor-Automatisierung ein. Hier finden folgende Bauteile Verwendung: Steuerungen (in der Regel PLCnext-Steuerungen), Buskoppler, I/O-Module, Stromversorgungen, Switches und HMIs. In der Regel ist der Feldverwendung ein Labortest vorausgegangen. Als besondere Eigenschaften nennen die Unternehmen hier die PLCnext Technology inklusive Firewall sowie die einfache Adaption der Redundanz an das Ecosystem. Beide Funktionen erhöhen die Verfügbarkeit der Automatisierungslösung deutlich.
MTP vereinfacht Modulintegration
Nicht nur die traditionelle modulare Automatisierung ist Teil einer Partnerschaft zwischen den indischen Kompressorherstellern und Phoenix Contact. Darüber hinaus kommt der MTP-Ansatz zum Tragen, der die Implementierung eines Kompressor-Skids in die Gesamtanlage vereinfacht. Wird die komplette Verdichterstation nach dem MTP-Konzept aufgebaut, lassen sich die einzelnen Module leichter austauschen. Das reduziert beispielsweise die für den Wechsel eines Verdichtermoduls notwendige Stillstandzeit erheblich.
Phoenix Contact freut sich auf die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Partnern aus der Gasverteilungsbranche, zumal die derzeit investierten Anstrengungen in Zukunft für die Verteilung von grünem Wasserstoff oder einer Mischung unterschiedlicher Gase eingesetzt werden können. Nur so lässt sich dem Klimawandel begegnen.
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